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Gefährliche Ideen

Gefährliche Ideen

Titel: Gefährliche Ideen
Autoren: Alf Rehn
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sich doch einmal vor, Sie wären Spezialist für Videokameras. Ihr gesamtes Arbeitsleben ist der Verfeinerung Ihrer Fähigkeiten gewidmet, Videokameras zu entwickeln und zu verbessern, um Ihren Kunden die bestmögliche Videokamera an die Hand zu geben. Und plötzlich taucht ein Unternehmen auf, von dem Sie noch nie gehört haben, und präsentiert etwas viel Schlechteres als das, woran Sie arbeiten, mit weitaus weniger Funktionen. Wären Sie verärgert? Aber sicher! Dieses neue Ding wäre der krasse Gegensatz von allem, was Sie verkörpern und woran Sie glauben. Wahrscheinlich würde das auf Sie mehr als nur ein bisschen bedrohlich wirken. In ähnlicher Weise wie es der Billigfluglinie Ryanair gelang, die Flugbranche zu verärgern, indem sie jede Spur von Service ausmerzte – und das auch noch auf effekthascherische Weise –, spiegelte die Flip eine Idee wider, die innerhalb ihres Kontextes als gefährlich angesehen wurde.
    Wir neigen dazu, uns Kreativität als etwas Angenehmes, Spaßiges und Schönes vorzustellen. Eine gute Idee ruft demnach bei allen, denen sie begegnet, ein ermutigendes Lächeln hervor. Doch dabei unterliegen wir einer Täuschung und einem Missverständnis. Denn im Gegenteil ist wahre Kreativität zumeist ein wenig gefährlich, bedrohlich und provokativ. Die Hersteller von Videokameras haben durchaus versucht, kreativ zu denken und über den Tellerrand hinauszublicken. Doch da sie nicht mit unbequemen oder bedrohlichen Ideen umgehen konnten, wurden sie von der Entwicklung der Flip eiskalt erwischt. Die Flip war eine wirklich gefährliche Idee, und ihr größter Triumph lag in der Unruhe, die sie innerhalb der Branche stiftete.
    Daher wird sich das vorliegende Buch nicht mit einer Kreativität beschäftigen, wie sie üblicherweise in Seminaren gelehrt wird. Dieser Kreativitätsbegriff ist zu einem kraftlosen und verwässerten Konzept geworden. Stattdessen beschäftigt sich dieses Buchdamit,
wie Sie gefährliches Denken entwickeln können
. Bücher über Kreativität neigen für gewöhnlich dazu, die immergleichen ausgelutschten Geschichten und faden Gedanken zu wiederholen. Oft sind sie unterwürfig im Ton und versuchen beim Leser ein lahmes Wohlgefühl hervorzurufen. Dieses Buch möchte ein wenig anders sein. Es wird sich mit ungemütlichen Dingen beschäftigen, die uns so lästig erscheinen werden wie vermutlich damals die Flip ihren Wettbewerbern. Der Grund dafür ist ganz einfach: Nur wenn wir aus der heimeligen Kuschelecke herausgedrängt werden, finden wir das radikal Neue und Gefährliche – jene Dinge, die den Status quo infrage stellen. Veränderung ist niemals ein gemütlicher, schmerzloser Prozess, und dasselbe gilt für echte Kreativität. Dennoch spricht man über Kreativität häufig so, als handelte es sich um einen harmlosen Teddybären, um ein hübsches, flauschiges Konzept, das wir uns alle mühelos zu Eigen machen könnten. Dieses Buch möchte diesen Mythos zerschlagen.
    Auf dem Weg zu gefährlicherem Denken: 5 Schritte
    Menschen, die althergebrachte Denk- und Handlungsweisen infrage stellen – sei es in einem Unternehmen, in einer Branche oder in der Gesellschaft als Ganzes –, sind stets Individuen, denen es gelungen ist, einen Schritt weiter zu denken. Dieser Vorgang ist nicht identisch mit »Kreativität« im engeren Wortsinn, sondern weitaus radikaler. Flip war nicht nur eine kreative Videokamera, ebenso wenig wie Ikea nur eine kreative Idee war (wir werden später noch darauf zurückkommen). Beide brachen radikal mit der bisherigen Art und Weise, ein Produkt, ein Unternehmen sowie eine Branche zu begreifen.
    [Bild vergrößern]
    Doch wo findet man die Möglichkeiten für solch radikale Umbrüche? In diesem Buch werden wir ein Fünf-Phasen-Modell (siehe Abbildung) entwickeln, das detailliert aufzeigt, wie man die hierzu notwendigen Schritte durchläuft. Betrachten wir zunächst die Grundlagen dieses Prozesses – von der Nachahmung von Kreativität bis zu echtem gefährlichem Denken.
    Schritt 1: Nachahmung
    Das Hauptproblem bei der Kreativität liegt darin, dass der Mensch von Natur aus gut
nachahmen
kann. Tatsächlich sind wir darin so gut, dass wir kaum bemerken, wenn wir es tun. Besonders heikel wird die Sache, sobald man sich klar macht, dass selbst Bücher über Kreativität sich zumeist darauf beschränken, andere Bücher über Kreativität nachzuahmen – oder von ihnen abzuschreiben. Der Drang zur Nachahmung ist Teil unseres Wesens: Sobald wir eine gute Idee
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