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Gassen der Nacht

Gassen der Nacht

Titel: Gassen der Nacht
Autoren: Jason Dark
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und sagte: »Ja, das kann ich mir vorstellen.«
    Ein triumphierendes Lächeln huschte über die Lippen meines Kollegen.
    »Das habe ich mir gedacht.«
    »Schön, und weiter?«
    »Sie, John«, er beugte sich vor und senkte seine Stimme, »haben es mit Gegnern oder Feinden zu tun, die oft aus ganz anderen Welten stammen. Die eben so grausam sind, weil sie nicht zu den Menschen gehören. Liege ich da richtig?«
    »Könnte schon sein.«
    »Jetzt wissen Sie auch, auf was ich hinaus will.«
    Er überließ mir die Antwort. »Natürlich. Sie gehen davon aus, daß dieser Walt Temple von einem nicht menschlichen Wesen umgebracht wurde. Oder liege ich da falsch?«
    »Nein, das liegen Sie nicht.«
    »Weiter…«
    »Ich rechne sogar damit, daß es ein Dämon war. Ein Geist, eine Bestie, die irgendwo in dem Viertel lauert, in dem Temple seinen Laden gehabt hat. Davon gehe ich einfach aus, John.«
    »Einfach so?«
    »Nein.«
    »Was macht Sie dann so sicher, dies zu behaupten?«
    Er holte durch die Nase Luft. »Das kann ich Ihnen genau zeigen, wenn wir dort sind.«
    »Sie wollen mit mir zum Geschäft fahren?«
    »Ja, und das nicht nur zum Spaß. Es hat schon seine Gründe, John! Sie werden sehen.«
    »Wollen Sie mir keinen Tip geben?«
    »Das kann ich nicht. Ich habe meine Gründe. Sie sollen sich ein eigenes Bild davon machen können.«
    »Bitte, wann fahren wir?«
    »Sofort.«
    Ich stand auf.
    Es war besser, als in diesem Büro herumzusitzen, in dem es viel zu warm war. Der hohe Heizkörper strahlte diese Hitze ab, als wollte er eine Meisterschaft gewinnen.
    Ein Paternoster schaffte uns nach unten in die ehrwürdige alte Halle aus der Jugendstilzeit. Ich war mit meinem Rover gekommen und wollte auch mit ihm fahren.
    Der Kollege zeigte sich einverstanden. Wir rollten über den grau wirkenden Hof der Ausfahrt entgegen.
    Es war kalt geworden. Die Temperaturen schwankten um den Gefrierpunkt. Wenn es jetzt anfing zu regnen, würden die Wassertropfen zu Schneekristallen gefrieren.
    Weit war es nicht.
    Wir rollten durch eine nicht eben vorzeigbare Hafengegend. Aber in diesen Städten sah es wohl überall in der Welt gleich aus. Trist, manchmal vermodert, verfallen, mit dem typischen Geruch von Meer und abgestandenem Wasser.
    Wir gerieten an einem Fischmarkt in einen Verkehrsstau, hatten Mühe, uns einen Weg zu bahnen, weil Kunden und Händler ihre Waren ausgerechnet über die einzige Straße schleppen mußten. Ray Ralston qualmte eine Zigarette. Er hatte sie selbstgedreht, und der Rauch biß in meine Augen. Mein Kollege fluchte, hupte, ignorierte dabei Drohgebärden, und ich wollte wissen, ob es denn keinen anderen Weg gäbe.
    »Leider nein, fahren Sie geradeaus.«
    Irgendwann ging es weiter. Den großen Komplex der Lagerhallen ließen wir links liegen, aber die Häuser, die nun vor uns lagen, waren kaum weniger hoch.
    Alte Gebäude, regelrechte Mietskasernen, so daß die Gassen zwischen ihnen wie Schluchten wirkten.
    Breit waren sie nicht. Das Pflaster bestand aus Kopfsteinen, zeigte an manchen Stellen Löcher. Meinem Rover wurde so einiges abgefordert. Die Gegend lebte. Es gab Läden, Kneipen, Schnellimbisse. Hier wurde Trödel ebenso verkauft wie gebrauchte Kleidung. Aus den offenen Türen der Fischbuden quoll oft dichter Rauch und brachte den Geruch von ranzigem Öl mit.
    Ray Ralston bewies, daß er Humor hatte. »Kriegen Sie keinen Hunger, John?«
    Ich würgte leicht.
    »Der Kommentar reicht.« Er lachte. »Wohin jetzt?«
    »Nehmen Sie die nächste Straße links.«
    »Straße ist gut.«
    »Ja, es sind Gassen, mehr nicht. Aber das ist alles historisch gewachsen.«
    »Und wer lebt hier, Ray?«
    Ralston drückte seine Zigarette im Ascher aus. »Wer soll hier schon leben?« Er räusperte sich. »Das sind oft arme Schweine, die von der Stadtverwaltung vergessen worden sind. Ein Querschnitt der Bevölkerung, aber aus der unteren Hälfte. Gauner und Nutten sind natürlich auch dabei, aber die finden Sie auch in bevorzugten Lagen. Wir sind hier in Bristol und nicht in Bel Air von Los Angeles.«
    »Klar. Aber Sie würden keinem aus dieser Gegend einen derartig brutalen Mord zutrauen.«
    »Das ist es.«
    »Dann bleiben Sie auch bei Ihrer Theorie?«
    Ralston nickte heftig. »Da müssen andere Kräfte dran gedreht haben: Ich habe hin und her überlegt, aber ich bin zu keinem Ergebnis gelangt. Ich traue mir auch nicht zu, über die normalen Grenzen hinauszudenken. Da wir Vollmond haben, habe ich sogar an einen Vampir gedacht, aber Vampire
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