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abgemurkst: Maggie Abendroth und das gefährliche Fischen im Trüben (German Edition)

abgemurkst: Maggie Abendroth und das gefährliche Fischen im Trüben (German Edition)

Titel: abgemurkst: Maggie Abendroth und das gefährliche Fischen im Trüben (German Edition)
Autoren: Minck
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01
    Nichts Böses ahnend, lümmelte ich am Nachmittag des 1. April in meinem privaten Flüchtlingslager, dem Haus von Kajo Kostnitz, herum. Ich lag auf der guten Couch, mit dem Rauchen von vielen Zigaretten, der Lösung von mehreren Kreuzworträtseln und der halbherzigen Anzeigen-Recherche nach einem neuen Job beschäftigt, als Winnie Blaschke, mein persönliches Polizeischlachtschiff, hereingeschneit kam und den folgenschweren Satz von sich gab: »Hör mal, Maggie, meine Oma hat doch einen Bandscheibenvorfall. Ihr Arzt hat sie überredet, ein paar Tage zur Kur zu fahren.«
    »Hm«, antwortete ich geistesabwesend, denn 41 senkrecht mit fünf Buchstaben – Auch ein an ihr erblindetes Geflügel findet ein Korn – brauchte meine ganze Aufmerksamkeit. Mein Kater, Dr. Thoma, lag auf meinem Bauch und hatte bei Winnies kleiner Ansprache noch nicht einmal den Kopf gehoben.
    »Ich finde, Oma braucht eine Begleitung. Ich hatte da an dich gedacht.«
    Er wird nicht aufhören zu reden, bis er eine Antwort bekommt, schließlich ist er Kriminalkommissar, dachte ich und legte das Rätselheft an die Seite. »Was, Winnie? Noch mal, bitte.«
    »Hallo, Maggie Abendroth. Meine Oma hat doch einen Bandscheibenvorfall, und ihr Arzt hat sie überredet, ein paar Tage zur Kur nach Bad Camberg zu fahren. Ich finde, Oma braucht eine Begleitung. Ich hatte da an dich gedacht«, leierte er seine kleine Ansprache wie ein Automat herunter. Ich war sicher, einen 1,98 Meter großen Aprilscherz vor mir zu haben und wähnte mich auf der sicheren Seite, als ich lächelte und sagte: »Natürlich, Winnie. Bad Camberg, der Nabel der Welt. Nichts, was ich lieber täte. Trinkkuren, Spaziergänge, erbauliche Rezitationsabende – ich schätze mal Kästner und Droste-Hülshoff – und ein Kurorchester aus sechs halbverhungerten Ostblockmusikern in fleckigen Anzügen spielt dazu die neuesten Hits von Zarah Leander.«
    »Na dann – abgemacht. Oma wird sich freuen. Ich ruf’ sie gleich mal an. Macht ja schließlich keinen Spaß, alleine durch die ›Hautevolaute‹ von Bad Camberg zu flanieren.« Er klappte sein Handy auf.
    »Halt, halt, stopp mal, Winnie. Das war doch jetzt nicht ernst gemeint mit der Kur, oder wie?«
    »Weil heute der 1. April ist?«
    »Hallooo …! Ich fahr’ doch nicht zur Kur! Bin ich meschugge?«
    »Ja, warum denn nicht?!«
    »Weil ich nicht alt und zittrig bin. Ich habe keine Gicht und kein Rheuma.«
    »Ach, sieh mal an! Weihnachten, was noch gar nicht so lange her ist, wärst du fast umgebracht worden. Du hast traumatische Situationen erlebt. Also, ich finde, du brauchst Erholung. Die Klinik ist für Psycho und Orthopädie. Und Oma zahlt. Besser geht’s doch gar nicht.« Vor Freude über das Überangebot therapeutischer Maßnahmen in Bad Camberg warf er beide Arme in die Luft. Der Kater war auch endlich wach und stemmte mir eine Pfote unters Kinn.
    »Aua, fahr die Krallen ein, Dickmops.« Der Kater gähnte, drehte sich einmal um und rollte sich wieder zusammen. »Und übrigens … ich bin nicht traumatisiert!«
    »Bist du wohl.«
    »Und ich brauche keine Kur.«
    Winnie steckte sein Handy ein und warf mit großer Geste seinen neuen, sandfarbenen Frühjahrs-Burberry auf die Couch. Dann setzte er sich mit elegantem Schwung an den Steinway Flügel, strich sich eine Strähne seines roten Haarschopfes aus dem Gesicht und schloss die Augen. Und das alles in einer einzigen, fließenden Bewegung. Ein sicheres Zeichen dafür, dass er sogleich mit der Psychofolter beginnen würde. Ich tippte auf All that Jazz. Das konnte ich locker aushalten. Stundenlang. Irgendwas aus Cats wäre schlimmer.
    Aber er spielte Too shy von Kajagoogoo.
    »Lass das!«, kreischte ich und fuhr von der Couch hoch. Dr. Thoma fauchte und machte einen Buckel, weil es ihn fast vom Sofa katapultiert hätte.
    Winnie lächelte breit, hob zwar mit großer Geste die Hände, ließ sie aber weiter drohend über den Tasten schweben – jederzeit bereit, die mir verhasste Melodie weiterzuspielen.
    »Ach, wir sind also nicht traumatisiert.«
    Er schaute mich mit seinem Lassie-will-uns-was-sagen-Blick an und spielte den Refrain, ohne hinzugucken, mit der linken Hand in Moll.
    »Woher weißt du das mit Kajagoogoo? Das ist gemein! Ich habe dir das nicht erzählt. Und es hat mit Weihnachten gar nichts zu tun. Das hat was mit meinem Ex zu tun, und das ist privat!«
    »Die Polizei hat so ihre geheimen Quellen, Frau Abendroth. Und ich habe nicht nur von einem Trauma gesprochen.«
    Endlich
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