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Gebrochene Schwingen

Gebrochene Schwingen

Titel: Gebrochene Schwingen
Autoren: V.C. Andrews
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begann, konnte ich um mich herum das Klatschen und Stampfen der Leute aus den Bergen hören. Ich umfaßte meinen Mann, und als die Erinnerung an die Zeit in den Hügeln mich überkam, gab ich mich der Musik meiner Heimat hin, dem Rhythmus der Willies.
    Die Stadtleute traten einer nach dem anderen zurück, während die Leute aus den Bergen sich unserem Tanz anschlossen. Logan wurde mir von einer meiner hübschen Schülerinnen abgenommen. Mich umfaßte mein alter Nachbar Race McGee. Dann zogen die Leute aus den Bergen die Stadtleute mit in den Tanz. Niemals zuvor war ich so glücklich gewesen. Jedermann war am Lachen, am Klatschen, am Tanzen. Endlich waren die Willies und Winnerow eins geworden.
    Plötzlich sah ich, wie Fanny in ihrem hautengen blauen Kleid über den Tanzboden kam und Logans Partnerin auf die Schulter klopfte. »Mach Platz für die Schwägerin. Er hat nur die eine.« Fanny rief so laut, daß alle es hören konnten. Sie legte ihre Arme Logan um den Hals, drückte ihren Busen an seine Brust und wirbelte den verdutzten Logan über den Tanzboden. Als das Lied zu Ende war, verkündete sie: »Ich glaube, jetzt bin ich dran, den Bräutigam zu küssen.« Dann sah ich, wie sie ihn küßte.
    Schließlich befreite sich Logan fast mit Gewalt aus ihrer Umklammerung. Fannys Lachen übertönte die Musik und ließ es in meinen Ohren wie Alarm klingeln. Ich hörte es, und ich merkte es mir. Doch heute war mein Tag, und nichts und niemand, auch nicht Fanny, sollte ihn verderben.
    2. KAPITEL

    Im Haus meines Vaters

    Logan und ich stiegen kichernd wie Schulkinder in Boston aus dem Flugzeug. Wir waren beide so aufgeregt, daß die Stewardessen gleich gemerkt hatten, daß wir frisch verheiratet waren. »So?« fragte Logan albern. »Wie sehen frisch Verheiratete denn aus?«
    »Hoffnungsvoll und lachend. Daß sie sich lieben, ist so offensichtlich, daß selbst die abgestumpftesten Menschen sie anschauen und ihnen zulächeln«, erklärte die Stewardeß, als würde sie von ihrem eigenen schönsten Traum erzählen.
    »Verliebt sind wir«, antwortete Logan. So waren wir während des ganzen Fluges gewesen: schmusend, küssend und kichernd. Jedes Mal, wenn die Stewardessen vorbeigekommen waren, hatten sie gelacht.
    Nun eilten wir Hand in Hand den langen Gang im Flughafen entlang, neugierig darauf, was uns dieser Besuch bei Tony bringen würde. Als wir um die Ecke in die Halle bogen, entdeckte ich Tony, der an der Pforte stand. Er trug einen seiner dunkelblauen, doppelreihig geknöpften Seidenanzüge und hatte ein zusammengefaltetes Wallstreet-Journal in der Hand. Er schwenkte es aufgeregt, als wir auftauchten. »Da ist Tony!« Ich winkte zurück. »Ich dachte, er schickt nur Miles, den Chauffeur, um uns abzuholen.«
    »Das wäre nicht die feine Art, Jungverheiratete zu empfangen«, witzelte Logan.
    »Du hast recht«, sagte ich, doch dann hielt ich inne. Meine Finger schlossen sich fester um Logans Hand. Vielleicht war es, weil ich so lange von Tony getrennt gewesen war, vielleicht war es die Art und Weise des Herzens, zu zeigen, daß unsere wahre Einstellung sich mehr in unseren Augen als in unseren Worten enthüllt. Jedenfalls fühlte ich eine Kraft in Tonys Augen, die mich wie ein Magnet anziehen wollte. Genau so etwas hatte ich befürchtet.
    Das Grau an Tonys Schläfen hatte sich vermehrt, aber es ließ ihn nicht älter, sondern nur würdiger aussehen. Als wir näher kamen, verwandelte sich sein scharfer bohrender Blick in einen Ausdruck des Entsetzens.
    »Leigh?« Es war kaum noch ein Flüstern. Dann hatte er seine Beherrschung wiedergefunden. »Heaven!« Er kam uns ein paar Schritte entgegen. »Heaven, willkommen daheim. Du hat jetzt die gleiche Haarfarbe wie deine Mutter. Blond…« Seine Stimme war erregt, noch ganz gefangen von der Vergangenheit.
    »O ja, das habe ich vergessen, Tony«, sagte ich schnell.
    »Ich finde, daß sie besser aussieht, wenn ihr Haar seine natürliche schwarze Farbe hat«, warf Logan schnell ein und streckte dem überraschten Tony seine Hand entgegen.
    »Tony, das ist mein Gatte Logan.« Ich stellte sie einander vor, während sie sich die Hände schüttelten. Ich konnte sehen, daß Tony sofort anfing, Logan zu mustern, seine Maße zu nehmen, sein Gesicht zu durchforschen nach Spuren von Schwäche und mangelnder Willenskraft, um herauszufinden, wo und wie er ihn würde manipulieren können.
    »Willkommen, Logan«, sagte Tony schließlich. Dann schaute er wieder mich an, und ich fühlte, wie sein
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