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Gegen jede Vernunft

Gegen jede Vernunft

Titel: Gegen jede Vernunft
Autoren: Annegret Hilje Nora Roberts
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Rachels Beine waren ihm auch schon aufgefallen.
    Als sie zehn Minuten später bei Nicks Bude ankamen, musste Zack sich zusammenreißen, um nicht loszubrüllen. Es würde nichts helfen, den Jungen alle fünf Minuten anzuschreien. Aber warum, zum Teufel, hatte er sich ausgerechnet ein Zimmer in dieser Gegend nehmen müssen?
    An jeder Straßenecke lungerten zwielichtige Gestalten herum, Drogendeals gingen ganz offen am helllichten Tag über die Bühne, Prostituierte posierten provozierend, um den nächsten Kunden anzulocken. Der Gestank von Müll, gemischt mit menschlichen Ausdünstungen, stieg Zack beißend in die Nase. Glasscherben knirschten unter ihren Füßen, als sie zusammen über den aufgerissenen Bürgersteig gingen und das alte, heruntergekommene Backsteingebäude, über und über beschmiert mit Graffiti, betraten.
    Hier drinnen war der Gestank noch schlimmer, weil gefangen zwischen den Wänden. Zack schwieg beharrlich, während sie die knarrenden Treppen indie dritte Etage hochstiegen. Er ignorierte die Geräusche, die durch die geschlossenen Türen drangen – Geschrei, Weinen, lautes Scheppern.
    Nick schloss eine Tür auf dem Gang auf und ließ Zack in das Zimmer eintreten. Das Mobiliar bestand aus einem Bett, dessen Matratze in dem verrosteten Eisenrahmen durchhing, einer zerkratzten Kommode und einem einzelnen wackeligen Stuhl, der nur durch ein zerrissenes Telefonbuch im Gleichgewicht gehalten wurde. Poster von Heavy Metal-Bands waren an die schmutzigen Wände gepinnt – ein Mitleid erregender Versuch, dem schäbigen Raum eine persönlichere Note zu verleihen.
    Zack war machtlos gegen die Wut, die in ihm überbrodelte. Sie entlud sich in einer Reihe von saftigen Flüchen, die die abgestandene Luft erzittern ließen.
    „Was, zum Teufel, hast du mit dem Geld gemacht, das ich dir jeden Monat geschickt habe, solange ich auf See war? Mit dem Gehalt, das du angeblich als Stadtkurier verdient hast? Du lebst mitten auf einer Müllhalde, und was noch schlimmer ist – du selbst hast es dir ausgesucht, hier zu leben!“
    Niemals hätte Nick zugegeben, dass sein ganzes Geld in die Kasse der Cobras gewandert war. Genauso wenig, wie er zugegeben hätte, wie beschämter war, dass Zack sah, wie und wo er lebte. „Das geht dich einen Dreck an“, knurrte er. „Das ist mein Zimmer, genauso wie das mein Leben ist. Du hast dich doch die ganze Zeit woanders rumgetrieben, oder? Nur weil du keine Lust mehr hast, auf irgendeinem Zerstörer durch die Weltgeschichte zu gondeln, brauchst du dir nicht einzubilden, dass du zurückkommen und hier einfach den Ton angeben kannst.“
    „Ich bin seit zwei Jahren wieder zurück. Ein Jahr davon habe ich damit zugebracht, mich um unseren alten Herrn zu kümmern, bis er gestorben ist. Du hast dir nicht mal die Mühe gemacht vorbeizukommen.“
    Eine neuerliche Welle der Scham überkam Nick. Und die enttäuschende Gewissheit, dass Zack nicht verstehen würde. „Er war nicht mein alter Herr.“
    Zacks Kopf zuckte hoch, Nick ballte die Fäuste. Wäre noch jemand im Raum gewesen, er hätte die Spannung körperlich gespürt. Ein winziger Funke nur, und der Vulkan würde ausbrechen. Langsam und nur mit äußerster Anstrengung zwang Zack seinen Körper dazu, sich zu entspannen.
    „Ich werde meine Zeit nicht damit verschwenden, dir klar zu machen, dass er getan hat, was er konnte.“
    „Und wie solltest ausgerechnet du das wissen können?“ fragte Nick voller Verachtung. „Du warstdoch nicht hier. Du hast deinen Weg gewählt, Bruder.“ Er betonte das Wort sarkastisch. „Ich habe meinen gewählt.“
    „Was uns wieder an den Ausgangspunkt bringt. Pack zusammen, was du mitnehmen willst, und dann lass uns gehen.“
    „Ich lebe hier, und das ist ...“
    Zack bewegte sich so schnell, dass Nick der restli che Satz in der Kehle stecken blieb. Er fühlte sich von Zacks großen Händen an die Wand gepresst, so fest, dass er sich nicht mehr rühren konnte. Das Zittern, das seinen mageren Körper durchlief, war die einzige Bewegung, die der feste Griff ihm erlaubte. Zacks Gesicht stand direkt vor seinem, er konnte nur noch diese harten, unerbittlichen Augen sehen.
    „Für die nächsten zwei Monate lebst du bei mir, ob es dir nun passt oder nicht. Und jetzt hör mit dem Mist auf und such deine Klamotten zusammen. Ab jetzt ist die Freifahrt vorüber.“ Er gab Nick frei, wohl wissend, dass es ihm mit seiner Kraft und seiner Ausbildung ein Leichtes wäre, seinen trotzigen Bruder mit Gewalt zu
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