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Geh auf Magenta - Roman

Geh auf Magenta - Roman

Titel: Geh auf Magenta - Roman
Autoren: Frankfurter Verlags-Anstalt
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Zeit.
    *
    Wahrscheinlich war es ein Specht, der an den Baumstamm klopfte. Dann fiel Bastien ein, dass es auch etwas Gefährlicheres sein konnte, er griff sofort an seine Hüfte, die Machete war nicht mehr da. Das Klopfen wiederholte sich und wurde lauter, er ging zur Tür, Per Frings sah ihn ernst an: »Habe ich dich geweckt?«
    »Per? Was machst du in Berlin? Ich dachte, du kommst nach Neujahr?«
    »Das hat sich verändert. Wie sieht’s aus, kann ich reinkommen?«
    Sicher, er müsse sich nur etwas anziehen, sagte Bastien, warum er denn nicht angerufen habe? Frings setzte sich wortlos in den Sessel und blickte aus dem Fenster, während Bastien sich die Hose anzog. – Das hätte er tun können, sagte er dann, aber in der Hektik der Abreise habe er nicht daran gedacht, eigentlich hätte er heute auch etwas ganz anderes vorgehabt.
    »Seit wann bist du hier?«
    »Seit sechs. Mit dem ersten Flieger. Ich könnte einen Kaffee gebrauchen.«
    Er sah Bastiens fragenden Blick: »Ich habe Mila gesucht. In ihrer Wohnung, oder wie man das nennen soll.«
    »Und?«
    »Sie war nicht da. Hör mal, Bastien, sie macht uns Ärger, richtig – Ärger, verstehst du?«
    »Mit was?«
    »Das ist doch egal. Ich muss sie finden.«
    »Aber wenn du ihre Adresse kennst –«
    »Das bringt nichts, wahrscheinlich ist sie da schon weg, nachdem sie das geschickt –«
    Er stoppte und schwieg. Bastien füllte die Kaffeemaschine mit Wasser auf und wusch sich dann die Hände. Er sah, wie Frings nervös im Sessel hin- und herrutschte.
    »Was kann ich tun?«, fragte Bastien.
    »Wo gehen die hin, abends, Leute um die fünfundzwanzig? Das weißt du doch.«
    »Per, das hier ist Berlin. Es gibt tausend Orte, und heute ist Silvester, mit noch einmal tausend Partys. Du kannst doch nicht durch die ganze Stadt rennen. Wie soll das gehen?«
    Frings blickte düster vor sich hin. Bastien hantierte weiter an der Kaffeemaschine herum; so unsicher hatte er ihn noch nie erlebt, er war kaum wiederzuerkennen.
    »Du hast doch eine Menge Freunde hier, oder?«, fragte Frings.
    »Klar.«
    »Können auch Geld gebrauchen, oder?«
    »Was meinst du?«
    »Sehen, wo sie ist, das meine ich. Ihre Wohnung beobachten.«
    »Willst du mir nicht sagen, was sie gemacht hat?«
    »Nein«, sagte Frings knapp. »Das geht dich nichts an.«
    Bastien goss wortlos zwei Tassen ein. »Und wenn du sie gefunden hast, was dann?«
    »Die kleine Dame wird etwas erleben, ganz einfach.«
    Bastien sah auf seine Hand, die die Kaffeetasse umklammerte, der Tonfall jagte ihm einen Schauer über den Rücken.
    »Was ist das?«, fragte Frings und blickte zum Akt hinüber. »Neu?«
    »Ja.«
    »Ist nicht so mein Fall. Und die anderen?«
    Bastien stellte einige Leinwände nebeneinander, Frings schaute sie länger ausdruckslos an: »Ist das Fantasy?«
    »Nein. Einfach eine Geschichte.«
    »Von was?«
    »Innere Vorstellungen, Traumebenen, der Betrachter setzt sie sich in seiner Fantasie zusammen, was möchte er sein, was wollte er schon immer sein? Als Kind, aber auch heute noch – ein Alter Ego unserer Wünsche, vielleicht sind wir eher das als diese sogenannte Realität, in der wir etwas sein müssen, was wir gar nicht wollen. So in der Art.«
    Frings schwieg und blickte stirnrunzelnd auf die Bilder. »Schon mal ausgestellt?«
    »Nein. Die sind ganz neu. Noch nicht einmal richtig trocken. Du bist der Erste, der sie sieht.«
    »Zeig mal mehr.«
    Bastien stellte weitere Leinwände nach vorne. Frings beugte sich vor: »Gemalte Wünsche also. Das ist untrainiert.«
    »Was meinst du damit?«, fragte Bastien.
    »Das, was es heißt. Ungewöhnlich – neu.«
    Er stand auf, ging näher an die Bilder heran und blickte Bastien dann fest an. »Die sind gut. Was sagt dein Galerist dazu?«
    »Ich sag ja, die hat noch keiner gesehen. Aber der wird sie nicht mögen.«
    »Du weißt, was ich von ihm halte. Du brauchst einen richtigen Profi, jemanden, der dich nach vorne bringt. Reiser, zum Beispiel, oder Burns.«
    »Wäre toll, ja«, sagte Bastien. Die Namen klangen für ihn wie aus einem anderen Universum, er wusste, dass Frings diese Leute persönlich kannte. Dieser zog ohne einen weiteren Kommentar sein Handy aus der Jacke und wählte eine Nummer.
    »Walter? Hier ist Per. Geht’s dir und der Familie gut?«
    Er lachte und hörte kurz zu, natürlich, es seien ja Ferien jetzt, auch ihm wünsche er einen guten Rutsch. Er lachte wieder. Aber da wäre noch etwas anderes, er stünde gerade vor unglaublich guten Arbeiten eines Berliner
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