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Gebieter der Träume

Gebieter der Träume

Titel: Gebieter der Träume
Autoren: Sherrilyn Kenyon
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er erst einmal den Fluss überquert hatte, und er wollte gern hundert Jahre warten, ehe seine Folterqualen begannen. Andererseits musste er gar nicht so lange warten. Der Verlust Megearas bereitete ihm schon Qualen genug.
    Er spürte ihre Abwesenheit im ganzen Körper. Die Verzweiflung lag ihm so schwer auf der Seele wie ein Stapel von Ambossen. Alles, was er sich wünschte, war, ihr Gesicht noch ein letztes Mal zu sehen, ihre Wange zu berühren oder ihr Haar auf seiner Haut zu spüren. Diese Erinnerungen versengten ihn, während er betete, dass sie in Sicherheit war.
    »Ich hasse diesen elenden alten Mistkerl.«
    Arik blickte nach links, wo der Schatten eines Mannes im mittleren Alter zu ihm trat.
    Der Mann starrte Charon an, der die beiden nicht weiter beachtete, sondern seinen Weg durch das schwarze Wasser fortsetzte. »Ich wünsche mir, dass das Boot umschlägt und er im Acheron ertrinkt. Das würde ihm recht geschehen!«
    Vielleicht. Der Acheron war der Fluss des Leides, hier waren alle Sorgen und Kümmernisse der Welt versammelt. Es hieß, wenn irgendein Körperteil mit dem Wasser in Berührung kam, würde dieses Leid in den Körper einsickern und Körper und Seele vor Kummer auseinanderreißen.
    Alle Toten mussten diesen Fluss überqueren, um an ihr endgültiges Ziel zu gelangen. Es sollte eine symbolische Reise sein, bei der die Toten solche Bedenken hinter sich ließen.
    Der Mann schaute Arik an. »Du hast auch keine Münze, was?«
    »Nein.«
    Er spuckte auf den Boden neben Ariks Füße. »So, das gilt unseren beiden Familien. Uns hier stranden zu lassen! Die Pocken sollen sie bekommen! Mögen sie alle in den Acheron fallen und in ihrem eigenen stinkenden Elend ertrinken!«
    Arik hob eine Augenbraue, als er den Groll des Mannes hörte. Er klang, als hätte er im Fluss Styx gebadet, wo der Hass frei umherfloss.
    Der Mann schaute ihn vorsichtig an. »Und was hat dich hierhergeführt?«
    Arik antwortete, ohne nachzudenken. »Die Liebe.«
    »Hast dich wohl umgebracht, wie?«
    »Nein. Ich habe mein Leben gegeben, um diejenige in Sicherheit zu wissen, die ich liebe.«
    Der Mann war entsetzt. »Warum hast du etwas so Dummes getan?«
    »Es ist nicht dumm.«
    »Natürlich ist es das. Denkst du etwa, sie hätte das Gleiche für dich getan?«
    Wieder antwortete Arik, ohne zu zögern. »Ja.«
    »Wenn du das wirklich glaubst, dann bist du ein kompletter Esel.« Er gab ein unhöfliches Geräusch von sich und zog weiter.
    »Er hat recht, weißt du.«
    Arik erstarrte, als er diese Stimme hörte. Sie war das Letzte, was er hier erwartet hatte. Es war Wink, der zweifellos gekommen war, um zu triumphieren. »Was machst du denn hier?«
    Wink zuckte mit den Schultern. »Manchmal treibe ich mich ein bisschen bei den Toten herum. Sie können sehr unterhaltsam sein, besonders die weinerlichen.« Er schwieg und schnupperte in der Luft um Arik herum. Er erinnerte Arik an einen Jagdhund, der die Fährte eines Stinktiers aufgenommen hatte. Schließlich zog Wink sich zurück und starrte Arik durchdringend an. »Wo sind deine Kräfte?«
    »Mach dir keine Gedanken darüber.« Arik versuchte, sich von ihm zu entfernen, aber Wink folgte ihm am Flussufer entlang, sogar, als er sich an anderen Schatten vorbeischlängelte.
    »Was ist los, Arikos?«
    Arik wusste nicht, warum er die anderen nicht verriet und Wink andeutete, dass sie ihre Gefühle wiedergewannen. Er sollte es eigentlich tun. Das hatten sie alle verdient – aber sein Sinn für Loyalität, der hier eigentlich völlig fehl am Platz war, hielt ihn davon ab. Wink würde mit allem, was Arik ihm erzählte, geradewegs zu Zeus rennen und Ärger machen.
    Arik hatte jetzt zu viel Menschlichkeit in sich, um so etwas zu tun, und im Hinterkopf wusste er, dass Megeara dann von ihm enttäuscht sein würde.
    Obwohl sie ihn hasste, wollte Arik sie nicht enttäuschen.
    Und noch immer lief der Gott ihm nach. »Arikos?«
    »Verschwinde, Wink«, fuhr er ihn an. »Ich bin tot, und ich will einfach nur allein sein.«
    Wink nahm Arik am Arm, zischte und sprang zurück. »Du und deine Menschenfrau?«, fragte er in anklagendem Ton. Zweifellos hatte die kurze Berührung dem Gott alles darüber verraten, wie Arik hierhergekommen war – alles, was mit Megeara zu tun hatte. »Bist du wahnsinnig geworden? Warum hast du deine Unsterblichkeit für sie aufgegeben?«
    Arik konnte es nicht erklären. Es war dumm, das wusste er. Aber trotzdem schien es richtig zu sein. Sein Leben für ihr Glück. Es funktionierte
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