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Geh Ich Auf Meine Hochzeit

Geh Ich Auf Meine Hochzeit

Titel: Geh Ich Auf Meine Hochzeit
Autoren: Cathy Kelly
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seiner grauen Augen. Sehr ernst sogar.
    Evie, der unheilvolle Situationen verhasst waren, hielt kurzfristig vor Angst die Luft an. Was würde er sagen wollen? Dass alles aus und vorbei war? Dass ihre Verbindung nicht mehr funktionierte? Die Erfahrung hatte sie gelehrt, sich auf nichts und niemanden zu verlassen. Sie hielt die Beziehung eigentlich für sehr gut, doch die härteste Lektion ihres Lebens war die gewesen, dass man niemals wissen konnte, was in einem anderen Menschen wirklich vorging. Bis zum bösen Erwachen.
    »Was willst du mir denn sagen?«, erkundigte sie sich unwirsch. Mit ihrer Schärfe versuchte sie ihre bloßliegenden Nerven zu kaschieren.
    Eine Weile lang schwieg Simon. Dann griff er in seinen neuen Blazer, holte ein kleines Etui heraus und öffnete es vorsichtig. Ein Diamantring ruhte auf einem Samtkissen. Der Diamant war vielleicht nicht ganz so groß wie der aus dem Ritz, gehörte jedoch in dieselbe Kategorie.
    Evie starrte ihn an. Als Erstes schoss ihr durch den Kopf, dass dieser Verlobungsring nicht zu der Art Ringen passte, die ein Mann wie Simon kaufen würde. Guter Geschmack war ihm sehr wichtig, und dieser große, protzige Diamant hatte die Grenze des guten Geschmacks eindeutig überschritten. Da sie sich mit Diamanten nicht besonders auskannte, sann sie einen Augenblick über seinen möglichen Preis nach. Sie stellte sich den sonst immer so sparsamen Simon bei Weir‘s vor, wo er mit dem Scheck wedelte und die Parole »Geld spiele keine Rolle« von sich gab. Mehrere tausend Pfund, mindestens.
    Dann atmete sie mühsam ein. Ein Verlobungsring. Es war ein Verlobungsring.
    »Simon!« Sie blinzelte überrascht.
    »Evie«, sagte er und forschte in ihrem Gesicht nach zumindest ein klein wenig Ermutigung. »Willst du mich heiraten? Ich weiß, es kommt etwas plötzlich«, fuhr er, noch ehe sie antworten konnte, fort. »Aber, willst du...?«
    Sie errötete, einerseits vor Zufriedenheit, andererseits verlegen.
    Wie hatte sie es nur nicht ahnen können? Sie hatte jene Frauen, die nicht wussten, wann ihr Freund die entscheidende Frage stellen würde, immer mit denen verglichen, die ihre Babys auf einer Toilette gebaren und danach hartnäckig behaupteten, sie hätten von nichts und niemandem eine Ahnung gehabt - und schließlich in Hysterie ausbrachen. Wie, in aller Welt, kann man so etwas denn nicht wissen?, hatte Evie immer gedacht.
    Und nun traf es sie selbst. Nie und nimmer hätte sie angenommen, dass Simon sie heiraten wollte. Soviel zum Thema weiblicher Intuition.
    »Willst du mich heiraten?«, fragte er besorgt.
    Evie legte ihre Hand auf seine und lächelte ihn betörend an. »Aber natürlich, du Einfaltspinsel. Nur zu gerne!«
    Er beugte sich über den Tisch und küsste sie flüchtig, seine Lippen kühl auf ihren. Dann setzte er sich hastig wieder hin und grinste.
    »Gefällt dir der Ring?«, wollte er, auf einmal unsicher, wissen.
    »Er ist wunderschön«, erwiderte sie wahrheitsgemäß.
    Vorsichtig nahm Simon den Ring aus dem Etui, hielt ihn in der Hand und blickte Evie erwartungsvoll an. Er machte keinerlei Anstalten, ihn ihr überzustreifen, und sie musste nicht erst auf ihre linke Hand blicken, um den Grund dafür herauszufinden.
    Ohne hinzuschauen kannte sie ihn: der breite Goldreif, den sie seit siebzehn Jahren trug. Tonys Ring, ihr Ehering. Sie nahm ihn fast nie ab, außer bei Gartenarbeiten, damit sich keine Erde in der Gravierung festsetzte: Für immer. Sie hatte die Gravierung stets als besonders schön empfunden.
    Als romantisch.
    »Möchtest du?«, wiederholte Simon leise mit Blick auf ihre Linke.
    Evie nickte. Sie war den alten Ring gewohnt, seine Schwere, sein vertrautes Gefühl. Doch sie ließ ihn sanft vom Finger gleiten. Ihre Finger waren jetzt dünner als damals, als sie ihn während ihrer Schwangerschaft mit Rosie übergestreift hatte, und er ging leicht ab. Ohne Simon anzusehen, verstaute sie ihn umständlich in ihrer Handtasche. Er würde niemals verstehen, was dieser Ring ihr bedeutet hatte - keiner würde das. Wenn der Mann im Alter von einundzwanzig Jahren auf tragische Weise umkommt und man mit nichts weiter als einem winzigen Baby dasteht, dann sollte einem der Ehering das Kostbarste sein, was man besitzt - eine schmerzhafte Erinnerung an all das, was man verloren hat. In jenen dunklen Tagen, als Evie alles verloren glaubte, hatte sie für Symbole eigentlich keine Kraft gehabt. Doch die Umwelt erwartete, dass man Dinge wie einen Ehering oder glückliche Familienfotos
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