Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gefährliche Stille

Gefährliche Stille

Titel: Gefährliche Stille
Autoren: Marcia Muller
Vom Netzwerk:
heranzuschleichen?«
    »Genau so ist es, Missy. Absolut
eigenmächtig. Ohne jede Rücksprache mit mir.« DeCarlo trat beiseite, bedeutete
mir aufzustehen und ins Wohnzimmer zu gehen. »Jetzt werden wir beide uns
unterhalten und diese Sache ein für alle Mal regeln.«
    Er zeigte auf einen der Hocker an der
Frühstückstheke, ging selbst auf die andere Seite hinüber. Er zog die Pistole
aus seinem Gürtel und legte sie auf die Resopalplatte, die knotige Hand auf dem
Griff. Er hatte sich seit unserer ersten Begegnung verändert: Die Falten in
seinem ledrigen Gesicht waren tiefer, die blassen Augen eingesunken und
umschattet. Aber er hatte immer noch eine mächtige Präsenz — ein ernst zu
nehmender Gegner.
    Er musterte mich wieder mit schmalen
Augen, diesmal, als versuchte er, mich in das Spektrum der ihm bekannten
Kreaturen einzuordnen; ich erwiderte seinen Blick furchtlos. Ich hatte keinen
Zweifel, dass er mich erschießen würde, wenn er es für nötig hielt; für Joseph
DeCarlo war ich kein Mensch, nur ein merkwürdiger Hybride, die Frucht der
Verunreinigung des kostbaren Blutes seiner Familie. Aber rassistischer Dünkel
macht blind und überheblich, lässt einen leicht das Objekt der Verachtung
unterschätzen. Ich hingegen würde ihn keinen Moment unterschätzen.
    »Wie ich Ihnen auf meiner Ranch schon
erklärt habe«, sagte er, »hatte ich viele Jahre Zeit, um mir diese Situation
auszumalen. Jede Menge Zeit, mir zu überlegen, was ich tue, sollten Sie je
auftauchen und Anspruch auf das erheben wollen, wovon Sie glauben, dass es
Ihnen zusteht.«
    »Ich will Ihr Geld nicht. Und auch
nicht das von Austin.«
    »Oh doch. Das würde jeder wollen. Je
länger Sie’s vor Augen haben, desto mehr werden Sie’s wollen. Jetzt ist mir klar,
dass es sinnlos war, Sie von meiner Ranch zu scheuchen. Sie sind dickschädlig,
haben eine Menge von Ihrer Mutter, eine Menge von diesen Tendoys, aber nicht
viel von meinem Sohn. Austin ist ein guter Junge, aber er hat kein Rückgrat.
Kann sich niemandem entgegenstellen — schon gar nicht mir. Jedenfalls konnte er’s
nicht, bis Sie aufgetaucht sind und ihn mit Vaterstolz erfüllt haben. Seither
beobachte ich die ganze Sache sehr genau.«
    »Weshalb Sie auch wussten, dass ich in
Boise war — und jetzt hier.«
    »Teufel noch mal, wie hätte ich’s nicht
wissen sollen, wenn er täglich anruft und es mir unter die Nase reibt. Mir
sagt, was Sie tun, mir seine Pläne für unser künftiges Familienleben
unterbreitet. Sie haben ihm einen Haufen Mist eingeredet, auf ihm gespielt wie
auf einer Violine.«
    »Ich habe nie —«
    »Okay, Missy, mir ist klar, dass das
Spiel um einiges teurer geworden ist, weil mein Junge so begeistert von Ihnen
ist und ich vermeiden muss, dass er denkt, ich mache ihm alles kaputt. Also bin
ich bereit, Ihnen einen Haufen Geld dafür zu geben, dass Sie spurlos aus seinem
Leben verschwinden.«
    »Ich sagte doch schon, ich will Ihr
Geld nicht.«
    »Jeder will Geld. Jeder hat seinen
Preis. Ich werde vielleicht ein bisschen mit Ihnen handeln müssen, aber am Ende
werden wir uns einigen — so wie ich mich mit Ihrer Mutter geeinigt habe.«
    »Sie meinen, mit Fenella McCone.«
    Er starrte mich argwöhnisch an. »Was
haben Sie gesagt?«
    »Die Person, mit der Sie verhandelt
haben, war Fenella McCone, eine Verwandte, der Saskia vertraute und zu der sie
von Cinder Cone aus ging.«
    Als ich den Ortsnamen sagte, presste
DeCarlo die Lippen aufeinander, und sein Atem ging schwer, wie vorhin jenseits
der geschlossenen Schlafzimmertür.
    Nutze deinen Vorteil.
    »Ich weiß, was in Cinder Cone passiert
ist. Ich habe heute Abend Ray Hunters Skelett gefunden.«
    Seine Hand krampfte sich um den Griff
der Pistole. Er holte mehrmals Atem, ehe er etwas herausbrachte.
    »Tja, das verteuert das Spiel
allerdings.«
    Ich machte mir nicht die Mühe, darauf
einzugehen. »Austin und Ray Hunter waren im Haus, als Sie und Ihr Vorarbeiter
dort ankamen. Saskia war mit dem geborgten Pick-up einkaufen gefahren. Sie
haben Austin mit Ihrem Vorarbeiter weggeschickt, und als meine Mutter zurückkam
—«
    »Sie glauben, dass Sie alles wissen,
was?«
    »Das meiste. Wollen Sie mir den Rest
nicht erzählen?« Schweigen.
    Ich sagte: »Sie erklärten Austin, sie
würden alles regeln, Saskia Geld anbieten, aber so war es nicht. Hatten Sie
vor, sie und ihren Onkel umzubringen? Einen alten Mann und eine schwangere Jugendliche?«
    Rote Flecken erschienen auf seinen
Wangen. »Das ist eine wilde Unterstellung, Missy.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher