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Gedankenlesen durch Schneckenstreicheln

Gedankenlesen durch Schneckenstreicheln

Titel: Gedankenlesen durch Schneckenstreicheln
Autoren: W Gruber
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verwenden Oktopoden ihre Gehirne noch? Zum Nachdenken. Und das ist spektakulärer, als es im ersten Moment klingt, denn Kraken sind wahre Grübler. Sie können Probleme lösen, was viele Menschen kaum zuwege bringen. Auch solche Probleme, denen Kraken in freier Wildbahn noch nie begegnet sind, die sie daher auch gar nicht lösen können müssten. Kraken bewältigen etwa Irrgartenprobleme besser als die meisten Säugetiere. Und Oktopoden lernen durch Zuschauen, das können sonst nur Menschen, Menschenaffen und Ratten. Kraken können beispielsweise lernen, wie man einen Videorekorder bedient. Das ist im 21. Jahrhundert zwar kein Soft Skill mehr, das High Potentials in ihren Lebenslauf schreiben, aber trotzdem bemerkenswert. Kraken können zwar nicht das VPS einstellen und den Wochen-Timer programmieren, aber das Gerät ein- und ausschalten. Wenn man einem ausgewachsenen Oktopus in einem Aquarium nach einem bestimmten, beispielsweise optischen Signal Futter gibt, dann merkt er sich das. Das funktioniert bei Menschen ganz ähnlich, Sie brauchen nur auf ein Plakat fürs Feuerwehrfest „Freibier“ schreiben, auf dieses Signal reagieren wir. Wenn man aber dem Oktopus dann einmal kein Futter gibt, sondern einen Stromstoß, so ignoriert das Tier das Signal in Zukunft. Das funktioniert bei Menschen schon nicht mehr so gut. Selbst wenn es auf einem Feuerwehrfest mit Freibier fast zwangsläufig irgendwann zu einer Schlägerei kommt: Solange es Freibier gibt, kommen die Menschen immer wieder.
    Bei Oktopoden meidet aber nicht nur das ausgewachsene Tier die Stromstöße. Wenn ein anderes, jüngeres Tier im selben Aquarium das zufällig beobachtet hat, reagiert es ebenfalls nicht mehr auf das Signal, das ursprünglich Futter bedeutet hat. Und so lernen Kraken auch viele andere Dinge, nicht nur durch Probieren, sondern durch Beobachtung. Das heißt aber nicht, dass Sie Ihre Kontaktanzeigen in Erotikmagazinen aufpeppen können: „Vieles kann, nichts muss sein, mein passiver Oktopus stört doch nicht.“ Auch wenn ein Oktopus acht Arme besitzt und für viele Menschen Tiere die wichtigen Bezugspunkte in ihrem Leben sind, ein flotter Dreier mit Oktopus wird schon deshalb immer ein special interest bleiben, weil er uns körperlich so unähnlich ist, dass uns die Spiegelneuronen sagen: Der ist nicht sexy.
    Aber Kraken können nicht nur sehr schnell lernen, sondern sich auch fabelhaft an ihre Umgebung anpassen. Sodass sie fast unsichtbar werden. Sie können durch Beobachten sogar Untergrundmuster nachempfinden, die sie in ihrer Lebensumgebung noch nie gesehen haben. Setzt man einen Kraken auf ein Schachbrett, so wird er versuchen, die geometrischen Muster nachzuahmen. Und er schafft es nicht perfekt, aber gut genug, um für Feinde unsichtbar zu sein.
    Inoffizieller Meister aller Klassen in Oktopus-Camouflage ist allerdings der indonesische mimic octopus . Er wurde erst 2001 entdeckt, hört zoologisch auf den Namen Thaumoctopus mimicus , und hat bis heute noch keine offizielle deutsche Bezeichnung. Manchmal wird er wegen seiner Fähigkeiten Karnevalstintenfisch genannt, und das trifft die Sache nicht schlecht. Bis zu 1.100-mal am Tag wechselt er sein Aussehen. Im Schnitt alle knapp eineinhalb Minuten ein neues Outfit. Wenn Sie also ungeduldig im Vorzimmer warten, dass ein mimic octopus mit seiner Garderobe fertig wird, weil sie endlich ausgehen wollen, dann sollten Sie einiges an Geduld mitbringen. „Ich probiere nur noch schnell das kleine Schwarze, Schatz“ kann in dem Zusammenhang viel bedeuten. Ein mimic octopus kann in Sekundenschnelle Form, Farbe und auch Struktur seiner Haut verändern, je nachdem, was die Verhältnisse um ihn herum als angezeigt erscheinen lassen.
    Und nicht nur das. Er ist sogar in der Lage, das Benehmen anderer Arten nachzuahmen. Schwimmt er über den Boden, ahmt er die Gestalt einer Flunder nach, im freien Wasser verwandelt er sich formmäßig in einen Skorpionfisch, der keinen Spaß versteht, wenn man ihn blöd anredet. Und zur Revierverteidigung verleiht der Oktopus seinen Tentakeln das Aussehen von hochgiftigen Schlangen. Seine Renommiernummer ist aber der Ritter der Kokosnuss. Der Karnevalstintenfisch ist imstande, sich in Form und Farbe einer Kokosnuss anzugleichen, um ungehindert durchs Wasser zu treiben, wobei er zur Navigation nur kleinste Teile seiner Tentakel verwendet.
    Manche Oktopusarten können auf ihrer Haut zudem Spiegelungen der Meeresoberfläche nachahmen, sodass sie von oben nicht zu
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