Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gedrillt

Gedrillt

Titel: Gedrillt
Autoren: Len Deighton
Vom Netzwerk:
Gesicht war gespannt, und sie hatte nicht mehr diesen anziehenden aufrechten Gang, dessen ich mich so gut erinnerte. Neu war auch die leise und zögernde Stimme, mit der sie jetzt sprach, und die Schüchternheit, mit der sie jedem begegnete, mir und Bret genauso wie den mexikanischen Dienstboten. Eines Abends, beim Dinner, verschüttete sie ein paar Tropfen Barbecue-Sauce auf das Tischtuch – dergleichen passiert mir ja dauernd –, und sie sank in ihren Sessel zurück und schloß die Augen. Niemand am Tisch schien es zu bemerken, aber ich wußte, daß sie kurz davor war zu schreien, vielleicht einem Zusammenbruch nahe. Das Schlimme war, daß sie sich mir nicht anvertraute, obwohl ich immer wieder versuchte, sie zum Reden zu bringen. Schließlich beschuldigte sie mich, sie unter Druck zu setzen, deshalb gab ich meine Bemühungen auf und überließ die ganze Sache Bret.
    Zwei Tage später bat mich Bret, während der Vormittagssitzung anwesend zu sein. »Es sind noch ein paar Sachen ungeklärt«, sagte Bret.
    »Aus meiner Sicht ist da noch eine Menge ungeklärt«, sagte ich. Fiona saß zusammengesunken in einem großen Sessel. Bret saß hinter seinem Tisch – ein perfektes modernes Design aus rosa Marmorplatte aufpolierten Stahlbeinen –, mit dem Rücken zu den getönten Fensterscheiben. Der Garten war mit Farben vollgepackt. Vor der weißgetünchten Wand des Hofes standen Orangen- und Zitronenbäume, blühten Jasmin, Rosen und Bougainvilleas. Von ihrem Duft hatte man in Brets Büro nichts, denn das Fenster war fest verschlossen und die Klimaanlage lief auf vollen Touren. Bret sah mich lange an und sagte schließlich: »Zum Beispiel?«
    »Die Heroinspuren in dem Ford Transit.« Das war ein Bluff, und er zog nicht.
»Lassen wir doch jetzt die Nebensächlichkeiten«, sagte Bret. »Was wir feststellen wollen, sind die Identitäten der anderen Beteiligten.«
»Das kann Fiona für dich besorgen«, sagte ich. »Sie hat mit ihnen im Wagen gesessen.«
»Erich Stinnes«, sagte Fiona etwas mechanisch. »Und ein russischer Verbindungsmann. Und dann war da noch ein Mann, den ich nie zuvor gesehen hatte. Er kam auf dem Motorrad.«
»Gut! Gut!« murmelte Bret, während er das mühevoll alles aufschrieb, um es nicht zu vergessen. Er blickte auf. »Drei Mann.« Ein schnelles, nervöses Lächeln. Bret Rensselaer war einer von diesen schlanken, eleganten Amerikanern, die, ob krank oder gesund, immer gut in Form zu sein scheinen; wie ein Bugatti-Oldtimer oder ein fünfzigkarätiger Diamant. Hinter dem Schreibtisch, einen goldenen Füllfederhalter in der Hand, glich er einem sorgfältig arrangierten Porträtfoto aus einer Klatschillustrierten. Er trug maßgeschneiderte weiße Sporthosen und ein weißes Tennishemd mit einem roten Streifen am Kragen. Das alles paßte sehr gut zu seinem weißen Haar und ließ sein sonnengebräuntes Gesicht sehr dunkel erscheinen. Ich fragte mich, ob man den geheimnisvollen Motorradfahrer schließlich doch noch mit Thurkettle identifizieren würde. Ich gab keinen Hinweis in der Richtung, und mir fiel auf, daß Fiona nichts von dem unverkennbar amerikanischen Akzent des Unbekannten sagte.
»Hat die Medienüberwachung irgendeinen Hinweis aufgelesen?« fragte Fiona.
»Nicht in den Zeitungen und Zeitschriften, und über das Radio ist sicherlich auch nichts gekommen.« Er lächelte von neuem sein knappes kleines Lächeln und drehte seinen Siegelring. »Es hätte mich auch sehr gewundert.«
»Und noch mehr hätte es mich gewundert, wenn du uns in dem Fall was davon erzählt hättest«, sagte ich. Bret verschwendete keine Zeit auf diese Unterstellung. Er grunzte nur und wandte sich wieder an Fiona. »Warum sollten sie den Wagen verbrennen wollen?«
»Bernard sagt, um Beweismaterial zu vernichten.« »Ich habe aber dich gefragt, Fiona.«
»Ich habe wirklich keine Ahnung. Es hätte sogar ein Unfall gewesen sein können. Ein Mann war noch da.«
»Ah! Der Mann mit dem Motorrad.«
»Ja«, sagte sie.
»Ich wünschte, du könntest mir ein bißchen mehr von ihm erzählen.« Er wartete für den Fall, daß Fiona etwas sagte. Als sie’s nicht tat, sagte er: »Und während der Fahrt hast du mit Stinnes und diesem Verbindungstyp nicht gesprochen?«
»Nein, habe ich nicht.«
»Haben sie miteinander geredet?«
»Ich glaube nicht, daß wir so weiterkommen. Ich habe dir alles gesagt, was ich von ihnen weiß.«
Bret nickte mitfühlend. Er blickte auf seinen gelben Notizblock und sagte: »Dieser ›andere Mann‹ fuhr Motorrad?
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher