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Gedrillt

Gedrillt

Titel: Gedrillt
Autoren: Len Deighton
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Ziemlich ungewöhnlich, findest du nicht?«
»Ich habe keine Ahnung, wie ungewöhnlich das ist, Bret.«
»Wenn der Wagen aber, nachdem ihr weg wart, vorsätzlich in Brand gesetzt wurde, wird das also wohl dieser Motorradfahrer gemacht haben, oder?«
»Ich nehme an«, sagte Fiona.
»Ich auch«, sagte Bret. »Und damit kommen wir zur letzten Frage dieser rätselhaften Geschichte: Warum hat er euch so leicht entwischen lassen?«
Fiona nickte und befeuchtete ihre Lippe, als sei es ihr unangenehm, darüber nachzudenken. »Seltsam, ja.«
»Welches Motiv könnte er gehabt haben? Bernie hatte gerade zwei von seinen Kumpels abgeknallt. Und er läßt euch laufen. Klingt das nicht ein bißchen verrückt?«
Fiona sagte: »Es war eine Pattsituation. Er konnte sich nicht bewegen, ohne erschossen zu werden. Er wußte auch, daß Bernie den Wagen nicht erreichen konnte, ohne ihm vor die Kanone zu kommen. Da hielt er’s vielleicht für das Einfachste, uns abhauen zu lassen.«
»Ganz bestimmt nicht, Schätzchen«, sagte Bret. »Diese Leute waren in ihrem eigenen Land. Nehmen wir also an, Mr. X hätte sich entschlossen, bis Tagesanbruch zu warten. Man hätte schließlich von der Autobahn aus bemerkt, was da am Rande lief, oder die Bauarbeiter wären zur Arbeit erschienen. So oder so, für unseren Herrn hätte sich ein bißchen mehr Geduld bezahlt gemacht. Stimmt’s?«
»Ich weiß nicht, wer er war«, sagte Fiona, als hätte sie Brets Frage nicht gehört. »Was soll das heißen?« sagte Bret.
Fiona sah mich hilfesuchend an. Ich sagte: »Fiona meint, wenn irgendein CIA-Agent in eine Schießerei am Pacific Coast Highway irgendwo hier in der Nähe geriete, würde er doch vermutlich nicht sonderlich scharf darauf sein, bei Tagesanbruch von der Ortspolizei am Tatort gesehen zu werden.«
»Na schön«, sagte Bret in einem Ton, der keine Zugeständnisse einräumte. »Aber das hier sind die US von A, wo liberale Zeitungen nur auf Gelegenheiten warten, der Regierung eins auszuwischen, von wirrköpfigen Senatoren ganz zu schweigen. In einer derartigen Situation könnte einem CIA-Agenten allerdings daran gelegen sein, wenig Spuren zu hinterlassen, zu welchem Preis auch immer. Aber in der DDR … Das leuchtet mir nicht ein.«
»Warum sagst du uns nicht einfach, was wir sagen sollen, Bret?« fragte ich.
»Wie bitte?« sagte Bret, und man hörte ihm an, daß sein Geduldsfaden zu reißen drohte.
»Wir wissen alle, daß du ein Märchen schreibst«, sagte ich. »Die Handlung ist zweifellos schon vor Monaten, wenn nicht Jahren festgelegt worden. Du willst gar nicht wissen, was wirklich passiert ist: Du willst Erklärungen hören, damit du sagen kannst, alles sei wie geplant gelaufen. Ich weiß, wie der Bericht aussehen wird. Fünfzig Seiten mit dickem Lob für einen Haufen Bürohengste für die wunderbare Arbeit, die sie geleistet haben. Ungewiß nur noch, wer geadelt und wer mit einem MBE oder einem CBE abgefunden wird.«
»Du bist ein unverschämter Bastard, Bernard«, sagte er leise.
»Ja, ich weiß. Das sagen mir alle. Nichtsdestoweniger sage ich die Wahrheit.«
Er sah mich an und gab ein winziges Stückchen nach. »Sagt nicht Goethe irgendwo: ›Der Ausgang gibt den Taten ihre Titel‹? So sollte es doch wohl sein, oder nicht? Ehre, wem Ehre gebührt. Fiona hat einen großartigen Erfolg errungen. Nie wird sie die ihr gebührende Ehre erhalten, weil das nicht die Art und Weise ist, wie man diese Sachen beim Department handhabt. Das wissen wir alle. Was ihr jedoch niemand nehmen kann, ist der Bericht. Soll ich da nun vielleicht so was wie einen Pannenbericht machen, sagen, daß sie Scheiße gebaut hat?«
»Nein«, sagte ich. Bret fand immer ein Argument, um seine Gegner ins Unrecht zu setzen.
Fiona sagte nichts. Ihr Beitrag zu der Unterhaltung war minimal, doch sie verweigerte sich nicht: Sie war wie eine Schlafwandlerin. Sie wußte, daß ihre Schwester tot war, Bret hatte es ihr gesagt, aber sie vermied es, von Tessa zu sprechen. Es war, als wäre Tessa nie dagewesen, und Bret ließ es dabei. Es gab noch vieles, worüber Fiona nicht reden wollte, selbst die Kinder erwähnte sie nur selten. Ich beneidete Bret nicht um seine Aufgabe.
Bret sah auf die Uhr. »Na schön, wenden wir uns ein paar lichteren Fragen zu. Wir werden uns ein paar von diesen Roastbeef-Sandwiches hereinschicken lassen und die Mittagspause ein bißchen früher machen. Was sagt ihr dazu?« Auch die Sandwiches waren miserabel.
Ein paar Tage später kam Besuch. James Prettyman war ein
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