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Geh Ich Auf Meine Hochzeit

Geh Ich Auf Meine Hochzeit

Titel: Geh Ich Auf Meine Hochzeit
Autoren: Cathy Kelly
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geerbt. Evie würde ihr niemals eine lebenslange Reiscracker-Diät und den allmorgendlichen Blick auf die Waage wünschen.
    Sie hasste es, als niedlich zu gelten. Das war vielleicht einer der Gründe, weswegen sie oftmals eine eisige Miene aufsetzte, ihr »miesepetriges Gesicht«, wie Rosie es liebevoll nannte.
    »Ich habe null Ahnung, weshalb du das immer machst«, sagte sie. »Du vermittelst der Welt ein vollkommen falsches Bild von dir.«
    Rosie verstand sie einfach nicht, dachte Evie. Niedlich war gleichbedeutend mit dumm, was wiederum bedeutete, dass niemand einen ernst nahm, ja ausnutzte. Und das, hatte sie sich geschworen, sollte ihr niemals wieder passieren.
    Seufzend stellte sie sich vor, sie sei zehn Zentimeter größer, gute sieben Kilo leichter und hätte eine elegante Kurzhaarfrisur, als eine Dame mit dem Profil einer Patrizierin am Empfangstisch vorbeilief. Sie trug einen beigen Cashmerepullover, ihre Haare glänzten in einem kurzen Pagenschnitt, und sie machte insgesamt den Eindruck von angeborener Selbstsicherheit.
    Evie beobachtete sie im Spiegel, dann nahm sie sich persönlich kritisch unter die Lupe. Vielleicht würde ihr eine dunkelbraune Tönung gut stehen und ihre Haarfarbe zum Leuchten bringen. Genau, das war die Lösung... etwas auszuprobieren! So oder so würde sie für ihre Hochzeit im September eine neue Frisur haben wollen, also war jetzt eine gute Gelegenheit, ein wenig damit zu experimentieren.
    Sie stellte sie sich in einem aufwendig gearbeiteten weißen Seidenkleid vor. Ihre Haare trug sie in einem dunklen, leuchtenden Braun genau wie diese andere, und die Haarspitzen berührten die dreireihige Perlenkette, die er ihr extra zu diesem Anlass geschenkt hatte.
    »Die Perlen gehörten meiner Mutter, sie sind, ein Erbstück der Familie«, murmelte er mit seinem exotischen französischen Akzent. »Ich möchte, dass nun du sie trägst, mein Liebling...«
    »Hallo, Evie«, begrüßte ihre Friseurin Gwen sie beschwingt. »Was kann ich heute für Sie tun? Schneiden und föhnen oder eine Komplettverwandlung?«, scherzte sie.
    Als sie das Wort »Verwandlung« hörte, zögerte Evie einen Augenblick.
    »Schneiden und föhnen«, meinte sie hastig. »Heute Abend gehe ich auf eine Weihnachtsfeier. Ich wollte die Gelegenheit nutzen und das Schneiden und Föhnen mit dem heutigen Anlass verbinden.«
    »Sehr vernünftig«, stimmte Gwen ihr zu. »Gehen wir also zum Waschbecken.«
    Vernünftig, dachte Evie verbissen, als die Dame in Cashmere, von Chanel No. 5 umnebelt, großspurig an ihr vorüberschwebte. Ich bin immer vernünftig. Das sollte eigentlich mein zweiter Name sein. Evie Vernünftig Fraser.
    Während Gwen die Haare schnitt, plauderten sie.
    »Was machen Sie über Weihnachten?«, erkundigte sie sich, als sie mit gebeugtem Kopf die Schere ansetzte.
    »Rosie und ich fahren, wie immer, meinen Vater besuchen. Meine jüngere Schwester Cara wird ebenfalls kommen.«
    »Wer von Ihnen beiden wird über dem Herd schwitzen?«, erkundigte sich Gwen. »Sie oder Ihre Schwester?«
    »Mein Vater«, erwiderte Evie. »Seit dem Tod meiner Mutter kümmert er sich um das Weihnachtsessen. Er kann viel besser kochen als ich und entschieden besser als Cara. Sie bringt es kaum fertig, eine Tasse Tee aufzubrühen.«
    Die Friseurin lächelte. »Da bin ich ähnlich. Ich lebe von Salaten. Wenn es denn mal etwas Warmes sein muss, dann sind Baked Beans meine große Stärke.«
    »Ich bezweifle, dass Cara eine Büchse Bohnen aufkriegt«, meinte Evie. »Sie lässt sich das Essen ins Haus kommen.«
    »Das kann nicht gut für sie sein«, warf Gwen ein.
    Evie dachte an ihre Schwester: elf Jahre jünger und gute fünfzehn Zentimeter größer maß sie ohne Schuhe einen Meter fünfundsiebzig und hatte lange Zeit den Babyspeck, schon ihre Plage im Teenageralter, behalten. Sich während ihrer Ausbildung zur Grafikerin von Pizza und chinesischen Nudelgerichten zu ernähren, hatte auch ihrer Haut nicht gerade gut getan.
    Sie könnte so hübsch sein, wenn sie mehr auf sich Acht geben und sich etwas schminken würde. Doch Cara hatte niemals irgendwelches Interesse daran gezeigt, das Beste aus sich zu machen, dachte Evie verzweifelt. Niemals hatte sie die Ratschläge ihrer älteren Schwester angenommen, um ihre Vorzüge zu betonen. Man denke nur an die sackartige Kleidung, die sie trug. Weite Militärhosen oder schrecklich lange Röcke, die sie zu weiten, hochgeschlossenen Oberteilen trug. Sie sah wie eine alte Revoluzzerin aus, die in ihrer
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