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Ganz oder gar nicht (German Edition)

Ganz oder gar nicht (German Edition)

Titel: Ganz oder gar nicht (German Edition)
Autoren: Martin Häusler , Lothar Matthäus
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tat das doppelt weh. Aber sollte ich meine Eltern anrufen wegen jeder Schlagzeile, egal ob wahr oder unwahr? Das Schlimme ist ja, dass für meine Eltern alles wahr ist, was in der Zeitung steht. Meine Eltern haben sich genauso wenig gemeldet wie meine Kinder. Meist kam die Sache erst Monate später zur Sprache, wenn wir uns mal wieder trafen. Ich bat sie, sich doch bitte zu melden, wenn ihnen etwas auf dem Herzen liegt. Es gibt für alles eine Erklärung. Wenn ich etwas verbockt hatte, dann habe ich das meinen Eltern gegenüber eingestanden. Aber ich habe ihnen auch versucht klarzumachen, dass diese Medien Auflage machen müssen. Und ich erklärte ihnen, wie wichtig mein Name für die Medien war, um genau diese Auflage zu machen.
    Meine Mutter hatte sicher viele schlaflose Nächte, und es gab genauso sicher viele unangenehme Momente für meine Kinder. Weil ich zu leichtfertig mit der Presse umgegangen bin. Weil Journalisten mit meinem Namen Schlagzeilen gemacht haben. Weil gewisse Ex-Frauen mit meinem Namen wieder in der Öffentlichkeit stehen wollten. Eine solche Berichterstattung ging ja nie nur gegen mich, sondern hatte immer Auswirkungen auf meine gesamte Familie. Heute glauben meine Kinder und meine Eltern nicht mehr alles, was in der Zeitung oder im Internet steht. Heute haben wir endlich diese Offenheit und tauschen uns jede Woche mindestens einmal aus.

MEIN LEBEN, EIN 4:2
    Vergleiche ich meine Ehen mit einem Fußballspiel, dann ist über siebzig bis achtzig Minuten eigentlich alles toll gelaufen. Ich habe stark angefangen, das Ergebnis gehalten und am Ende ein sicher geglaubtes Spiel doch noch verloren. Man hat den schnellsten Doppelpass gespielt, man hat die schönsten Flanken geschlagen, und plötzlich steht man mit leeren Händen da. Die Technik klappt nicht mehr, der Doppelpass geht schief, die Flanke kommt nicht mehr an, und dann verschießt man auch noch einen Elfmeter.
    Wäre mein Leben ein Fußballergebnis, dann würde ich durch meine Ehen im Rückstand liegen. Da sind aber eben auch die vielen positiven Momente, meine Kinder, die Freundschaften, die Begegnungen, die Trophäen als Ergebnisse meiner Arbeit, die Comebacks nach den schweren Verletzungen. Trotz der Schlagzeilen, trotz meiner Niederlagen stehe ich deshalb auf der Sonnenseite. Ich habe ganz sicher ein oder zwei Tore mehr geschossen, als ich bekommen habe. Daher denke ich, dass mein Leben ein turbulentes und unterhaltsames 4:2 sein könnte.
    Habe ich über dieses 4:2 den Sinn des Lebens erkannt? Noch nicht, würde ich sagen. Vielleicht aber mein Lebensthema: Gerechtigkeit. Was ist Gerechtigkeit? Ich weiß nicht, ob das, was ich tue, gerecht ist. Es ist ja meine Auslegung von Gerechtigkeit. Aber ich weiß, dass ich mich oft ungerecht behandelt gefühlt habe. Ich weiß, was man da spürt.
    Wahrscheinlich ist es dieser eine Moment aus meiner Kindheit, der nach wie vor da oben festhängt. Der Moment, in dem ich als einer der besten Spieler des Sichtungsturniers nicht in die Bayernauswahl berufen wurde – nur weil ich zu klein war. Zuletzt waren es meine gescheiterten Trainerstationen, die mir von der Presse in die Schuhe geschoben wurden, während andere mit ihrem Ego über Leichen gingen und damit durchkamen. Das Thema Gerechtigkeit scheint mir treu zu bleiben. Möglicherweise habe ich zu lernen, dass man Gerechtigkeit nicht über das definieren sollte, was man in diesem Leben für seine Verdienste zurückbekommt. Vielleicht sollte man die eigenen Verdienste daran messen, was sie in ihrem Moment mir und den Menschen an Freude bescherten.
    Sollten wir nicht, kurz bevor es zu Ende geht mit uns, auf etwas zurückblicken können, das uns Freude gemacht hat? Auf etwas, auf das wir stolz sein können? Bis jetzt kann ich sagen: Es hat Spaß gemacht, und ich bin stolz darauf.
    Vielleicht ist die letzte Sehnsucht, ist die Idee meiner Eltern, die auch in mir weitergärt, nämlich zur Ruhe zu kommen, ein letztes Mal zu heiraten, noch einmal Kinder in die Welt zu setzen, Enkelkinder zu bekommen, in den beschleunigten Zeiten von heute gar nicht mehr durchführbar. Ich weiß es nicht. Ich werde weiterkämpfen. Bis dahin genieße ich jeden Tag.
    Das tue ich gerade gemeinsam mit meiner neuen Liebe Joanna, die ich 2011 an meinem 50. Geburtstag kennenlernte. Mit Joanna ist es de facto ruhiger geworden. Sie ist eine Frau, die sich nicht irgendeine Art von Profit durch mich erhofft. Sie ist Dessous-Model und hatte sich bereits vor meiner Zeit mit Werbejobs den
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