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Geheime Tochter

Geheime Tochter

Titel: Geheime Tochter
Autoren: Shilpi Somaya Gowda
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also noch hier in der Nähe?«
    Der Mann schüttelt den Kopf. »Nein, sie lebt jetzt in Amerika. Sie wurde von einem Ehepaar dort adoptiert, zwei Ärzte.«
    »Amerika?« Jasu sagt es einmal laut, ungläubig und noch einmal leise, als er es richtig begreift. »Amerika.« EinLächeln breitet sich langsam auf seinem Gesicht aus. » Achha . Arzt, haben Sie gesagt?«
    »Ihre Eltern sind beide Ärzte, ja. Sie ist Journalistin, zumindest war sie das, als sie hier war.«
    »Journalistin?«
    »Ja, sie schreibt Artikel für Zeitungen«, sagt Arun und hält die Times von gestern hoch, die auf seinem Schreibtisch liegt. »Ich hab sogar einen ihrer Artikel hier in der Akte. Sie hat ihn mir geschickt, als sie wieder zu Hause war.«
    » Achha , sehr gut.« Jasu schüttelt langsam den Kopf und greift nach der Zeitungsseite, die Arun ihm hinhält. Nie zuvor hat er sich so sehr gewünscht wie jetzt, lesen zu können.
    »Wissen Sie, sie war vor ein paar Jahren hier, weil sie Sie gesucht hat«, sagt Arun und nimmt seine Brille ab, um sie zu putzen.
    »Sie hat … mich gesucht?«
    »Ja, Sie und Ihre Frau. Sie war neugierig auf ihre leiblichen Eltern. Sehr neugierig. Und sehr beharrlich.« Arun setzt sich die Brille wieder auf und blinzelt hindurch. »Wollten Sie etwas Bestimmtes wissen, Mr Merchant? Haben Sie noch eine Frage?«
    Jasus Lächeln ist zaghaft und traurig. Eine Frage? Er ist natürlich wegen Kavita hier, aber nicht nur. Letztes Jahr, als die Polizei ihn anrief, um Vijay aus der Arrestzelle zu holen, hat er seinen Sohn angeschrien, ihn ins Gesicht geschlagen, gegen die Wand gestoßen. Vijay grinste und sagte seinem Vater, er sollte sich seinetwegen keine Gedanken mehr machen, beim nächsten Mal würde einer seiner Freunde ihn rausholen. Der Junge hat Kavita in dem ganzen Monat, seit sie bettlägerig ist, erst einmal besucht. Jasu schüttelt kaum merklich den Kopf, währender auf den Zeitungsartikel starrt. »Nein, ich habe sonst keine Frage. Ich wollte bloß wissen, wie es ihr ergangen ist. Es gibt Dinge in meinem Leben, auf die ich nicht stolz bin, aber …« Tränen schießen ihm in die Augen, und er räuspert sich. »Aber dieses Mädchen hat ein gutes Leben, ja?«
    »Mr Merchant«, sagt Arun, »ich habe da noch was.« Er nimmt einen Briefumschlag aus der Akte und hält ihn Jasu hin. »Soll ich Ihnen den Brief vorlesen?«
    Kavita sieht friedlich aus, wenn sie schläft, wenn das Morphium ihr endlich etwas Erleichterung verschafft. Jasu setzt sich auf einen Stuhl neben sie und ergreift ihre ausgezehrte Hand.
    Bei seiner Berührung öffnen sich flatternd ihre Augen, und sie leckt sich über die trockenen Lippen. Sie sieht ihn und lächelt. » Jani , du bist wieder da«, sagt sie leise.
    »Ich war dort, chakli .« Er versucht, langsam zu sprechen, doch die Worte sprudeln nur so heraus. »Ich war im Shanti, dem Waisenhaus. Der Mann da kennt sie, er ist ihr begegnet, Kavi. Sie heißt jetzt Asha. Sie ist in Amerika aufgewachsen, ihre Eltern sind Ärzte, und sie schreibt für Zeitungen – sieh mal, das hier ist von ihr, das hat sie geschrieben.« Er wedelt mit dem Artikel vor ihrem Gesicht.
    »Amerika.« Kavitas Stimme ist bloß ein Flüstern. Sie schließt die Augen und eine Träne läuft ihr seitlich am Gesicht hinab ins Ohr. »So weit weg von zu Hause. Die ganze Zeit war sie so weit weg von uns.«
    »Es war gut, was du gemacht hast, chakli .« Er streichelt ihr Haar, das zu einem lockeren Knoten im Nacken zusammengebunden ist, und wischt ihr mit seinen rauen Fingern die Tränen ab. »Stell dir nur vor, wenn …« Er senkt den Blick, schüttelt den Kopf und umfasst ihreHände mit seinen. Er drückt den Kopf an ihre Hände und fängt an zu weinen. »Es war gut.«
    Er blickt wieder zu ihr hoch. »Sie hat nach uns gesucht, Kavita. Sie hat das hier hinterlassen.« Jasu gibt ihr den Brief. Ein kleines Lächeln bricht sich auf Kavitas Gesicht Bahn. Sie starrt auf die Seite, während er aus dem Gedächtnis aufsagt, was da steht.
    » Mein Name ist Asha … «

Dank
    Die Idee zu dieser Geschichte kam mir während des Studiums, als ich einen Sommer lang Freiwilligenarbeit in einem Waisenhaus in der indischen Stadt Hyderabad leistete. Für diese Erfahrung und so viele andere danke ich der Morehead-Cain Foundation in Chapel Hill, North Carolina, und auch der Organisation Child Haven International.
    Meinen Lehrern und Kommilitonen im Kurs »Kreatives Schreiben« an der Saint Marys University in Halifax, Kanada, verdanke ich die Chance, die
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