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Gegen jede Regel

Gegen jede Regel

Titel: Gegen jede Regel
Autoren: Sebastian Stammsen
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nach draußen.

    Ich sagte zu Nina: »Das könnte schnell gehen.« Wenn wir
einen Einbruch ausschließen konnten, musste der Junge seinem Mörder die Tür geöffnet
haben. Da es nirgends Zeichen eines Kampfes gab, hatte er den Täter gekannt und
ihm vertraut. Zumindest so weit, um ihn nachts ins Haus zu lassen und ihm den Rücken
zuzudrehen.

    Das schränkte den Kreis der Verdächtigen erheblich ein.
Auch die Eltern gehörten eindeutig dazu. Sie hatten ihren Sohn tot im
Wohnzimmer gefunden, als sie vor einer Stunde von einem langen Wochenende in
Venedig nach Hause gekommen waren. Zumindest hatten sie das ausgesagt.

    Â 
    Wir fanden die Eltern in einem kleinen Nebenraum im
Erdgeschoss, der von der Spurensicherung schon freigegeben war und der offenbar
als kleine Bibliothek fungierte. Klischees funktionierten in den meisten Fällen
und dieser war keine Ausnahme. Die Eltern des Jungen waren so, wie ich sie mir
vorgestellt hatte. Ich wusste inzwischen, dass der Vater ein erfolgreicher
Manager war und die Mutter Hausfrau. Der Vater war kreidebleich und hielt sich
mit versteinerter Miene an der Rückenlehne des Sessels fest, in dem seine Frau
mit verquollenen Augen in ein Taschentuch schniefte. Ich fragte mich, warum der
Mann sich an der Rückenlehne und nicht an seiner Frau festhielt, aber das hatte
vermutlich etwas damit zu tun, die Haltung zu wahren, oder mit etwas anderem,
von dem ich nichts verstand.

    Ich vergewisserte mich, dass die Frau noch einen ausreichenden
Vorrat an Taschentüchern hatte, dann eröffnete ich das Gespräch. Eigentlich die
Befragung.

    Â»Herr Maier, Frau Maier, darf ich Ihnen mein Beileid zu
Ihrem Verlust aussprechen. Ich bin Kriminalkommissar Markus Wegener und das ist
meine Partnerin Kriminalkommissarin Nina Gerling. Wir werden den Fall untersuchen
und alles in unserer Macht Stehende tun, um den Täter zu finden.«

    Kerstin Maier schluchzte in ihr Taschentuch. Ihr Mann zielte
mit seinem Zeigefinger auf mich. »Von welcher Abteilung sind Sie?«, fragte er
in einem Tonfall, als wollte er mich verhören. Dabei war es doch umgekehrt.

    Â»Wir sind vom Morddezernat«, sagte ich.

    Frau Maier heulte auf und nahm ein neues Taschentuch.
Herr Maier spannte seine Kiefermuskeln so stark an, dass ich mich wunderte,
warum es nicht knirschte. Ich schaute zu Nina, aber die zuckte nur leicht mit
den Schultern.

    Ich überlegte, wie ich weitermachen konnte. Bis auf Weiteres
würde Tobias ’ Vater unser
Gesprächspartner sein, und der stand. Deshalb blieb ich auch stehen. Von Mann
zu Mann, sozusagen. Nina setzte sich Kerstin Maier gegenüber auf einen Hocker.

    Â»Es tut mir sehr leid, aber wir müssen Ihnen einige
Fragen stellen.«

    Â»Fragen Sie«, knurrte Peter Maier.

    Schon jetzt hatte ich das Gefühl, dass die Trauer der beiden
echt war und sie nichts mit dem Tod ihres Sohnes zu tun hatten. Aber so wie der
Fall sich darstellte, durfte ich mich allein darauf nicht verlassen.

    Ich holte mein Notizbuch aus meiner Manteltasche und
schlug es auf. Ich benutzte es tatsächlich, um mir Dinge zu notieren, aber manchmal
verwendete ich es auch, um die Nerven meines Gegenübers zu testen. Ich
blätterte ein wenig in den Seiten herum und brummte etwas wie: »Also, Sie sind
heute Morgen um …«

    Die Reaktion der Leute war immer interessant und die
Reaktion von Peter Maier in diesem Fall nicht überraschend. Er blaffte mich an:
»Wir sind heute Morgen um halb elf nach Hause gekommen. Wir haben Tobias im
Wohnzimmer gefunden.«

    Ich schaute auf, als sei mir das neu, und notierte mir
diese Aussage gleich. »O ja, danke. Und woher kamen Sie um diese Uhrzeit?«

    Nun knirschten die Zähne von Peter Maier doch noch. »Das
haben wir alles schon Ihrem Kollegen erzählt«, sagte er gepresst.

    Das stimmte natürlich. Ich schaute ihn deshalb bekümmert
an. »Das tut mir leid, Herr Maier. Ich bin nur darüber informiert, dass Sie
Ihren Sohn gefunden haben. Wissen Sie, die uniformierten Kollegen sind nicht
immer ganz …«

    Peter Maier verstand. Dass wir uns beide mit dem Fußvolk
in unseren Organisationen herumärgerten, brachte uns näher und stimmte ihn
versöhnlicher.

    Â»Wir kamen vom Flughafen«, sagte er matt. »Wir hatten das
Wochenende in Venedig verbracht.«

    Das Schluchzen von Kerstin Maier war deutlich leiser geworden
und Nina bemerkte: »Ein sehr romantisches
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