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Geh auf Magenta - Roman

Geh auf Magenta - Roman

Titel: Geh auf Magenta - Roman
Autoren: Frankfurter Verlags-Anstalt
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Manchmal stand ihr kleiner Sohn daneben, so auch jetzt. Er blickte ihn scheu an und grinste ab und zu verlegen. Der Junge saß vor dem Herd auf dem Boden und grub mit einem Stock kleine Löcher in den Lehmboden, immer wieder sah er auf und blickte ihn an. Von draußen war die Stimme seiner Mutter zu hören, offenbar unterhielt sie sich mit einer anderen Frau. Der Kleine stand auf und setzte sich vor ihm auf den Boden, spielerisch fuhr er mit dem Stock über seine nackten Füße, Thomas nahm sie beiseite, er spürte das spitze Ende des Stockes an seinen Fußsohlen.
    Der Junge hatte dunkelbraune Augen und sah ihm jetzt direkt ins Gesicht. Seine Lider blieben unbeweglich, nichts in diesen Augen verriet auch nur den Anflug einer Emotion. Die kleinen Finger fuhren sanft über Thomas’ Fuß, schienen sie anfangs streicheln zu wollen, griffen dann aber fest zu, wieder spürte er das Holz an der Fußsohle.
    Den Druck der Spitze.
    Sah den Griff der Hand um den Stock.
    Seine schwarzen Augen.
    Am Eingang bewegte sich die Decke, und die Frau trat wieder ein, sofort rief sie laut, der Junge stand auf und ging zu ihr. Der Stock lag noch vor Thomas’ Füßen, er keuchte vor Erleichterung.
    *
    Bastien überlegte. Konnte er Kirsten zum Silvesterabend absagen? Das wäre eigentlich ein No go , aber die Neugierde auf Schwester war groß. Und nicht minder die Tatsache, dass er etwas fühlte , sobald er an sie dachte.
    Die E-Mail eines ihm unbekannten Absenders wurde angezeigt: Du, hier ist noch nichts passiert. Die wollten zurückrufen, haben es aber noch nicht getan. Die in der Botschaft sind schon etwas nervös, aber eigentlich glaubt man, dass diese Typen den Preis in die Höhe treiben wollen. Ich wünschte, du wärst hier. Es ist alles wie in einem schlechten Traum. Ich hoffe, dass ich bald wieder bei dir sein kann, ich vermisse dich so. Mel.
    Er nahm das Handy in die Hand und wischte mit dem Ärmel über das Display und tippte dann auf Kirstens Nummer. Es war gleich schon sechs, das würde kein leichter Anruf werden.
    *
    Kirsten betrachtete sich ein weiteres Mal im Rückspiegel.
    Sie stellte den Motor wieder aus, zog sich mit einem Lippenstift den Mund nach und strich das Haar nach hinten, dann fuhr sie weiter. Die Landsberger Allee war fast leer, sie gab Gas und drehte das Radio lauter, man spielte bereits die einschlägige Tanzmusik. Sie suchte einen anderen Sender, stellte die Musik nochmals lauter und fuhr schneller, obwohl ein Blick auf die Uhr ihr zeigte, dass sie noch über eine Stunde Zeit hatte. Um dann den Silvesterabend mit Bastien zu verbringen, das war unglaublich, bis vor einigen Tagen hatte sie es sogar für unmöglich gehalten.
    Im Radio brachte man nun eine Rückblende zum fast verflossenen Jahr, dann folgten die Nachrichten.
    Sie fragte sich, ob er an so etwas wie Sekt gedacht hatte – wahrscheinlich nicht.
    Sie hielt zu beiden Seiten des Moritzplatzes nach einem Supermarkt Ausschau, in etwa fünfhundert Metern Entfernung, an der Prinzenstraße, sah sie ein Lidl -Schild. Sie hatte grüne Welle und gab wieder Gas.
    In den Nachrichten sprach man nun von einer Entführung im Jemen, ein Deutscher gelte als vermisst, seine Begleiterin habe sich retten können. In diesem Jahr sei das schon allein im Jemen die siebte Entführung, und das Auswärtige Amt stehe mit den Entführern im Kontakt.
    Sie überlegte, wie viele Deutsche zurzeit wohl im Jemen wären. Unruhig kramte sie mit der Hand in der Tasche nach ihrem Telefon und suchte nach der eingespeicherten Nummer von Thomas; er würde verstehen, dass sie sich Sorgen machte.
    Das Handy läutete im selben Moment, sie sah Bastiens Nummer und blickte nur kurz auf die Straße – eine Ampel stand auf Rot, sie trat sofort auf die Bremse, da sah sie vor sich plötzlich die zierliche Gestalt einer jungen Frau.
    Die Bremsen quietschten, und sie schlitterte auf die vor Schrecken starr stehende Frau zu. Ihre Augen waren weit aufgerissen, sie hielt die Arme in Erwartung des Aufpralls hoch. Und schrie.
    *
    Rob wählte zum fünften Mal Sonias Nummer, sie meldete sich nicht. Nervös öffnete er den Kühlschrank und legte die Champagnerflaschen in ein anderes Fach. Es war noch vor sieben, aber er hatte bereits jetzt ein ungutes Gefühl.
    In Bastiens Atelier hatte er dessen Telefon gehört, er war also da.
    Sein bester Freund.
    Vielleicht wäre es einfach anständiger, zu ihm zu gehen und ihm alles zu sagen, von Anfang an, die ganze Geschichte – mit Mel, und jetzt mit Sonia.
    Die
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