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Gartengeschichten

Gartengeschichten

Titel: Gartengeschichten
Autoren: Eva Demski
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und vielleicht auch Verzicht, denn so ein Wasserloch im Garten kann ziemlich viel Geld verschlucken. Aber Wasser macht den traurigsten Garten wieder schön und fröhlich, und im September haben Pflanzen, die drum herum gesetzt worden sind, auch noch genug Zeit zu wurzeln. Der Choleriker und seine Gefährtin werfen im Sommerherbst alle Bedenken über Bord.
    Karel Čapek rät zum Beispiel, man solle im September einen Steingarten anlegen, auch eine wunderbare Idee, zumal sich dann endlich die von irgendwelchen Reisen mitgeschleppten Erinnerungsbrocken nützlich machen können. Ein Steingarten sieht, wie übrigens auch ein Teich oder Brunnen, am Anfang scheußlich aus. Deswegen ist es auch wichtig, die Sache in einer angenehmen und bunten Jahreszeit in Angriff zu nehmen.
    Aber laßt den Mut nicht sinken: Im Laufe eines Jahres verwandeln sich die blanken Steine in das schönste Beet, auf dem zarte Blüten leuchten und weiche Blumenkissenwachsen; die Freude ist groß, deswegen rate ich euch, legt ein Alpinum an!
    So der gartenliebende Karel Čapek für den September.
    Viele fahren während dieser Jahreszeit in Urlaub, mit schlechtem Gewissen und nicht ohne einem oder mehreren Menschen den Garten anzuvertrauen. Die Erfahrung lehrt aber, daß das ganz schlecht ist. In irgendeiner Ferne wähnt man seinen Garten todesnah, der arme, alte Garten, er wird verdursten. Und was nicht verdurstet, ersäuft. Der verantwortliche Ersatzgärtner leidet indessen auch, weil er schon weiß, er wird nichts richtig machen. Die drei feriengeeigneten Monate sind für Gartenmenschen die ungeeignetsten. In ihnen werden Weichen gestellt, Entscheidungen getroffen, kurz, das Leben verändert. Das geht nicht irgendwo anders in fremden Gärten. Daß man sich in fremden Urlaubsgärten Anregungen holen kann, die dann dem heimischen nützen, halte ich für ein Gerücht.
    Es ist die Jahreszeit der Veränderung, der Vorbereitung, man braucht Mut und Selbstvertrauen. Nur nicht müde werden, das kommt früh genug. Und merkwürdig: Redet man über seine Pläne, kommt einem nicht wie sonst eine Flut guter Ratschläge entgegen, sondern höchstens nachdenkliche Zustimmung. Die sonst nichts als Antworten haben, lernen jetzt das Fragen. Ich selber natürlich auch, denn wenn man es recht bedenkt, sitzt man als Gartenmensch mit den anderen, wie fremd und albern und falsch informiert und instinktlos und brutal sie einem auch vorkommen mögen, im gleichen Boot. Sie wollen doch alle nur das eine, das Paradies. Und das will ich auch. Bis auf die seltenen Momente reiner Seligkeit, in denen ich sage: Ich hab’s doch schon.

Mein Garten
    »Il faut cultiver notre jardin.«
    Voltaire
    Sie haben recht, lieber Voltaire. Die Empfehlung, mit der Sie seit ein paar hundert Jahren Leser und Leserinnen aus Ihrem Candide entlassen, ist immer noch die beste: Bestellt euren Garten! Ich weiß: Wer Ihnen folgt, wird glücklich. An manchen Tagen auch unglücklich, sehr unglücklich sogar, aber niemals hoffnungslos. Wenn einem nämlich der Tod im Garten begegnet, findet man zuverlässig ein paar Meter weiter neues Leben, mit dem man nicht gerechnet hat.
    Zum Beispiel, wenn man den von Wühlmäusen entwurzelten Perückenstrauch aus dem Boden gezogen hat, widerstandslos, ein armer welker Leichnam, hört man angesichts einer Krötenlilie, die sich – wer weiß woher – daneben angesiedelt hat, sofort auf zu hadern. Erst jetzt kommt sie zur Geltung. Ohne den Mordfall hätten wir sie glatt übersehen.
    Bestellen wir also unseren Garten. Der meine ist, wie Karl Valentin gesagt hat, nicht groß, aber hoch. Gut, hoch ist jeder Garten, wenn er aber auch sehr groß ist, kommt man nicht zum In-die-Luft-Schauen. Ich mache also zwanzig Schritte nach Südwesten, dann zweiundzwanzig nach rechts, dann wieder zwanzig nach Nordosten, und in weniger als einer Minute könnte mein ganzes Latifundium mit dem steinernen Wasserbecken in der Mitte umschritten sein. Ist es aber nicht, weil es eine Menge zu sehen gibt, zum Beispiel die bunten Fische mit ihren schwarzen Jungen. Man muß zupfen, abknipsen, hochbinden, rausreißen, ins Haus rennen unddas Pflanzenbestimmungsbuch suchen, die blühende Glyzinie bewundern, die mir, ihrer Besitzerin, allerdings ihr kahles Untergestell zeigt, während der erste Stock gratis in einer Blüten- und Duftwolke sitzt.
    So werden aus winzigen Dimensionen unendliche, jeden Tag andere. Das wird es sein, was Valentin mit »hoch« meint. Und was es zu kultivieren gilt. Bestellen,
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