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Geheimcode Schreckenstein

Geheimcode Schreckenstein

Titel: Geheimcode Schreckenstein
Autoren: Oliver Hassencamp
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und machte ihn überflüssigerweise mit allen bekannt. Sonja blieb todernst. Als Tochter des Schreckensteiner Lehrers Dr. Waldmann war sie mit Ottokar und Stephan seit einem denkwürdigen Streich per du.
    „Komm, setz dich und greif zu!“ ermunterte ihn die Leiterin, als sei er ihr Sohn. „Wir besprechen gerade den Liederabend von Fräulein Waldmann. Sie hat die Linzertorte selbst gebacken.“
    „Dann… danke!“ Beinah hätte er sich verplappert. Wie oft war er drüben auf der Burg mit Stephan bei Dr. Waldmann zum Tee gewesen, wenn Sonja mit Torte Zu ihrem Vater gekommen war?
    Mit langem Blick schenkte sie ihm Tee in die geblümte Tasse.
    „Nun erzähl mal!“ forderte Fräulein Doktor Horn ihn auf und begann selber zu reden – genau wie bei einem Fernsehinterview. „Ich will nicht vorgreifen, aber das war ja wohl ein starkes Stück, was sich euer neuer Lehrer da als Schiedsrichter geleistet hat! Du weißt, ich bin sehr genau, und ich habe alles mit meinem Opernglas verfolgt. Du hast den Absprung kein einziges Mal überschritten. Und der andere auch nicht.“
    „Andi“, half Ottokar.
    „Ja.“ Sie überlegte. „Ist das nicht der Bruder von unserer Martina?“
    „Nein. Das ist der Beni!“ stellte Ottokar die Sache richtig.
    Sie nickte. „Ich wußte es doch! Ein Name am Anfang des Alphabets. So merke ich mir solche Dinge. Um aber auf eure Sprünge zurückzukommen…“
    Ottokar ließ sich die Linzertorte schmecken. Sie war von der bekannten Qualität. Jetzt hatte er Zeit. Während die Leiterin jeden einzelnen Sprung noch einmal schilderte, als wären die Lehrerinnen nicht in Neustadt mit dabeigewesen, genügte es völlig, wenn er ab und zu nickte. Hinter der höflichen Fassade machte er sich Sorgen: Wie komme ich hier schnellstens wieder raus? Wie komme ich unbemerkt in Sophies Zimmer? Womöglich begleitet sie mich bis vor die Tür, um ganz sicherzugehen! Und wie komme ich wieder rüber? Schaltuhr wird sich hier so schnell nicht mehr blicken lassen!
    „Komm, iß noch ein Stück!“ riß ihn Fräulein Doktor Horn aus seinen Gedanken.

    „Ich hab schon zwei“, mampfte er bescheiden.
    „Dann nimm ein drittes! Du hast es dir redlich verdient!“ meinte sie in ihrer altmodischen Ausdrucksweise. „Solch krasse Fehlentscheidungen hinzunehmen und nicht zu protestieren, obwohl euch dadurch, wie ich mir sagen ließ, der Gesamtsieg entgangen ist – das nenne ich sportliche Disziplin! Eine Tugend, die ihr nicht immer so deutlich zeigt.“
    Von einem starren Vogelblick getroffen, nickte Ottokar mit vollen Backen.
    „Aber was recht ist, muß recht bleiben!“ wandte sich die Leiterin an die Lehrerinnen. Sie erzählte ihnen, wie beispielhaft sich die Schreckensteiner benommen hätten, und beschrieb gar einzelne Gesichter, die sie durch ihr Opernglas beobachtet hatte.
    Wenn ihr jetzt noch frühere Sportfeste einfallen, geht bei Sophie die Arbeitsstunde los! überlegte Ottokar nach einem heimlichen Blick auf die Uhr und fing an zu rechnen, wie sich der Zweck seines Besuches mit der erforderlichen Höflichkeit vielleicht doch noch vereinbaren ließe – ein Vorhaben, das durch ein viertes Stück Linzertorte, das ihm die Leiterin eigenhändig auf den Teller beförderte, zum Problem wurde.
    „Die Sache ist für uns erledigt und vergessen!“ sagte er nach beherztem Schlucken etwas unvermittelt.
    „Das sage nicht!“ Drohend hielt Fräulein Doktor Horn die Kuchenschaufel senkrecht. „Man muß um sein Recht kämpfen! Vielleicht solltest du mal mit dem neuen Lehrer reden, in aller Ruhe, jetzt wo alles vorbei ist, ihm die Sache aus eurer Sicht schildern. Das würde vieles klären. Womöglich sieht er schlecht und kann gar nichts dafür. Oder habt ihr ihm schon so zugesetzt, daß er bei euch besonders streng sein wollte…?“
    Damit war sie bei ihrem Lieblingsthema: das für ihre Begriffe unmögliche Schulsystem auf der Burg. Jetzt würden die Beispiele nicht mehr abreißen.
     
     
     

Gänseblümchen
     
    Wie gewohnt schaltete sich Schaltuhr beim Abendessen wieder an einem Rittertisch ein. Und zwar zwischen Rolf und Emil. Wie gewohnt schwiegen die Ritter in der näheren Umgebung. Schaltuhr sollte endlich merken, wie aufdringlich sie seine willkürliche Platzwahl fanden, von den ständigen Belehrungen ganz abgesehen.
    Computergehirn Strehlau hatte während der Teepause die Lage definiert: „Er versucht uns den guten Kameraden vorzuspielen, weil man in Neustadt offenbar denkt, daß wir mit unseren Lehrern ständig
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