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Gefangene der Sehnsucht

Gefangene der Sehnsucht

Titel: Gefangene der Sehnsucht
Autoren: Kris Kennedy
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großen Hände, panzerbehandschuht bis zum Handgelenk, die jetzt auf dem Tisch ruhten, sahen aus, als seien sie sehr gut im Zerstören. Aber dann wiederum gab es da diese Andeutung eines Grübchens neben seinem linken Mundwinkel, allerdings nur, wenn er richtig lächelte. Sicherlich war es dazu bestimmt, Frauen zu erregen.
    Was ihn nur umso gefährlicher machte. Doch nein, die Dinge, die wirklich zählten, die Dinge, die Eva beachten musste, waren seine Narben. Eine zog sich über den Rand seiner Unterlippe bis hinauf über einen hohen Wangenknochen, wo sie unter seinen Haaren verschwand. Eine andere, schartigere, zog sich über sein stoppeliges Kinn.
    Aber am allerwichtigsten waren seine Augen. Funkelnd, mitternachtsblau und, vor allem, tief blickend.
    Vielleicht hatte sie einen Fehler gemacht, ihn um seine Hilfe zu bitten.
    »Ganz nah dran, Sir, Eure Vermutungen über mich«, erwiderte sie und ließ ihre Stimme leicht und lässig klingen. Das war eines ihrer beständigen Talente: so zu tun, als sei nichts wichtig. »Seid Ihr im Schachspielen auch so gut, wie Ihr es im Rätselraten seid? Ich werde nie mit Euch spielen. Das Herz würde mir dabei flattern.«
    Ein Mundwinkel hob sich, und jenes leichte Grübchen zeigte sich tatsächlich in seiner Wange, und Eva flatterte das Herz tatsächlich ein klein wenig. Aber dieses Flattern war sehr viel stärker, als sie es jemals zuvor erlebt hatte, fühlte sich wie ein Miniaturerdbeben in ihrem Bauch an, das schwere heftige Erschütterungen produzierte.
    »Ich spiele tatsächlich Schach.«
    Sie hob die Hand, die Handfläche ihm zugewandt, hielt sie in den kleinen Lichtkreis, den der Kerzenstummel auf ihrem Tisch warf. » Non . Ich könnte es nicht ertragen. Stattdessen vielleicht Mühle?«
    Er sah überrascht aus. »Würfel?«
    »Habe ich Euch beleidigt? Dann vielleicht Versteckspielen, wie die kleinen Kinder. Ich werde mich verstecken, und Ihr werdet mich niemals finden.«
    Er lachte leise. »Ich würde Euch finden, Mädchen.«
    Ein Zittern ging durch ihren Bauch, heiß und prickelig.
    »Wales?«, sagte sie und war an der Reihe, sein Heimatland zu erraten, aber ihr Ziel war es, ihn abzulenken.
    Sie war sich ziemlich sicher, dass er genau wusste, was sie tat, aber er antwortete ohne Zögern. »Niemals.«
    »Edinburgh?«
    »In der Nähe. Vor langer Zeit.«
    »Ah, das dachte ich mir. Ich höre es Euch noch an.«
    »Der Norden hat so seine Eigenart.« Er strich mit einem Finger seines Handschuhs müßig über den Rand seines Bierkruges.
    Eine Gruppe Männer tauchte im Eingang auf, in Umhänge gehüllt, ihre Holzsohlen klackten hart auf der Türschwelle. Eva spürte eher, als dass sie es sah, wie sich die Aufmerksamkeit ihres neuen Gefährten auf die Ankömmlinge richtete, wie die eines Bogenschützen, der sein Ziel anvisierte. Dann ließ seine Aufmerksamkeit nach, aber sie hätte nicht erklären können, woran sie es erkannte, denn er hatte keinen Muskel bewegt. Es war irritierend, einen Mann neben sich zu haben, der gefährliche Entschlossenheit wie eine Kerze entzündete und sie dann ebenso unvermittelt wieder löschte.
    In der Ecke am anderen Ende des Raumes wurde ein misstönend klingendes Lied angestimmt, in dem es obszön und anstößig zuging. Eva richtete sich auf und betrachtete den Bierkrug, dann hob sie ihn entschlossen hoch und trank einen Schluck. Sie schnitt eine Grimasse und setzte den Krug im gleichen Atemzug ab.
    »Das Ale hier ist ziemlich schlecht«, sagte er.
    »Das Ale ist überall schlecht«, erklärte sie und beugte sich vor. »Warum trinkt Ihr es?«
    Er schürzte die Lippen, als hätte er nie zuvor über diese Frage nachgedacht.
    »Ihr solltet den Wein aus dem Herzogtum Burgund kosten«, sagte sie ernst.
    Eine dieser dunklen, geschwungenen Augenbrauen hob sich. »Sollte ich das?«
    »Ganz gewiss.« Sie verschränkte die Hände ineinander und beugte sich so weit vor, dass ihre Rippen die breite Tischkante berührten, dabei machte sie sich ein Bild bewusst. »Ich könnte Euch von einem Tal erzählen, wo die Trauben wachsen – wir könnten durch die Weinberge klettern –, und die Luft, sie ist immer warm, und der Staub zwischen unseren Zehen fühlt sich kühl an, und von der Kuppe des Hügels schaut man auf das Land, das sich unter einem wellt, als lebe etwas unter der Ackerkrume. Wie ein Riese, der sich unter seinen Laken reckt, seine Knochen richtet. Ah, und die Trauben. Sie sind ganz außerordentlich.«
    Er beobachtete sie, seine Augen waren
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