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Geburtstag in Florenz

Geburtstag in Florenz

Titel: Geburtstag in Florenz
Autoren: Magdalen Nabb
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so?«
    »Doch.«
    »Und was haben sie Ihnen erzählt?«
    »Daß die Polizei nicht kommen würde. Die hätten gesagt, man solle einen Krankenwagen rufen.«
    »Und haben sie einen gerufen?«
    »Nein. Sie haben mir gesagt, sie wollten zum Palazzo Pitti und ich solle zehn Minuten warten und dann dort anrufen.«
    »Was Sie auch taten?«
    »Ja.«
    »Und ich nehme an, Sie haben volle zehn Minuten gewartet?«
    »Ja.«
    Auch das ließ der Staatsanwalt erst einmal auf die Geschworenen wirken, bevor er, fast beiläufig, die nächste Frage stellte.
    »Sagen Sie, als Sie Anna Maria Grazzini zum letzten Mal sahen, war sie da bei Bewußtsein?«
    Obwohl Pecchioli sich viel Zeit zum Nachdenken ließ, brachte er keine Antwort zustande.
    »Konnte sie sprechen?« hakte der Staatsanwalt nach.
    »Nicht so, daß es verständlich gewesen wäre.« Und wieder behauptete er nachdrücklich: »Sie war betrunken.«
    »Zu dem Zeitpunkt, um den es hier geht, war das längst nicht alles, was ihr fehlte! Also, hat sie versucht zu sprechen oder sich mit irgendwelchen Lauten bemerkbar zu machen?«
    »Laute … ja, Laute hat sie von sich gegeben … So ein abgehacktes Röcheln, wie ein Hund, wenn ihm schlecht wird.«
    »Keine weiteren Fragen.« Der Staatsanwalt raffte seine wallende Robe und setzte sich.
    Der Richter hob den Kopf; sein Gesicht war ausdruckslos.
    »Herr Verteidiger?«
    »Keine Fragen.«
    Der Richter blickte in die Runde. »Wenn ich recht verstanden habe, hören wir den Bericht des Pathologen erst morgen?«
    Der Staatsanwalt schoß in die Höhe. »Das ist richtig, Herr Vorsitzender. Die Gerichtsmedizin …«
    »Schon gut. Bitte rufen Sie Ihren nächsten Zeugen auf.«
    »Die Staatsanwaltschaft ruft Maresciallo Salvatore Guarnaccia, Dienststellenleiter der Carabinieri-Wache im Palazzo Pitti.«
    Der Maresciallo hatte während der ganzen Verhandlung reglos dagesessen, die mächtigen Hände auf die Knie gepflanzt, die großen Augen fast starr nach vorn gerichtet, die Stirn in konzentrierte Falten gelegt. Jetzt erhob er sich langsam, erfüllt von bangen Vorahnungen.
    »Salva? Bist du’s? Na, wie ist es gegangen?«
    »Überhaupt nicht.« Er legte seine Mütze auf den Flurtisch und ging direkt ins Schlafzimmer, um die Uniform auszuziehen. Normalerweise kam er zuerst in die Küche, sagte ihr guten Tag und erkundigte sich, was es zu essen gab. Teresa, die die heutige Abweichung als Zeichen schlechter Laune interpretierte, gab Salz ins Wasser, das eben zu sprudeln begann. Als er erschien, riß sie gerade eine Packung Spaghetti auf.
    »Wie meinst du das, es ging überhaupt nicht? Was ist, willst du auch Pasta?«
    »Nein. Ja. Nur ein wenig. Oder vielleicht esse ich auch bloß einen Salat.«
    »Du kannst dich nicht nur von Salat ernähren – meine Güte, Salva, gestern abend hast du drei Stück Schokoladentorte verdrückt, und jetzt auf einmal bloß Salat. Deine Leber weiß bestimmt nicht mehr, wo’s langgeht, und ich auch nicht. Warum kannst du dich nicht vernünftig ernähren? Ach, was werde ich froh sein, wenn die Jungs wieder da sind und dieser ganze Zirkus aufhört!«
    Es war seine Idee, nicht etwa die seiner Frau, daß er die Zeit, in der die beiden Kinder mit der Schule zum Skilaufen waren, nutzen würde, um seine Leber zu entgiften. Zu dieser Kur gehörten Tage, an denen er verdrießlich in einer Salatschüssel herumstocherte, unterbrochen von Ausrutschern wie besagter Schokoladentorte, die er ebenso verdrießlich in sich hineingeschaufelt hatte. Und dabei fixierte er jeden Bissen mit so traurig-vorwurfsvollem Blick, als ob es die Torte wäre, die ihn verschlang.
    Teresa gab die Nudeln ins Wasser und rührte einmal kräftig um.
    »Ich hab eine Handvoll für dich mitreingetan. Das gescheiteste ist, du nimmst eine halbe Portion Pasta ohne Sauce, keinen Wein dazu und ißt hinterher noch ein bißchen Salat.«
    Daß sie recht hatte, ließ sich nicht bestreiten – aber bestreiten konnte man genausowenig, daß ein Teller blanker Spaghetti mit einem Glas Wasser dazu selbst dem sonnigsten Charakter aufs Gemüt geschlagen hätte.
    »Es dauert noch fünf, sechs Minuten.«
    Der Maresciallo schlurfte hinüber ins Wohnzimmer und schaltete die Fernsehnachrichten ein. Ihre Stimme folgte ihm.
    »Wenn wir mit ihnen zum Skilaufen gefahren wären, dann hättest du wandern können, hättest frische Luft und Bewegung gehabt und viel mehr für deine Gesundheit getan als mit dieser ganzen Salatesserei. Vor allem aber hätte das nicht mal die Hälfte von dem
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