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Gehen oder bleiben? - Entscheidungshilfe für Paare

Gehen oder bleiben? - Entscheidungshilfe für Paare

Titel: Gehen oder bleiben? - Entscheidungshilfe für Paare
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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jemand anderen verlieben. An mangelndem Vertrauen oder aus Karrieregründen scheitert das Liebesglück dagegen selten.
    So verschieden die Antworten zunächst wirken, sie haben etwas Wesentliches gemeinsam: die Ernüchterung und Enttäuschung darüber, dass die hohen Erwartungen an die emotionale Qualität und Intensität der Beziehung nicht aufgehen.
    Moderne Beziehungen sind heute durch und durch psychologisiert und basieren vor allem auf Gefühlen und Affekten. Der Wunsch nach Nähe und Geborgenheit, Aufregung und Abwechslung und nachrangig – nach Sexualität ist für moderne Partnerschaften zentral. Ein guter Ehemann war früher einer, der nicht trinkt und Geld nach Hause bringt; eine gute Ehefrau war früher eine, die nicht fremdgeht und sich um die Kinder kümmert. Im Laufe der Zeit lernten sich die Partner kennen und manchmal auch lieben. Der Partner muss heute mehr sein. Heute soll er oder sie alles auf einmal bieten: Empathie und Interesse, leidenschaftlichen Sex, Akzeptanz und Wertschätzung, Unterstützung des Partners in Krisen, im Alltag Spaß bringen, in die Lebensplanung passen, vorzeigbar sein, Entwicklungsmöglichkeiten bieten, treu sein, Freiräume lassen und Sicherheit und Halt geben.
    Trotz Partnerwechsel und seriellen Beziehungen – für die Mehrzahl aller Generationen ist die dauerhafte Beziehung weiterhin das Ideal. Und die meisten von ihnen wissen, dass Gefühle wie Liebeund Vertrauen durch eine neue Beziehung weniger schnell ersetzt werden als Verliebtheit, Leidenschaft und Intensität. Verliebte Liebe geht schnell, gelebte Liebe braucht Zeit.
    Noch nie waren die Bedingungen hierfür so günstig wie gegenwärtig. Warum ist es heute trotzdem so schwierig für Paare, auf Dauer zusammenzubleiben und eine glückliche Beziehung zu führen? Meine praktischen Erfahrungen sowie neuere Umfragen machen deutlich, dass Paare nicht deshalb scheitern, weil sie so wenig von langfristigen Beziehungen halten, sondern weil ihnen so viel daran liegt, und weil sie alles unter einen Hut bringen wollen: Geborgenheit, Liebe, Partnerschaft, Aufregung und eigene Sinnfindung.
    Wer in einer Partnerschaft lebt und über die tief greifenden Veränderungen in Partnerschaften nicht ausreichend informiert ist und die wichtigsten Ursachen nicht kennt, zieht schnell die falschen Schlüsse und landet ungewollt im Lager der trennungsgefährdeten Paare.
3. Kapitel
Die wichtigsten Ursachen und Erklärungsversuche
Wandel der Werte
    Seit den mittleren 60er-Jahren hat im gesamtgesellschaftlichen Werte- und Normgefüge ein nachhaltiger Wertewandel stattgefunden. Der bekannte Werteforscher Helmut Klages hat die Veränderungen der Präferenzen als eine Verschiebung von Pflicht- und Akzeptanzwerten hin zu Freiheits- und Selbstentfaltungswerten beschrieben. Freiheits- und Selbstentfaltungswerte umfassen Werte wie Freiheit und freier Wille, Selbstbestimmung, Autonomie des Individuums und Emanzipation von Autoritäten sowie hedonistische Werte wie Genuss, Erfüllung, Ungebundenheit und Abwechslung. Demgegenüber verloren Pflicht- und Akzeptanzwerte an Wertschätzung und gesamtgesellschaftlicher Verbindlichkeit: Disziplin und Leistung, Ordnung und Pflichterfüllung, Verzicht und Treue, Anpassung undGehorsam, Bindung und Verpflichtung. Diese Werteveränderung in der Gesamtgesellschaft von Pflichtzu Freiheitswerten hat auch die Grundfesten verändert, die Paare als gültig für ihr Zusammenleben ansahen. Beriefen sich Mitte der 60er-Jahre Paare noch mehrheitlich auf Werte wie Pflichtgefühl, Toleranz und Nachsicht, haben diese zunehmend an Gültigkeit verloren. Auch Werte wie »Familienorientierung«, »Rückhalt finden« und »füreinander da zu sein« haben an Bedeutung verloren. Eine nur noch sehr geringe Bedeutung haben »externe Anker«, die früher eine große Rolle für den Zusammenhalt spielten, wie gemeinsamer religiöser Glaube, gemeinsame Arbeit, eine gemeinschaftliche, wirtschaftliche Basis – dies gilt insbesondere für die städtischen Ballungszentren. Auch der Faktor Gewohnheit spielt nur bei wenigen Paaren noch eine Rolle für den Zusammenhalt ihrer Beziehung. Traditionelle partnerschaftliche Werte haben erheblich an Wert verloren. Etwa 30% aller Paare identifizieren sich noch damit. Sie wurden Mitte der 70er-Jahre durch postmaterielle Werte wie Selbstverwirklichung, Individualismus, Ungebundenheit, Emanzipation und Abwechslung abgelöst. In den Partnerschaften stand jetzt das »Ich«, die Selbstverwirklichung im
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