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Gebieter der Träume

Gebieter der Träume

Titel: Gebieter der Träume
Autoren: Sherrilyn Kenyon
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Obwohl sie nur noch kurz miteinander sprechen konnten, war es lange genug gewesen, damit sie sich miteinander hatten versöhnen können. So konnte er sterben, ohne Schuldgefühle zu haben, dass er seine Tochter wegen seiner Suche nach Atlantis vernachlässigt hatte.
    Wenn sie selbst doch auch nur ein bisschen Frieden finden könnte! Noch immer hatte sie ihm innerlich nicht vergeben. Wie sehr ihr Großvater ihr auch versucht hatte zu erklären, was ihren Vater antrieb – sie kannte die Wahrheit. Das Einzige, was dieser Mann je geliebt hatte, war sein Traum gewesen, und für ihn hatte er seine ganze Familie … ihre ganze Familie geopfert.
    Jetzt war sie vierundzwanzig Jahre alt und hatte durch seine Schuld keinen Bruder und keine Eltern mehr.
    Sie stand vollkommen allein in der Welt.
    Und es brannte wie tobendes Feuer in ihr, dass sie ihrem Vater auf dem Totenbett versprochen hatte, seine Arbeit fortzuführen. Es war einer der wenigen schwachen Momente in ihrem Leben gewesen. Aber als sie ihn gesehen hatte, wie er da in seinem kalten Krankenhausbett gelegen hatte, ein zerbrechlicher und aufgewühlter Mann, und sich verzweifelt ans Leben klammerte – dieser Anblick hatte ihr das Herz zerrissen. Obwohl sie in den vergangenen acht Jahren kaum miteinander gesprochen hatten, hatte sie es nicht über sich gebracht, ihn zu verletzen, denn das Einzige, was er wollte, war ihre Vergebung, ehe er starb.
    Sie verzog den Mund und sah den Wellen zu, wie sie an die weiße Küste schlugen. »Atlantis entdecken, du liebe Güte. Ich werde mich nicht so zum Narren machen wie du, Vater. So dumm bin ich nicht.«
    »Dr. Kafieri?«
    Sie drehte sich um, als sie eine Stimme mit starkem griechischen Akzent hörte, und sah einen kleinen rundlichen Mann Mitte fünfzig, der sie anstarrte. Cosmo Tsiaris war ein Cousin ihres Vaters und ihr Familienanwalt hier in Griechenland. Cosmo war zum Schein Partner im Bergungsunternehmen ihres Vaters und maßgeblich daran beteiligt, Genehmigungen für Grabungen zu erhalten und Investoren für seine altmodische Suche zu finden.
    Obwohl sie Cosmo schon ihr ganzes Leben lang kannte, schauderte sie bei seiner Begrüßung. Kafieri war der Name ihres Vaters gewesen, den sie schon vor Jahren abgelegt hatte, nachdem all ihre Bewerbungen fürs College abgelehnt worden waren, obwohl sie die Aufnahmebedingungen mehr als erfüllte. Kein Institut, das etwas auf sich hielt, würde jemals eine Kafieri zu einem Studium der Klassischen Archäologie, der Antiken Geschichte oder der Anthropologie zulassen, aus Angst, seinen guten Ruf zu ruinieren. Deshalb benutzte sie den Mädchennamen ihrer Mutter, damit sie sich Glaubwürdigkeit und Ansehen bewahren konnte.
    Wie alle anderen aus ihrem engsten Familienkreis war auch ihre frühere Identität als Geary Kafieri in diesem Land umgekommen.
    »Ich bin Dr. Megeara Saatsakis.«
    Ein strahlendes Lächeln erhellte sein Gesicht. »Sie haben geheiratet!«
    »Nein«, sagte sie schlicht und sah zu, wie die Luft förmlich aus ihm entwich. »Ich habe meinen Namen vor acht Jahren gesetzlich ändern lassen, als ich in die USA zurückgegangen bin und mich von meinem Vater befreien wollte.«
    An Cosmos Gesicht konnte sie sehen, dass er ihre Argumentation nicht verstand, und es war ihr auch egal. Mit seiner patriarchalischen Denkweise würde er es sowieso nicht begreifen.
    Er runzelte die Stirn und sagte nichts, sondern hielt ihr eine kleine Schachtel hin. »Ich habe Eneas versprochen, dass nach seinem Tod seine Tochter das hier erhalten würde. Das wären doch immer noch Sie, oder?«
    »Ja«, sagte sie und ignorierte seinen Sarkasmus. Wer sonst würde dumm genug sein, sich zu einem Erzeuger zu bekennen, der sich so lächerlich gemacht hatte?
    Megeara zuckte bei diesem Gedanken zusammen. Sie hatte ihren Vater wirklich geliebt. Auch als seine Trauer und seine Forschungen ihm alles genommen hatten, sogar seine geistige und körperliche Gesundheit, auch dann hatte sie ihn noch immer geliebt. Aber wie hätte es anders sein sollen? Er war, als sie noch ein Kind gewesen war, ein liebevoller, fürsorglicher Vater. Erst als sie in die Pubertät gekommen war und anfing, seine Forschungen und seinen Eifer infrage zu stellen, hatten sie sich auseinandergelebt.
    »Atlantis ist Schwachsinn, Papa. Diese ganzen Forschungen sind Schwachsinn. Ich will nicht mehr auf diesem dämlichen Boot sein. Ich bin jung, und ich will Freunde haben. Ich will zur Schule gehen und normal sein. Du verschwendest unsere Zeit und
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