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Gassen der Nacht

Gassen der Nacht

Titel: Gassen der Nacht
Autoren: Jason Dark
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beißen und zerstückeln nicht.«
    »Das stimmt. Was sagen denn die Zeugen?«
    »Nichts. Oder so gut wie nichts.«
    »Also doch…«
    »Biegen Sie ab, John.«
    Das tat ich auch. Es war die Gasse, in der Walt Temple sein Geschäft hatte. Sie sah aus wie alle anderen. Umgeben von hohen Fassaden der grauen Häuser schien sie regelrecht unter der Last erdrückt zu werden. Die alten Straßenlaternen standen auf den schmalen Gehsteigen wie stumme Zeugen einer anderen Zeit.
    »Das Geschäft liegt auf der linken Seite. Sie werden es gleich sehen können, John.«
    »Verstanden. Aber wie war das mit den Zeugen?«
    »Ach so, ja.« Er räusperte sich und strich über sein Kinn. »Gesehen haben sie nichts.«
    »Sondern?«
    »Gehört.«
    Da war mir neu. »Schreie des Opfers?«
    »Nein, etwas anderes. Ein unheimlich klingendes Heulen. Als wäre ein Tier dabei, den Mond anzuschreien. Jetzt müssen Sie anhalten, John. Hier ist es.«
    Parkraum gab es genügend. Ich ließ den Rover ausrollen und dachte über die Antwort des Kollegen nach.
    Das Heulen ging mir nicht aus dem Sinn. Wenn es von mehreren Menschen gehört worden war, konnte es sich nicht um eine Einbildung handeln. Aber wer heulte so schrecklich und langgezogen? Ein Mensch sicherlich nicht. Ein Hund, eine Katze oder…
    Ich dachte einen Schritt weiter. Jeder normale Mensch hätte sich mit einem Tier zufrieden gegeben, aber nicht ich. Dazu waren meine Erfahrungen einfach zu weit gesteckt.
    Bestien, Dämonen, Geister, schreckliche Wesen aus den Schattenwelten, sie alle konnten dieses Heulen ausgestoßen haben. Hinzu kam, daß wir Vollmond hatten, und gerade diese runde Scheibe strahlte ein Licht ab, daß auf gewisse Kreaturen eine magische Anziehungskraft ausübte. Vampire, Werwölfe…
    Dabei blieb mein Gedanke hängen. Das Heulen, mitten in der Nacht. Langgezogen und schaurig, dann dieses Opfer, das deutete eigentlich nur auf einen Werwolf hin.
    »He, John, was ist los?« Ray Ralston lachte und wunderte sich über mein Gesicht, als ich ausstieg.
    »Ich denke nach.«
    »Und worüber?«
    »Später, Ray.« Ich schaute mich um.
    Unsere Ankunft war beobachtet worden. Diejenigen Typen, die sich uns vorsichtig näherten, sahen nicht gerade vertrauenerweckend aus. Da war vom Punker bis zum Penner alles vertreten.
    »He, Bulle, wieder zurück?«
    Ein gorillaähnlicher Typ sprach Ralston an. Er trug nur Unterhemd und Hose. Dafür steckten seine Füße in Schnürstiefeln.
    »Ja, wie ihr seht«, erwiderte Ralston.
    »Hast du das Schwein denn gefunden?«
    »Noch nicht.«
    »Dann kümmert euch mal darum. Meine Alte will friedlich Weihnachten feiern und keine Angst davor haben, daß ihr unter dem Tannenbaum jemand die Kehle durchschneidet.«
    Die anderen lachten. Ray und ich enthielten uns einer Reaktion. Für uns war es nicht lustig.
    Der Laden hatte auch ein Schaufenster. Die Scheibe war allerdings so schmutzig, daß man kaum hindurchschauen konnte. Die darin ausgestellten Gegenstände waren mehr zu ahnen als zu sehen. Die Haustür war offen. Ray ging vor und blieb in dem engen, muffig riechenden Flur stehen. Er schaute mich an, knetete dabei sein Kinn und deutete mit der einen Hand nach rechts. »Da hat der Tote gewohnt. Aber hier«, er drehte sich um und zeigte auf die andere Tür, »ist es passiert. In seinem Laden.«
    »Gut. Wo sollen wir hin?«
    »Ich hatte an die Wohnung gedacht.«
    »Na ja, Sie werden Ihre Gründe haben.«
    Ralston nickte heftig. »Und ob ich die habe, John, und ob.«
    »Aber gefunden wurde er in seinem Laden.«
    »Ja, vor einem Spiegel.«
    »Den sehen wir uns später an?«
    »Genau.«
    Mit einem Nachschlüssel öffnete der Kollege die Wohnungstür des Toten. Als er die Tür aufstieß, wehte uns ein alter, abgestandener Geruch entgegen.
    Wir landeten in einer kleinen Küche, in der die einzig modernen Gegenstände der Fernseher und ein Video-Recorder waren. Ansonsten konnte die Einrichtung gut als Trödel durchgehen. Eine weitere Tür führte in das Nebenzimmer. Ralston öffnete sie, stieß sie aber noch nicht auf, sondern drehte sich zu mir um. »Vor allem deshalb habe ich Sie kommen lassen.« Er machte es spannend, drückte die Tür nach innen und schaltete gleichzeitig das Licht an. »Treten Sie näher, John.«
    Ich tat ihm den Gefallen. Er ging zur Seite, gab mir den Blick frei, und ich blieb auf der Türschwelle stehen und war tatsächlich mehr als perplex. Was ich da sah, verschlug mir einfach die Sprache!
    Es war ein völlig normales Zimmer, wenn man von
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