Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gegen jede Regel

Gegen jede Regel

Titel: Gegen jede Regel
Autoren: Sebastian Stammsen
Vom Netzwerk:
»Mein Mandant erklärt, dass er
das Messer nie zuvor gesehen hat. Er weiß nicht, wie es in sein Haus gelangt
ist, was der Lappen in seiner Mülltonne macht und wie sein Fingerabdruck auf
die Waffe kommt. Er hat weder Martin Pracht noch Tobias Maier getötet.«

    Das kam unerwartet. Seybold und Kleemann fiel die Kinnlade
herunter. Ich an ihrer Stelle wäre auch ziemlich ratlos gewesen. Im Allgemeinen
ging man mit wehenden Fahnen nur auf dem Schlachtfeld unter. Im Gerichtssaal
wurden die meisten Angeklagten doch wieder nüchtern und vernünftig. Vielleicht
brauchte Grams noch ein wenig Zeit, um auf diesen Pfad einzuschwenken, aber ich
hätte darauf nicht gewettet. Wenn er sich in einer eineinhalbstündigen Diskussion
gegen seinen Anwalt durchgesetzt hatte, würde er vielleicht auch vor Gericht
hartnäckig bleiben.

    Kleemann seufzte. »Wie Sie meinen. Sie wissen, dass Sie
damit vor Gericht auf Konfrontationskurs zum Staatsanwalt gehen?«

    Rechtsanwalt Ruhe presste die Lippen aufeinander und
nickte. »Es besteht kein Anlass, ein Verbrechen zu gestehen, das mein Mandant
nicht begangen hat.«

    Die Strategie war klar, aber sie war nicht besonders
klug. Kleemann beendete die Befragung. Grams wurde in seine Zelle gebracht,
Ruhe hinausbegleitet. Wir trafen uns in Kleemanns Büro.

    Â»Meine Güte, so etwas habe ich auch noch nicht erlebt«,
sagte er, als er die Tür hinter sich schloss.

    Wir stimmten ihm murmelnd zu.

    Â»Vielleicht will er ja lange ins Gefängnis, weil er sein
Leben draußen nicht mehr aushält«, meinte Seybold, aber niemand lachte über den
Witz.

    Ich sagte stattdessen: »Der Fall ist gelöst, ich darf
Ihnen gratulieren.«

    Kleemann erwiderte: »Sie haben uns auf die Spur gebracht.
Hätten wir auf Sie gehört, dann würde Martin Pracht noch leben.«

    Â»Ich glaube, ich hätte auch nicht auf mich gehört«, sagte
ich versöhnlich.

    Kleemann nickte. In seinen Augen meinte ich zu erkennen,
dass er ebenso friedfertig war wie ich. »Vielleicht ermitteln wir wieder einmal
zusammen. Das würde mich freuen.«

    Â»Mich auch«, sagte ich und es war keine Lüge, sondern lediglich
nicht die ganze Wahrheit. »Der Fall wird wohl von Krefeld aus weiter bearbeitet.«

    Kleemann nickte. »Davon gehe ich aus. Wir werden die
Hintergründe in Münster ermitteln und alles an Sie weitergeben. Unsere
Staatsanwaltschaften werden sich koordinieren.«

    Wir verabschiedeten uns. Kleemann versprach, Herrn Grams
weiter zu bearbeiten, damit er beide Morde gestand, bevor er zu uns nach
Krefeld gebracht werden würde.

    Ich fand, das war ein guter und kollegialer Abschluss unserer
Zusammenarbeit. Wir machten uns rasch auf den Weg nach Hause, solange die Harmonie
ungetrübt war.

    Â 
    Â»Ist damit unser Fall abgeschlossen?«, fragte
Nina, als wir die Autobahn erreichten.

    Â»Grams ist der Mörder.«

    Â»Glaubst du wirklich?«

    Â»Ja.«

    Nina schwieg eine Weile. Dann: »Und wenn er es nicht war?
Rein hypothetisch, meine ich.«

    Ich hätte lügen müssen, wenn ich behauptet hätte, nicht
auch schon daran gedacht zu haben. »Dann wäre das eine gute Erklärung dafür,
warum er kein Geständnis ablegen möchte.«

    Â»Hmm.«

    Â»Glaubst du denn, er war es nicht?«

    Â»Nein, die Beweise sind eindeutig. Er hatte ein Motiv, er
hatte die Gelegenheit, die Tatwaffe war in seinem Besitz und sein Fingerabdruck
darauf. Da ist kein Raum für Zweifel. Er hat Martin Pracht ermordet.«

    Â»Und weil Tobias Maier von derselben Person ermordet
wurde, hat er auch ihn umgebracht.«

    Â»Das ist logisch«, gab Nina zu.

    Â»Aber?«

    Â»Kein Aber. Er war es. Der Fall ist gelöst«, sagte Nina bestimmt.

    Normalerweise war das ein Grund zum Feiern, aber keiner
von uns machte den Vorschlag. Wir rollten weiter Richtung Krefeld und
schwiegen. Die Strapazen der letzten Woche steckten uns noch in den Knochen. Es
war weniger als eine Woche her, dass Tobias von seinen Eltern gefunden worden
war. Allein die Ermittlungen in diesem Fall hätten vollkommen ausgereicht, um
uns beide umzuhauen. Ich dachte an meinen Autounfall und meine Begegnung mit
dem Serienmörder. Ich hatte großes Glück, noch am Leben zu sein. Dann dachte ich
an den Abend mit Nina und war doppelt froh darüber, dass er mich nicht erwischt
hatte.

    Als ich Nina vor ihrer Wohnung absetzte, verabredeten
wir,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher