Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gegensätze ziehen sich aus

Titel: Gegensätze ziehen sich aus
Autoren: Kerstin Gier
Vom Netzwerk:
Maria Treben nach.
    Mami Gitti
     
    P.S. Bei Haushaltswaren Moser im Rosenkäferweg ist Ausverkauf wegen Geschäftsaufgabe. Ich habe dort einige meiner selbstgetöpferten Aschenbecher und sehr schöne Patchwork-Topflappen in Kommission. Die gibt es jetzt für die Hälfte. Sie eignen sich sehr gut als Weihnachtsgeschenke, das nur so als Tipp.
     
    28. September
    Wenn die von der Krankenkasse wollen, dass ich entspannt auf dem Sofa liege und mich und das Ungeborene schone, dann dürfen sie mir aber nicht solche lahmarschigen Pfeifen vorbeischicken, die zu blöd sind, die Spülmaschine einzuräumen, und ausflippen, wenn ein übermütiger Dreijähriger sie gegen das Schienbein tritt. Ich kann sicher nicht ruhig dasitzen und zugucken, wie eine Fremde mit schmuddeligen Händen das Mittagessen für meine Kinder kocht. Die Krankenkasse hat leider wenig Verständnis für meine Probleme, sie meinen, ich wäre die erste Patientin, die innerhalb einer Woche drei Haushaltshilfen verschlissen hätte. Ich habe gesagt, die Patienten, die diese sogenannten Haushaltshilfen klaglos hinnähmen, müssten schon im Koma liegen.
    Meine Nerven sind ohnehin zum Zerreißen gespannt, weil Laura-Kristin täglich weinend aus dem Internat anruft und uns mit Heimwehbriefen bombardiert. Angeblich kriegt sie vor Kummer keinen Bissen runter, und Jan ist schon so weit, sie wieder nach Hause zu holen. Aber erstens zahlen wir ein Schweinegeld für dieses Schulhalbjahr, egal, ob wir sie wieder nach Hause holen oder nicht, und zweitens wird sie so auf jeden Fall endlich ihren Baby speck los. Ich würde mir ewig Vorwürfe machen, wenn ich ihr diese einmalige Chance nähme. Aber genug gejammert. Obwohl ich auch aus den genannten Gründen gegen die Aufnahme von Elke Lehmann bin (Gitti: Gegen Nagelpilz hilft gar nichts, wenn man ihn einmal hat, hat man ihn für immer!), muss ich Gitti in einem Punkt recht geben: In letzter Zeit haben wir von der Mütter-Society unseren Fokus zu wenig auf die gemeinnützigen Projekte gelegt.
    Aber ich habe da schon eine Idee: Wie ihr ja wisst, ist meine Schwester Ulrike Konrektorin an der Gesamtschule, und sie hat mir einen interessanten Vorschlag gemacht. Ihr kennt doch sicher alle das Big Sister-Programm aus den USA, das auch bei uns in Deutschland Schule macht. Engagierte Frauen übernehmen dabei eine Art Patenschaft für ein Mädchen aus sozial schwächeren Schichten. Wäre das nicht auch etwas für uns? jede von uns könnte ein Mädchen aus einer benachteiligten Familie unter ihre Fittiche nehmen und so dem Leben des Kindes eine ganz neue Perspektive geben. Wir bräuchten uns auch gar nicht an die Big Sister Organisation zu wenden, sondern könnten die Sache gleich selber in die Hand nehmen: Meine Schwester kennt in der Gesamtschule genug Kinder, die von einem solchen Programm profitieren könnten. Was meint ihr?
    Es grüßt vom Sofa
    Mami Frauke
     
    P.S. Ellen und Sonja: Ich finde, es muss jeder selber entscheiden, ob er zufüttert oder nicht. Ich würde mir zwar eher die linke Hand abhacken, als meinem Kind so früh schon laktosehaltige Nahrung zuzuführen, aber richtig stillen will eben auch gelernt sein.
     
    29. September
    Frauke, deine Idee mit einem Mütter-Society-Big-Sister-Programm finde ich wirklich supi schön. Mein Manne meint zwar, das sei totaler Quatsch, und diese Leute blieben lieber unter sich, aber ich denke, es wäre einfach wunderbar für Kinder aus asozialen Familien, mal mit Bildung und Kultur in Berührung zu kommen und wenigstens einmal in der Woche unter Menschen zu sein, die sich nicht betrinken, beschimpfen oder mit Messern bedrohen. Ich melde mich hiermit für ein gesundes kinderliebes vierzehn- bis fünfzehnjähriges Mädchen an. Begeisterte Grüße von
    Mami Ellen
     
    P.S. Wenn das klappt, brauche ich deine russische Putzfrau doch nicht, Sonja.
     
    29. September
    War vier Tage auf einem Pharmakongress am Genfer See und bin total geschafft. Es ist aber schön, nach Hause zu kommen, wenn einen Mann und Kinder so sehnsüchtig erwarten. Wibeke hat mir einen so goldigen Brief geschrieben, kein einziger Rechtschreibfehler, und dabei ist das Kind erst sechs Wochen in der Schule. Nächste Woche ist sie zu einem Test angemeldet, damit ihre Hochbegabung endlich mal angemessen gefördert werden kann. Im Kindergarten bin ich ja mit solchen Anliegen an der Borniertheit von Frau Siebeck abgeprallt. »Es gibt deutlich weniger hochbegabte Kinder als krankhaft ehrgeizige Mütter« - dieser Spruch klingt
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher