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Galeeren in der Ostsee

Galeeren in der Ostsee

Titel: Galeeren in der Ostsee
Autoren: Alexander Kent
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gedient. Er hatte als Unterleutnant angefangen und war dann, durch Beförderung oder Tod seiner Vorgesetzten, zum Vierten Offizier aufgestiegen. Jetzt, als Dritter Offizier der
Benbow,
war er immer noch sehr jung, gerade zwanzig. Innerlich war er hin und hergerissen zwischen dem Wunsch, bei Richard Bolitho zu bleiben oder sich auf ein kleineres, unabhängiges Schiff, eine Fregatte oder Korvette, versetzen zu lassen.
    Herrick beobachtete ihn und erriet, was Pascoe dachte.
    Ein gutaussehender Junge, dachte er selbst, schlank und sehr dunkel, Bolitho ähnlich, mit der Unruhe eines noch nicht eingerittenen Jungpferdes. Sein Vater, wenn er noch lebte, wäre stolz auf ihn gewesen. Pascoe sagte: »Ich gehe jetzt lieber zu meiner Division, Sir. Ich möchte nicht, daß heute was schiefläuft.« Er verbeugte sich leicht zu der Dame hin. »Wenn Sie mich bitte entschuldigen wollen, Ma’am.«
    Allein mit seiner Frau, sagte Herrick nachdenklich: »Ich mache mir manchmal Sorgen um ihn. Er ist noch ein Knabe und hat doch schon mehr Blutvergießen und Scheußlichkeiten gesehen als die meisten in diesem Geschwader.«
    Sie antwortete: »Wir sprachen gerade über seinen Onkel. Er hält sehr viel von ihm.«
    Herrick ging hinter ihrem Stuhl vorbei und legte ihr die Hand auf die Schulter. ›Großer Gott, ich muß dich bald verlassen‹, dachte er. Laut sagte er: »Die Wertschätzung ist gegenseitig, Liebste. Aber im Krieg hat ein Offizier des Königs seine Pflichten.«
    Sie griff nach seiner Hand und drückte sie gegen ihre Wange.
    »Unsinn, Thomas! Du sprichst mit mir und nicht mit einem deiner Seeleute!«
    Er beugte sich über sie und fühlte sich zur gleichen Zeit unbeholfen und als ihr Beschützer. »Du wirst gut auf dich aufpassen, wenn wir fort sind, nicht wahr, Dulcie?«
    Sie nickte kräftig. »Ich gebe auf alles acht. Und ich sehe auch darauf, daß deine Schwester bis zu ihrer Hochzeit mit allem versorgt ist. Wir werden bis zu deiner Rückkehr eine Menge zu besprechen haben.« Sie stockte. »Wann mag das sein?«
    Durch sein neues Kommando und seine unerwartete Heirat hatte Herrick den Kopf so voll gehabt, daß er kaum weiter über den Tag hinaus gedacht hatte, an dem er sein Schiff von Plymouth nach Spithead zum Treffpunkt mit dem übrigen Geschwader bringen sollte.
    »Es geht nordwärts, glaube ich. Mag ein paar Monate dauern.« Liebevoll drückte er ihre Hand. »Keine Angst, Dulcie, mit der Flagge unseres Dick im Masttopp sind wir in guter Hut.«
    Eine Stimme gellte über ihnen: »Klar Deck überall! Ehrenwache antreten!«
    Pfiffe und Kommandolaute schrillten durch die Decks, und Füße stampften über Holzplanken, als die Seesoldaten nach oben stürzten und sich an der Fallreepspforte aufstellten.
    Es klopfte kräftig an die Tür, und Midshipman Aggett meldete atemlos, während seine vom Wind geröteten Augen sich auf das halb aufgegessene Stück Kuchen auf dem Tisch richteten: »Meldung vom Ersten Offizier, Sir: Das Admiralsboot hat eben von der Pier abgelegt.«
    »Sehr gut, ich komme.«
    Herrick wartete, bis der Junge gegangen war. »Gleich werden wir mehr wissen, Liebste.«
    Er nahm seinen Säbel aus der Wandhalterung und befestigte ihn am Gürtel. Dann stand er auf und marschierte durch die Kajüte, wobei er das Halstuch und seinen Rock mit den weißen Aufschlägen zurechtzupfte.
    »Thomas, Liebster, ich bin stolz auf dich.«
    Herrick war kein großer Mann, aber als er jetzt die Kajüte verließ, um seinen Admiral zu empfangen, fühlte er sich wie ein Gigant.
    Richard Bolitho saß kerzengerade auf dem Hecksitz seines Admiralsbootes und beobachtete die vor Anker liegenden Schiffe, die mit jedem Schlag der Riemen näher kamen, ohne daß er sich bewußt wurde, was jetzt auf seinem Flaggschiff oder gar auf dem übrigen Geschwader vorging.
    Als er in das Boot eingestiegen war, hatte er unter den Kuttergästen einige seiner alten Leute von der
Lysander
wiedererkannt. Für sie ging es jetzt abermals hinaus, wahrscheinlich hatten sie in der Zwischenzeit nicht einmal Familie und Heimat gesehen.
    Allday saß dicht neben Bolitho und beobachtete aufmerksam, wie die weiß gemalten Riemen sich hoben und senkten wie blankpolierte Spinnenbeine. Ein Leutnant führte das Kommando im Boot, der jüngste Offizier der
Benbow,
und er fühlte sich unter Alldays kritischem Blick ebenso unbehaglich wie wegen der Anwesenheit des Admirals. Bolitho war fest in seinen Bootsmantel eingewickelt, der sogar noch seinen Hut umhüllte, damit er nicht über
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