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Gefaehrliches Schweigen

Gefaehrliches Schweigen

Titel: Gefaehrliches Schweigen
Autoren: Ritta Jacobsson
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Gedanken waren von einer einzigen Sache erfüllt.
    Alle wussten, in wen ich verliebt war. Sogar die Lehrer!
    Alle, nur Linus nicht.
    Als ich von der Schule nach Hause kam, stürmte Wuff auf mich zu. Sie klopfte mit den Vorderpfoten auf den Boden und senkte den Oberkörper. Im Vorbeirennen schnappte sie sich meinen einen Handschuh und fegte damit durch die Diele.
    „Da hast du dich aber getäuscht!“
    Ich begab mich geradewegs in die Küche. Wuff beruhigte sich schnell, ließ den Handschuh fallen und lief hinter mir her.
    Mama legte gerade eine Kaffeepause ein. Mit blauer Farbe an den Wangen und weißen Flecken an den Fingern schaufelte sie Kaffee in die Kaffeemaschine. Für ihre Bilder lässt sie sich von der griechischen Mythologie inspirieren. Auch für meinen ersten Namen hat sie sich davon inspirieren lassen, Afrodite, wie die Göttin der Liebe.
    „Wie war’s in der Schule?“, fragte Mama, nachdem sie die Maschine eingeschaltet hatte.
    „Schlägerei und Zoff. Ein Junge hat Nasenbluten davongetragen.“
    „Ach, wie nett.“ Sie nickte zerstreut.
    Ich habe meine vierzehn Lebensjahre unterm selben Dach mit einer Künstlerin verbracht. Körperlich mag sie durchaus anwesend sein, aber ihre Gedanken fliegen oft in anderen Welten herum.
    Kaum war der Kaffee durchgelaufen, füllte sie einen großen Becher damit und klapperte in ihren blau-weiß gestreiften Clogs in ihr Atelier zurück. Bald hörte ich Musik aus den Lautsprechern strömen.
    Wuff leistete mir Gesellschaft, während ich meine Brote aß und die Uhr im Auge behielt.
    Ich habe Linus’ Gewohnheiten inzwischen gründlich studiert und weiß genau, wann er Glöckchen ausführt. Nachdem ich die letzten Brotkrümel an Wuff verfüttert hatte, zog ich Jacke und Stiefel an und ging hinaus.
    Im selben Moment öffnete sich die blaue Tür des gegenüberliegenden Hauses. Zuerst erschien ein kräftiger Rottweiler, dann Linus.
    Die Hunde beschnupperten sich gegenseitig mit wild peitschenden Schwänzen.
    Ich hätte meine Nase auch gern an die von Linus gedrückt, begnügte mich aber damit, ihm kurz zuzunicken.
    „Wie sieht’s aus?“
    Inzwischen scheint er sich nicht mehr darüber zu wundern, dass ich so regelmäßig auftauche.
    „Gut.“
    Mit den Hunden an der Leine gingen wir nebeneinanderher. Wuff, die Schnauze dicht am Boden, strebte voraus, während Glöckchen einen Meter hinter uns herhumpelte. Seit sie im Herbst überfahren worden ist, fällt ihr das Laufen immer noch schwer, besonders im Schneematsch.
    „Hast du die Rauferei auf dem Schulhof gesehen?“, fragte ich.
    „Nein, hab aber davon gehört.“
    „Warum haben sie sich geprügelt?“
    Linus zuckte die Schultern.
    „Keine Ahnung. Marko hat nur erwähnt, Lundström hätte damit gedroht, seine Eltern anzurufen. Dann würde er garantiert einen Monat Hausarrest kriegen. Und Fernsehverbot. Und keine Computerspiele.“
    „Und dabei hat er doch gar nicht anfangen. Das war bestimmt dieser …“
    „Leo. Ich weiß nicht. Er wollte nicht darüber reden.“
    „Und was glaubst du?“
    „Marko ist in Ordnung, der würde sich nicht so schnell auf eine Schlägerei einlassen. Aber ich kenne ihn ja noch nicht allzu lange.“
    „Ich aber, und er hat sich bisher noch nie geprügelt.“
    „Vielleicht ist er angegriffen worden. Dieser Leo wirkt echt daneben.“
    „Mhm. Oder er wollte seinen Kumpels imponieren.“
    „Dann finde ich es aber komisch, dass er sich ausgerechnet Marko ausgesucht hat“, bemerkte Linus.
    „Bestimmt erfährst du bald die Wahrheit.“
    „Klar.“
    „Erzählst du’s mir dann?“
    Linus schüttelte den Kopf. Logisch. Ich würde Linus schließlich auch nicht Jos Geheimnisse anvertrauen.
    Ich seufzte.
    „Und sonst?“
    Nach dem Spaziergang mit Linus und den Hunden setzte ich mich an die Mathehausaufgabe, aber meine Gedanken kreisten immer wieder um den mysteriösen Brand vom gestrigen Abend. Bisher hatte ich Glück gehabt, keine Polizei hatte angeklopft, doch das war vielleicht nur eine Frage der Zeit.
    Ich überlegte, wie ich am besten herausfinden könnte, wer die Schuldigen waren. Die einzige Möglichkeit, die mir einfiel, war, noch mal hinzugehen in der Hoffnung, dass die Typen wieder aufkreuzen würden. Dann könnte ich sie gründlich beobachten und sie vielleicht sogar mit meinem Handy fotografieren.
    Ich ließ Wuff daheim und zog los; wanderte kreuz und quer durch die friedlichen Wohnviertel, während die blaue Dämmerung anbrach. Es war, als wäre ich allein auf der Welt. Weit
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