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Gefährten des Zwielichts

Titel: Gefährten des Zwielichts
Autoren: Alexander Lohmann
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Pore. Leuchmadans Herz barst und zerfiel und wurde vom Blut der Erde langsam verzehrt.
    Wito verlor seine Angst. Während Leuchmadans Herz sich auflöste, wagte er sich immer weiter aus seiner Deckung hervor und blieb endlich vor dem Becken stehen. Versonnen blickte er auf die zähe Masse hinab, die bald wieder ungerührt gluckste und feine, träge Wellen schlug, als hätte nie etwas die Oberfläche durchbrochen.
    Es hätte aufsehenerregender sein müssen, befand Wito. Feuer vom Himmel, ein Beben unter der Erde. Stattdessen ... nur stilles Vergehen. Hatte nun irgendwo im fernen Daugazburg Leuchmadan tatsächlich aufgehört zu sein? Und wie würde es weitergehen?
    »Wie geht's nun weiter?«
    Wito zuckte zusammen, als er seine Gedanken unvermittelt ausgesprochen hörte. Er brauchte ein paar Augenblicke, bis ihm klar wurde, dass Darnamur neben ihn getreten war. Und während Wito an das Schicksal der Grauen Lande und all ihrer Völker gedacht hatte, holte Darnamur ihn mit denselben Worten ins Hier und Jetzt zurück.
    Wito legte Darnamur den Arm auf die Schulter und strich ihm über das Gesicht. Einen Augenblick lang war er versucht, seinen Gefährten in die Arme zu schließen, aber Darnamur roch tatsächlich, als wäre er gestorben und noch einmal aus dem Grab zurückgekehrt.
    »Darnamur!«, sagte Wito. »Wie kommst du hierher? Ich dachte, du wärst in der Höhle mit dem Unkwitt eingeschlossen!«
    »Das war ich auch«, bestätigte Darnamur. »Und der Wurm hatte äußerst schlechte Laune. Die er bevorzugt an Baskon ausließ, wogegen ich keine Einwände hatte. Aber leider stürzte dabei der kleine Nebengang ein, durch den wir gekommen waren, und kurz darauf auch der Haupttunnel. Ich hatte mit meinem Leben abgeschlossen.«
    »Aber du bist entkommen«, stellte Wito fest. »Und du hast den Unkwitt erschlagen, hast du behauptet. Wie kann das sein? Selbst die großen Leute haben sich das nicht zugetraut.«
    Darnamur trat von der Quelle weg und setzte sich auf einen Stein. Wito setzte sich neben ihn. Darnamur hatte das Kästchen bei sich, um dessentwillen sie die ganze Reise auf sich genommen hatten. Er stellte es auf seinem Schoß ab und sank ein wenig in sich zusammen. Dann erzählte er von seinem Kampf mit dem Unkwitt, wie er dem Drachen ins Ohr gekrochen war und sich mit seinem Messer zum Gehirn vorgearbeitet hatte.
    »Ich habe nur darauf gehofft, dass ich dem Unkwitt auch einen Schaden zufügen kann, wenn ich in seinem Schädel zerquetscht werde. Ich meine, immerhin war ich unter seinem Panzer, was keiner von den Großen geschafft hat. Ich dachte mir, vielleicht sterben wir beide zusammen.
    Aber ich bin nicht gestorben.«
    Darnamur war eingeklemmt gewesen, als er im Schädel des Drachen groß wurde. Er hatte keine Luft bekommen, hatte gestrampelt und mit dem Messer um sich gestochen. Und als ihm flau wurde, als Lichter vor seinen Augen tanzten und sein eigener Kopf zu platzen drohte, da hatte er wieder seine kleine Gestalt angenommen.
    »Sobald ich klein war, konnte ich auch wieder atmen. Ich schwamm auf Grautaz' Blut, in seinem Schädel. Überall um mich trieben Klumpen und Fasern, die ich selbst vorher abgetrennt hatte. Erst jetzt erkannte ich die Verwüstung, die ich im Kopf des Drachen hinterlassen hatte.«
    Darnamur seufzte und richtete sich auf. Sein Blick ging ins Leere. Gedankenverloren strich er sich über die Kleider, die zu einer stinkenden Masse erstarrt waren und an seinem Körper klebten.
    Leise sprach er davon, wie er mit dem Blut des Drachen irgendwann aus dem Körper in die Höhle hinausgeschwemmt worden war, durch die Ohren oder durch die Nase. Darnamur wusste es nicht genau, denn er war halb betäubt gewesen. Neben Grautaz' Kopf war er wieder zu sich gekommen, in einer Lache aus geronnenem Drachenblut.
    Darnamur sah Wito an und rang sich ein Lächeln ab. »Ich habe seither ein paarmal gebadet und meine Sachen ausgewaschen, aber wie du siehst, hat es nicht gereicht.«
    Darnamur erzählte, wie er in der Höhle nach einem Ausweg gesucht hatte. Letztendlich hatte er sich wie Wito durch die Ritzen zwischen dem Geröll im eingestürzten Gang gezwängt, nur dass sein Weg länger gewesen war. Er hatte die freie Stelle und Daugrulas Leiche erreicht, als Gulbert und Sukan von der anderen Seite her den Wichtel ausgruben.
    Darnamur hatte nicht gewusst, was mit den übrigen Gefährten geschehen war. Er hatte davon ausgehen müssen, dass er der Letzte war, der Gulbert noch aufhalten konnte - also hatte er sich an die
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