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Gegenwind

Gegenwind

Titel: Gegenwind
Autoren: Paul S. Kemp
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Augenblick wären stärkere Schilde von Nutzen gewesen. Denn die dunkle Energie, die sich um den Planeten ausgebreitet hatte, schüttelte das kleine Schiff hin und her. Metall quietschte, und kleine, weiße Blitze zuckten über die Instrumente. Der Anzati versuchte, sich davon nicht ablenken zu lassen. Er konzentrierte all seine Sinne auf Korriban und kniff die Augen zusammen. Einen kurzen Moment schien der Planet zu verschwimmen. Als er wieder klare Konturen annahm, konnte Kell Hunderte von Daen Nosi – oder Schicksalslinien, so die Übersetzung, die ein Gelehrter auf Coruscant für diesen Anzati-Begriff gefunden hatte – sehen, die auf dieser trostlosen Welt zusammenliefen. Dieser Anblick war nur den wenigsten vergönnt. Es erinnerte an ein bunt glühendes Spinnennetz, und seine Überschneidungen und Verästelungen bargen die Geheimnisse von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Jede dieser Linien – ob nun gelb oder blau, orange oder rot – entsprach dem Schicksal eines Lebewesens, das sich dort unten auf der Heimatwelt der Sith aufhielt.
    Die Galaxis quoll über vor Möglichkeiten, und in jeder Sekunde ging sie mit unzähligen neuen Gelegenheiten schwanger. Das Netz der Daen Nosi umspannte jede noch so entlegene Welt, und es war enger gewebt als der feinste Stoff. Zum ersten Mal hatte Kell diese Stränge als Kind gesehen, an dem Tag, als er zum ersten Mal getötet hatte. Seitdem wiesen die Linien ihm seinen Weg durchs Leben. Bisweilen hielt er sich für einzigartig, einmalig unter den Anzati, einen Auserwählten. Es gab aber auch Tage, an denen er sich fragte, ob er sich das nicht vielleicht alles nur einbildete.
    Heute war keiner dieser Tage.
    Der Gedanke an seinen ersten Mord ließ ihn an die Wesen denken, die im Frachtraum der Prädator untergebracht waren. Hunger erfüllte ihn und stellte seine Selbstdisziplin auf die Probe. Aber nach einem Moment hatte er die Gelüste seines Körpers wieder unter Kontrolle.
    Seine eigene Daen Nosi streckte sich vor ihm aus, voller Verzweigungen und Überschneidungen – die silberne Ader seines Lebens. Sie führte durch die wirbelnden Wolken hinab zu den Grüften der Sith – hin zu jenem verborgenen Ort, wo die Einen Sith warteten.
    Er tippte die Zielkoordinaten in den Navigationscomputer des Manteljägers ein und aktivierte den Autopiloten. Während die Prädator in die schwarze Atmosphäre von Korriban hinabsank, verließ er das Cockpit und kletterte hinunter in den Frachtraum. Es würde noch eine halbe Standardstunde dauern, ehe er sein Ziel erreicht hätte – genügend Zeit, um seinen Hunger zu stillen, der durch die Anspannung nur noch größer geworden war.
    Entlang einer Wand waren fünf Stasiskapseln aufgereiht. Wie silberne Särge sahen sie aus. Kell hatte Werkzeug und Ausrüstung, die normalerweise den gesamten Frachtraum füllten, auf einer Seite der Kammer übereinandergeschichtet, um den Zylindern gebührend Platz einzuräumen. In jeder dieser Kapseln befand sich ein Lebewesen – drei davon Menschen, zwei Rodianer. Kell schritt an ihnen entlang, überprüfte die Anzeigefelder und die Vitaldaten. Seine Passagiere erfreuten sich allesamt bester Gesundheit. Perfekt.
    Nun wanderte Kells Blick etwas höher, zu den kleinen Sichtfenstern. Jenseits der dicken, leicht beschlagenen Scheiben ruhten fünf schlafende, reglose Gesichter. Wie jedes Mal, wenn er seine Fracht überprüfte, fragte er sich auch diesmal, was wohl hinter den geschlossenen Augen dieser Personen vor sich ging. Der Gedanke an ihre Träume war wie ein verlockendes Aroma – es steigerte seinen Hunger bis fast ins Grenzenlose. Keiner der Schlafenden war empfänglich für die Macht – ein Jammer –, aber sie mussten genügen.
    Mit einem wölfischen Grinsen stellte Kell sich vor die Zylinder, und sein Finger glitt von einem zum nächsten, im Takt eines uralten Abzählreims. Fünf Daen Nosi führten von den Kapseln zu ihm, und eine führte von seiner Brust zu den Kapseln. Sie verästelte sich, fächerte aus wie die Wurzel einer Pflanze, und bald würde eine dieser Verbindungen erlöschen. Fragte sich nur noch, welche. »… raus bist du.« Sein Finger deutete auf das Gesicht des grauhaarigen Menschen, den er auf Corellia gefangen hatte. Er folgte der grünen Schicksalslinie des Mannes, bis nur noch das Metall und das Glas der Kapsel sie voneinander trennten.
    Das Wasser lief Kell im Munde zusammen, als er den Tauzyklus aktivierte. Gas entwich mit einem lauten Zischen, und während die Temperatur im
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