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Gefaehrliches Schweigen

Gefaehrliches Schweigen

Titel: Gefaehrliches Schweigen
Autoren: Ritta Jacobsson
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das nun mal.
    Per Lundström notierte etwas in sein Abwesenheitsbuch und fing dann an, über unsere Gegend und deren Runensteine zu quasseln.
    Aber ich hatte Wichtigeres vor, als ihm zuzuhören. An und für sich bin ich nicht unbedingt scharf auf unlösbare Rätsel. Aber meine Zukunftsvision, Polizistin zu werden, zwingt mich, Antworten zu suchen.
    Hannamaria saß hinter mir. Ich drehte mich zu ihr um.
    „Weißt du, wo Simon wohnt?“, flüsterte ich.
    Sie hatte laut gegähnt, um deutlich zu machen, wie uninteressant sie Runensteine fand. Jetzt aber glomm ein Funke in ihren kajalumrandeten Augen auf.
    Sie hat keine Ahnung, wer der schwedische Premierminister ist, aber Modemarken und Schauspielernamen kann sie herunterrasseln wie am Schnürchen. Und sie weiß alles über diejenigen unserer Mitschüler, deren Eltern ein gut gepolstertes Bankkonto haben.
    „Im Grusåsvägen. In einem roten Backsteinhaus. Die haben einen Superpool im Haus, aber Simon ist ja der letzte Spacko, also was soll’s. Oder vielleicht willst du …?“
    Vielen Dank auch!
    Die Information war interessant, daher zog ich es vor, ihr nicht genauso dämlich zu antworten.
    Ein rotes Backsteinhaus im Grusåsvägen.
    Dann wusste ich Bescheid. Das war das Haus gegenüber dem Spukschloss. Demnach hatte ich mich in Simons Garten versteckt!
    Also waren es Jungs aus der Nachbarschaft, mit denen er durch die Gegend zog. Bestimmt war ich nicht die Einzige, die diese sauertöpfische alte Tante nicht leiden konnte. Sie hatte die Jungs garantiert wegen irgendeiner Kleinigkeit angekeift, worauf die beschlossen hatten, sich zu rächen.
    Das schien mir eine schlüssige Erklärung für meine Beobachtungen zu sein. Jetzt musste Simon mir das nur noch bestätigen. Dann brauchte ich bloß herauszufinden, wer die anderen gewesen waren.
    Erst in der Mittagspause bekam ich eine neue Gelegenheit. Simon saß wie immer allein am Tisch. Jo war noch damit beschäftigt, ihren Teller mit Lasagne und Salat zu füllen, als ich entschlossen mit meinem Tablett auf ihn zumarschierte.
    Jo sah verblüfft hinter mir her, aber ich winkte ihr, sie solle mitkommen.
    „Ist hier noch frei?“, fragte ich Simon.
    Ich deutete mit dem Kopf auf den leeren Platz ihm gegenüber.
    Er warf mir einen finsteren Blick zu, als wäre ich nicht ganz bei Trost. Sämtliche fünf Plätze an seinem Tisch waren frei.
    „Siehst du doch.“
    Kein guter Anfang. Aber ich gebe nicht so leicht auf. Bevor man jemanden verhört, muss man Konversation machen. Am besten über das Wetter oder das Essen.
    Ich ließ mich ihm gegenüber nieder und steckte mir den ersten Bissen in den Mund. Dann deutete ich mit der Gabel auf die Lasagne auf meinem Teller.
    „Angebrannt schmeckt’s noch besser“, bemerkte ich munter.
    Das sagt mein Opa immer, wenn meiner Oma etwas angebrannt ist. Die Lasagne schmeckte super, aber eben leicht angebrannt.
    Simon fuhr von seinem Platz hoch. Sein Stuhl kippte krachend um.
    „Hör mit diesen Vorwürfen auf!“
    Er stürzte hinaus.
    „Was war denn mit dem los?“, fragte Jo.
    Sie schob Simons Tablett mit dem kaum angerührten Essen beiseite und setzte sich mir gegenüber hin.
    „Er ist sauer geworden.“
    „Was hast du zu ihm gesagt?“
    Bevor ich antworten konnte, kam Per Lundström zu uns hergeschlendert. Er hatte Simons Flucht aus dem Speisesaal beobachtet.
    „Was war denn mit Simon los?“, fragte er.
    Ich nahm noch einen Bissen.
    „Weiß nicht.“
    „Du hast hoffentlich nichts Unfreundliches zu ihm gesagt?“
    „Ich?“
    Ich hatte keine Lust, zu erläutern, warum ich Simon verdächtigte. Aber ich bemühte mich, möglichst gekränkt auszusehen.
    „In unserer Schule wird niemand gehänselt, das weißt du ja, Svea“, fuhr Per Lundström mit gekünstelter Forschheit fort. „Unser Ziel ist null …“
    „… Toleranz bei Mobbing. Ich weiß, ich weiß!“
    Mit zufriedenem Lächeln über seine korrekt ausgeübte Pflicht wandte er sich ab.
    Ich schob das Tablett von mir weg. Plötzlich war mir der Appetit vergangen.
    Mein blütenweißer Ruf begann schmuddelig zu werden und diese Entwicklung gefiel mir ganz und gar nicht.
    Bald kam ich jedoch auf andere Gedanken.
    Linus trat in den Speisesaal.
    Linus sieht einfach umwerfend aus! Wunderschöne warme, braune Augen und fast genauso hellblondes Haar wie ich. Wir kennen uns, seit er letzten Herbst in das weiße Einfamilienhaus gegenüber von unserem eingezogen ist.
    Beim Hereinkommen unterhielt er sich mit Marko und nickte mir dabei zu.
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