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Geburtstag in Florenz

Geburtstag in Florenz

Titel: Geburtstag in Florenz
Autoren: Magdalen Nabb
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Badezimmer, und der Magistrato ging hinüber, um den Tatort in Augenschein zu nehmen.
    Forbes fragte unter Tränen: »Wer ist das, um Gottes willen?«
    »Stellvertretender Staatsanwalt Fusarri.« Und falls auch der Maresciallo ›um Gottes willen‹ dachte, so sprach er es jedenfalls nicht aus.
    Fusarri kam wieder hereingeschlendert, den Zigarillo behutsam in der erhobenen Hand balancierend. Nie rieselte auch nur ein Flöckchen Asche auf seine eleganten grauen Anzüge. Forbes, der die Hände vors Gesicht geschlagen hatte, schluchzte immer noch laut.
    »Wie heißt er?« fragte Fusarri mit stummer Lippensprache. Der Maresciallo hielt ihm sein Notizbuch hin.
    »Na, nun mal sachte, Mr. Forbes. Was haben Sie denn mit Ihrer Frau angestellt?«
    Das war eben das Problem mit Fusarri. Der Mann hatte keine Skrupel, kein Taktgefühl! Der Maresciallo, der sich genau das gleiche gefragt hatte, wäre nicht im Traum auf die Idee gekommen, es auszusprechen. Aber Fusarri war Mailänder, da konnte man natürlich nicht erwarten … Trotzdem hatte Guarnaccia immer ein ungutes Gefühl bei ihm, einfach, weil er nie wußte, ob der Bursche es nun ernst meinte oder nicht. Im Augenblick letzteres, seinem Gesicht nach zu urteilen, doch selbst da konnte man nicht sicher sein … Sicher war indes, daß Fusarri wußte, wie man einen Typen wie Forbes, gegen den der Maresciallo bereits eine heftige Abneigung gefaßt hatte, richtig in die Mangel nahm. Es machte direkt Spaß, ihm dabei zuzusehen.
    »Ihre Frau ist tot, Signore, und sie starb unter für uns ungewöhnlichen Umständen. Es kann natürlich ein Unfall gewesen sein, was bedeuten würde, daß wir Sie nicht mehr zu behelligen brauchten, sobald das Obduktionsergebnis vorliegt. In der Zwischenzeit aber werden Sie uns schon ein paar Fragen beantworten müssen.«
    Forbes hielt immer noch den Kopf in den Händen, hatte sich aber schon ein wenig gefaßt. Fusarri setzte sich neben ihn, und ein Wölkchen stechenden Zigarrenrauchs kräuselte sich aus dem lächelnden Mund auf Forbes’ Augen zu. Der mußte husten und hob den Kopf.
    »Sehr schön, ich sehe, wir verstehen uns. Ist doch sehr viel angenehmer hier als in irgendeinem Büro, finden Sie nicht?«
    »Na dann, Maresciallo.« Fusarri erhob sich und schritt, den Zigarillo in Schulterhöhe schwenkend, zur Tür. »Er gehört Ihnen!«
    Der Maresciallo blieb mit gesenktem Blick stehen. Auf das Bett würde er sich nicht setzen, soviel stand fest. Fusarri … Der Maresciallo hatte nicht den Wortschatz, um mit einem wie Fusarri fertig zu werden. Polizei und Carabinieri beschwerten sich notorisch darüber, daß die Magistrati ihnen auf der Nase herumtanzten, Schreibtischhengste zumeist, die Befehle erteilten wie ein General, der nie ein Schlachtfeld aus der Nähe gesehen hat. Aber Fusarri … »Ähem.«
    Der Maresciallo zog sich einen Korbsessel heran, von dem er nur hoffen konnte, daß er seinem Gewicht gewachsen war, und nahm neben dem Bett Platz.
    »Erzählen Sie mir, was passiert ist«, sagte er.
    Forbes schlug ein Bein fest über das andere und verschränkte die Arme. Auf seiner Stirn und Nase bildeten sich Schweißperlen. Er roch nach Alkohol, Erbrochenem und Angst. Weder sah er den Maresciallo an, noch antwortete er ihm.
    »Früher oder später müssen Sie reden, verstehen Sie. Entweder mit mir oder mit jemand anderem.«
    Forbes warf dem Maresciallo einen raschen Blick zu, dann irrten seine Augen wieder ab. Er schwitzte jetzt so stark, daß ein paar Tropfen sich von seinen Schläfen lösten und hinunterrannen bis in den offenen Kragen seines grünweiß gestreiften Hemdes. Da es nichts zum Zuhören gab, ließ der Maresciallo seine großen Augen schweifen, die jedes Detail registrierten: einen braunen Pullover, der sehr alt wirkte – jedenfalls war er arg abgetragen. An den Ellbogen schimmerte das gestreifte Hemd durch, und ein paar Fäden aufgetroddelter Wolle hingen herunter … Kordhosen, ziemlich ausgebeult, rote Wollsocken. Der Mann war hager, hatte aber den Ansatz eines Spitzbauchs. Wahrscheinlich vom übermäßigen Trinken.
    Der Maresciallo war darauf gefaßt, das Schweigen so lange wie nötig auszuhalten. Wenn man hartnäckig weiterfragt, verweigern die Leute beharrlich weiter jede Antwort. Schweigen dagegen wirkt auf die Dauer enervierend, und ein nervöser Mensch wird versuchen, es zu brechen, auch wenn es ihm noch so sehr widerstrebt, etwas preiszugeben. Und dieser Mann war äußerst nervös. Also legte der Maresciallo die Hände auf die
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