Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gefährliche Stille

Gefährliche Stille

Titel: Gefährliche Stille
Autoren: Marcia Muller
Vom Netzwerk:
ebenfalls in meiner Detektei
tätig, hing an seinem Arm.
    Mick sagte: »Klasse gelaufen, die
Hochzeit, was?«
    Ich brachte ein Grinsen zustande.
»Toll. Und keiner von uns hat den Ring verloren.«
    »Was machen die denn so lange?« Er sah
auf die Uhr, konnte es wohl kaum erwarten, wieder in die Wohnung zu kommen, die
er und Keim seit zwei Wochen teilten. »Sie fliegen nach Paris, Herzchen«, sagte Keim. »Dauert schon ein Weilchen, sich für so was in Schale zu
werfen.«
    »Ach was, wahrscheinlich haben sie noch
einen Quickie eingeschoben.«
    »Etwas mehr Sitte und Anstand bitte«,
ermahnte ich ihn. Nicht, dass mich seine Bemerkung schockiert hatte; wie ich
das Brautpaar kannte, mochte sie durchaus zutreffend sein. Aber Mick erwartete
einen tantenhaften Rüffel und hätte es merkwürdig gefunden, wenn er
ausgeblieben wäre.
    Dann kamen Rae und Ricky die Treppe
hinunter. Sie war umwerfend in ihrem blauen Kostüm, die langen rotgoldenen
Locken offen um die Schultern; sein attraktives Gesicht wirkte glücklicher und
friedlicher, als ich es je gesehen hatte. Er fing meinen Blick auf und zeigte
augenzwinkernd auf Raes Brautstrauß. Ich schüttelte den Kopf und machte eine
abwehrende Handbewegung.
    Er hob Ruhe heischend die Hände, wie er
es auf der Bühne zu tun pflegte, und rief: »Okay, Leute. Zeit, dass die
nächsten glücklichen Paare erfahren, was auf sie zukommt! Die Herren zuerst — bevorzugt
die Junggesellen.« Als die Männer vortraten, drehte er sich weg, schwang Raes
grünes Spitzenstrumpfband im Kreis und schleuderte es über seine Schulter. Es
landete in den Händen von Jerry Jackson, seinem Schlagzeuger.
    »Hab ich alles schon hinter mir!«, rief
Jerry. Aber er steckte das Strumpfband ein und grinste seine hübsche Freundin
an.
    »Jetzt die Damen«, verkündete Ricky und
winkte uns heran. Als ich mich nicht rührte, sah er mich stirnrunzelnd an; noch
so ein Mann, den ich kaum täuschen konnte. Rasch trat ich einen Schritt vor,
und er zuckte die Achseln: Sister Sharon, wie er mich immer noch manchmal nannte,
war einfach mal wieder komisch drauf. »Wirf schon, Red, damit wir hier endlich
wegkommen.«
    Rae vollführte eine halbe Drehung und
katapultierte den Strauß über ihre Schulter. Sie musste ein Radar haben, denn
er flog genau auf mich zu. Ich wich aus, und er landete in Keims Armen.
    »Kommt nicht in die Tüte!«, rief
Charlotte. »Rae mag ja scharf aufs Heiraten sein, aber nicht ich!« Sie stieß
den Strauß von sich, und Rickys Tochter Chris, seit kurzem auf dem College,
fing ihn auf. Sie errötete, verdrehte die Augen und lächelte zu ihrem Kavalier,
einem Wide Receiver der Uni Berkeley, empor.
    Ich stieß einen Seufzer aus, froh, dass
diese Prüfung fast vorbei war. Die Leute vom Partyservice erschienen mit
Plastikbeuteln voller Konfetti, und Rae und Ricky absolvierten das
Spießrutenlaufen zur wartenden Limousine. Als der Wagen abfuhr, wurde noch mehr
Sekt gereicht, aber die Party schlaffte jetzt merklich ab.
    »McCone.« Hy kam von hinten auf mich
zu, legte mir die Hände auf die Schultern.
    »Hallo.« Ich schmiegte die Wange an
seine eine Hand. »Tja, wir sind wohl brautstrauß- und strumpfbandmäßig noch mal
davongekommen, entgegen den Absichten des glücklichen Paares.«
    »Bist du dir sicher, dass das gut ist?«
    Die Frage überraschte mich. »Seit wann
brauchen wir eine offizielle...« Mir brach die Stimme, weil ich einfach nicht
mehr konnte.
    Hy sagte zuerst gar nichts, umfasste
einfach nur meine Schultern fester. Dann sagte er sanft: »Ich hab dich
beobachtet. Gar nicht schlecht, deine Vorstellung, aber bei mir funktioniert
das nicht. Was ist los?«
    »...Komm mit runter auf die Terrasse,
dann sag ich’s dir.«
     
    Die Sonne war hinter der Landzunge von
Marin County versunken, und es war wesentlich kühler geworden. Die Musiker
packten zusammen, während die Leute vom Partyservice Teller, Besteck und Gläser
in Plastikwannen einsammelten. Ich trat ans Geländer und starrte auf die
langsam dahingleitenden Lichter eines auslaufenden Containerschiffs.
    Hy stellte sich neben mich. »Wenn dir
kalt ist, kannst du meine Jacke haben.«
    »Schon okay.«
    »Temperaturmäßig vielleicht. Also, was
ist?«
    Ich wandte mich ihm zu. Zog Trost aus
seinen sensiblen dunklen Augen und dem besorgt-konzentrierten Ausdruck seines
adlernasigen, schnauzbärtigen Gesichts. Spürte jäh und schmerzlich, wie leer
mein Leben wäre, sollte ich ihn verlieren.
    Er nahm mein Gesicht in beide Hände,
sah mir zärtlich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher