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Galeeren in der Ostsee

Galeeren in der Ostsee

Titel: Galeeren in der Ostsee
Autoren: Alexander Kent
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Sie ›Sir Richard‹ sein, und auch daran werde ich mich gewöhnen!«
    Nun half ihm Allday in seinen langen Bootsmantel und sah zu, wie er sich den Dreispitz fest auf das schwarze Haar drückte.
    »Dies ist ein großer Augenblick, nicht wahr, Sir?« Er wiegte den Kopf. »Wir haben einen langen Weg zurückgelegt.«
    Bolitho sah ihn mit Wärme an. Allday fand stets das treffende Wort. Wann und wo auch immer, bei Sturm oder Flaute. In schwierigen Lagen und Todesgefahr: Allday war immer da. Bereit zu helfen, seinen Witz ebenso wie seinen Mut einzusetzen. Er war ein wirklicher Freund, wenn er es auch manchmal darauf anlegte, Bolitho zu reizen.
    »Aye. Irgendwie kommt es mir vor, als beginne alles noch einmal von vorne.«
    Bolitho betrachtete sich kurz im Wandspiegel neben dem Eingang, genau wie damals, als er als frisch gebackener Kommandant der Fregatte
Phalarope
hier herausgekommen war. Damals war er jünger gewesen als der jüngste Kommandant seines jetzigen Geschwaders.
    Er dachte plötzlich an das Landhaus, in dem er zu Besuch gewesen war, und erinnerte sich an eines der Dienstmädchen, ein hübsches Mädchen mit flachsblonden Haaren und schmucker Figur. Er hatte Allday mehrmals mit ihr zusammen gesehen, und der Gedanke beunruhigte ihn. Allday hatte sein Leben oft genug riskiert und Bolithos mehr als einmal gerettet. Nun ging es wieder hinaus, und Allday mußte wegen seiner hartnäckigen Anhänglichkeit mit.
    Bolitho spielte mit dem Gedanken, ihm eine Chance zu geben, ihn nach Falmouth zu schicken, wo er in Frieden leben, am Ufer Spazierengehen und mit anderen ehemaligen Seeleuten sein Bier trinken konnte. Allday hatte mehr als seine Pflicht für England getan. Es gab unzählige andere, die nie ihr Leben riskiert hatten, die nie bei Sturm oben in einem Mast herumgeklettert waren oder an den Kanonen gestanden hatten, wenn die Luft voll Eisen war.
    Er schaute in Alldays Gesicht und entschied sich anders. Es würde ihn verletzen und ärgern. Er selber hätte genauso empfunden. Bolitho sagte: »Manche Väter werden auf den Seemann scharf sein, der ihren Töchtern zu nahegetreten ist, nicht wahr, Allday?« Ihre Blicke trafen sich. Es war ein Spiel, das beide sehr gut beherrschten.
    Allday grinste. »Ganz meine Meinung, Sir. Es wird Zeit für eine kleine Veränderung.«
    Kapitän Thomas Herrick trat unter dem Überhang der Hütte hervor und blieb – die Hände auf dem Rücken verschränkt – stehen, um sich in dem feuchten kalten Wind, der die Decks übersprühte, wieder seelisch und körperlich an das Schiff zu gewöhnen.
    Der Vormittag war fast vorüber, und mit geübtem Blick sah Herrick, daß die Seeleute, die an Deck, auf den Laufbrücken oder oben auf den Rahen bei der Arbeit waren, sich langsamer als sonst bewegten. Sicher waren sie in Gedanken schon beim Mittagessen, bei ihrer RumRation, bei der kurzen Erholungspause, die sie mit ihren Kameraden in den vollgefüllten unteren Decks verbringen würden.
    Herrick ließ seinen Blick über das breite Achterdeck schweifen, über den stocksteif dastehenden Midshipman der Wache, der sich der Anwesenheit seines Kommandanten offenbar bewußt war, über die sauber ausgerichteten Kanonen, überall hin. Er hatte sich noch immer nicht an das neue Schiff gewöhnt. Sein altes Schiff, die
Lysander,
74 Kanonen, hatte er nach vielen Monaten ununterbrochenen Dienstes heimgebracht. Die Jahre, Sturmschäden und schwere Wunden aus vielen Gefechten hatten ihre tiefen Spuren in dem alten Schiff hinterlassen. Herrick war nicht überrascht gewesen, als er den Befehl erhielt, seine Besatzung auszuzahlen und seine
Lysander
bei der Marinewerft abzuliefern. Er hatte viel erlebt und durchgemacht auf diesem Schiff, und bei vielen Gelegenheiten hatte er auch etwas über sich selber dabei gelernt, über seine Möglichkeiten und seine Grenzen. Als Flaggkapitän von Kommodore Richard Bolitho hatte er mehr Arten der Pflichterfüllung kennengelernt, als er für möglich gehalten hatte.
    Die
Lysander
würde nie wieder in einer Schlachtlinie stehen. Zu viele Beschädigungen hatten ihren Tribut gefordert, aber ihre vielen Dienstjahre würden wahrscheinlich ohne Lohn bleiben. Sie mochte ihre Tage als Vorratsschiff oder – schlimmer noch – als schwimmendes Gefängnis beenden.
    Ihre Besatzung war nun über die ganze Flotte verteilt und stillte den nie endenden Bedarf an guten Leuten. Herrick hatte es vorausgesehen und sich mehr als einmal gefragt, wie seine eigene Zukunft wohl aussehen werde. Zu seiner
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