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Gassen der Nacht

Gassen der Nacht

Titel: Gassen der Nacht
Autoren: Jason Dark
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mußte es herausgefetzt haben.
    Ich ging auf ihn zu.
    Er tat noch immer nichts. In seinem breiten Gesicht zuckte es. Noch nie hatte ich ihn so nahe vor mir gesehen. Das war kein echter Werwolf, die Metamorphose hatte auf halbem Weg gestoppt. Er gehörte zu den Kreaturen, bei denen das Menschliche noch überwog. Sein Atem dampfte. Ich roch ihn auch.
    Semerias stank nach altem Blut und Schmutz! Er war einfach widerlich, und ich befreite mich von dem Gedanken, es mit einem Menschen zu tun zu haben.
    Das war eine Bestie, die zwei fürchterliche Morde auf dem Gewissen hatte.
    »John, mach ihn fertig!« Ralston brüllte den Satz über die Gasse. Er hatte sich wahrscheinlich eine sichere Deckung ausgesucht. Aber so einfach, wie er dachte, würde es für mich nicht werden. Semerias schien zu wissen, wie tödlich die Scherbe in meinen Händen für ihn sein konnte, denn das Zucken seines Körpers mußte einfach einen Grund haben. Möglicherweise war es die Angst. Er wich zurück.
    Ich war so überrascht, daß ich es kaum fassen konnte und für einen Moment stehenblieb. Am liebsten hätte ich ihm die Spiegelscherbe entgegengeschleudert, aber sie war kein normales Schwert. Ich wußte nicht, ob ich überhaupt treffen würde. Wollte er fliehen?
    Meine Überraschung hatte er genutzt und war im Laden verschwunden. Dort hörte ich ihn poltern. Wahrscheinlich suchte er dort nach einer Waffe. Ich folgte ihm nicht sofort. In dem Geschäft hatte ich nicht die Bewegungsfreiheit, die ich mir wünschte.
    An der offenen Tür blieb ich stehen.
    Die Spiegelscherbe war verdammt schwer, ich mußte sie mit beiden Händen halten, und die Muskeln in meinen Oberarmen begannen sich bereits zu verkrampfen.
    Wo versteckte die Bestie sich? Möglichkeiten gab es genug, auch für eine Gestalt wie den Werwolf. Er brauchte sich nur zusammenzuducken und konnte sich dann in irgendeinen Winkel pressen. Ich trat einen zögernden Schritt vor. Dann sah ich den Spiegel, oder zumindest das, was von ihm noch übriggeblieben war. Der Rahmen, die Rückseite, aber keine glatte Fläche mehr. Sie war von mir zertrümmert worden. Die Reste des Spiegels bildeten vor dem Rahmen ein Muster aus blitzenden Scherbenstücken.
    Eine Bestie wie der Werwolf konnte vieles, nur eines schaffte sie nicht. Sie konnte sich nicht lautlos bewegen. Ich würde sie immer hören, wenn sie sich in diesem Kramladen voran bewegte und irgendwo gegenstieß. Dann hörte ich ihre Schritte.
    Zuerst glaubte ich an eine Täuschung, weil sie so dumpf klangen und gleichzeitig nachhallten.
    Bis mir einfiel, wohin sich die Bestie zurückzog. Sie schlich die Treppe nach oben!
    Ich spürte auf meinem Nacken eine Gänsehaut, weil ich sofort an die dort stehenden Figuren dachte. Es war möglicherweise nur Einbildung, aber es konnte durchaus sein, daß der Werwolf aus Atlantis Hilfe suchte bei den Wesen, die zu seiner Zeit gelebt hatten, obwohl ich mir das bei Kara nicht vorstellen konnte.
    Für mich jedenfalls gab es kein Zögern mehr, ich nahm sofort die Verfolgung auf.
    Glücklicherweise kannte ich mich aus. Ich erreichte die Treppe, ohne daß ich irgendwo gegenstieß. Als ich vor der unteren Stufe stehenblieb, sah ich seinen Fuß soeben noch jenseits der Luke verschwinden. Mit einer huschenden Bewegung wurde er hochgezogen.
    So leise wie möglich nahm ich die Verfolgung auf. Die schwere Spiegelscherbe behinderte mich zwar, aber sie war gleichzeitig meine Lebensversicherung, deshalb konnte ich sie nicht aus der Hand geben. Da ich mich nirgendwo abstützen konnte, schwankte ich beim Hochgehen von einer Seite zur anderen. Ich mußte damit rechnen, daß Semerias auf mich lauerte, war dementsprechend vorsichtig, kantete die Scherbe zur Seite und schob meinen Kopf hoch, um über den Rand der Luke hinwegschauen zu können.
    Nach vorn, nach links und nach rechts.
    Dazu kam es nicht mehr.
    Von der rechten Seite her jagte er heran. Ich hörte das Aufschlagen seiner harten Füße, dann sah ich den Schatten, der einen mörderischen Haßschrei entließ, und ich tat das einzige Richtige in meiner Situation. Ich wuchtete die Scherbe nach rechts und stemmte sie gleichzeitig schräg in die Höhe.
    Semerias befand sich schon im Sprung. Er konnte nicht mehr ausweichen. Ich stand auf zwei verschiedenen Stufen in einer schrägen Haltung und hatte mich so weit wie möglich aufgerichtet. Nur nicht das Gleichgewicht verlieren! Ich rammte die schwertartige Spiegelscherbe in die Höhe - und in den Körper der Bestie. Zwar hörte ich
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