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Galeeren in der Ostsee

Galeeren in der Ostsee

Titel: Galeeren in der Ostsee
Autoren: Alexander Kent
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wie jedesmal – innerlich bewegt, daß das Haus auf irgend etwas zu warten schien. Mehrmals hatte er im Schlafzimmer vor ihrem Porträt gestanden. Er hatte ihre Stimme vernommen, ihr Lachen gehört. Und er hatte sich nach dem Mädchen gesehnt, das er geheiratet und kurz darauf durch einen tragischen Unfall verloren hatte: Cheney. Er hatte ihren Namen ausgesprochen, als ob er ihr Bild damit lebendig machen könnte. Und als er weggegangen war, um nach London zu fahren, hatte er sich in der Tür noch einmal umgedreht, um ein letztes Mal ihr Gesicht zu sehen: ihre meergrünen Augen, die der See unterhalb von Pendennis Castle glichen, ihr wehendes Haar, das die Farbe junger Kastanien hatte. Und es war, als hätte auch sie ihm nachgeschaut.
    Er schüttelte die wehmütigen Gedanken ab und erinnerte sich des einzigen erfreulichen Erlebnisses während dieser Tage, als Herrick mit seiner alten
Lysander
nach England zurückgekehrt war. Herrick hatte, ohne lange zu zögern, die Witwe Dulcie Boswell geheiratet, die er am Mittelmeer kennengelernt hatte.
    Bolitho hatte die Reise zu der kleinen normannischen Kirche am Wege nach Canterbury bereitwillig unternommen. Die Kirchenbänke waren mit Herricks Freunden und Nachbarn gefüllt gewesen, dazwischen leuchtete viel Blau und Weiß von den Uniformen seiner Marinekameraden.
    Bolitho hatte sich irgendwie ausgeschlossen gefühlt; dies Gefühl lastete noch schwerer auf ihm, als er sich seiner eigenen Hochzeit in Falmouth erinnerte, bei der Herrick sein Trauzeuge gewesen war.
    Als die Kirchenglocken zu läuten begannen, als Herrick sich vom Altar abwandte und – die Hand seiner Braut auf dem goldbestickten Ärmelaufschlag – dem Ausgang zuschritt, war er bei Bolitho kurz stehengeblieben und hatte schlicht gesagt: »Daß Sie hier sind, hat diesen Tag für mich vollkommen gemacht.«
    Nun drängte sich Beauchamps Stimme wieder dazwischen. »Ich hätte gerne noch mit Ihnen gegessen, aber ich muß mit dem Hafenadmiral reden. Außerdem haben auch Sie sicher noch viel zu tun. Ich bin Ihnen aus vielen Gründen zu Dank verpflichtet, Bolitho.« Dabei zog ein scheues Lächeln über sein Gesicht.
    »Nicht zuletzt dafür, daß Sie meinen Vorschlag für Ihren Flaggleutnant angenommen haben. Ich bin seiner hier in London etwas überdrüssig.«
    Bolitho dachte, daß es wohl noch einige Gründe mehr für diese Bitte gegeben hatte, aber er äußerte sich nicht dazu. Stattdessen sagte er: »Ich verabschiede mich also, Sir. Und vielen Dank, daß Sie mich gerufen haben.« Beauchamp antwortete nur mit einem Achselzucken. Es schien, als koste ihn schon das eine physische Anstrengung. »Es war das mindeste, was ich für Sie tun konnte. Sie kennen Ihre Befehle. Wir haben Ihnen keine bequeme Seereise ausgesucht, aber dafür hätten Sie sich auch kaum bedankt, eh?« Er lachte in sich hinein. »Halten Sie die Augen offen, es könnte Verdruß geben.« Damit sah er Bolitho fest an. »Mehr sage ich nicht. Aber Ihre Taten, Ihre Auszeichnungen, so wohlverdient sie waren, haben Ihnen auch einige Feinde gemacht. Ich warne Sie.« Er streckte die Hand aus. »Nun hinaus mit Ihnen, und beherzigen Sie, was ich gesagt habe.«
    Bolitho verließ den Raum und ging an einer ganzen Reihe Leute vorbei, die daraufwarteten, bei dem grimmigen kleinen Admiral vorgelassen zu werden, um sich Rat zu holen, Unterstützung zu erbitten oder auch nur, um neue Hoffnung zu schöpfen.
    Am Fuß der Treppe, nahe einer überfüllten Kaffeestube, wartete Allday auf ihn. Wie immer. Er würde sich nie ändern. Mit demselben breiten Grinsen auf dem biederen Gesicht, wie stets, wenn er vergnügt war. Er hatte etwas zugenommen in letzter Zeit, dachte Bolitho, aber er stand wie ein Fels. Bolitho lachte in sich hinein. In jedem anderen Fall hätte der Hausdiener einen einfachen Bootssteurer nach hinten in die Küche oder – wahrscheinlicher noch – in die Kälte hinausgeschickt. Nicht jedoch Allday. Der sah in seinem blauen Rock mit den vergoldeten Knöpfen, den neuen Kniebundhosen und blanken Lederstiefeln Zoll für Zoll wie der Bootssteurer eines Admirals aus.
    Allday hatte drei Jahre gebraucht, um sich an die Anrede ›Sir‹ zu gewöhnen. Vorher hatte er Bolitho einfach mit ›Captain‹ angeredet.
    Nun mußte er sich an einen Konteradmiral gewöhnen. Erst am Mo rgen, als sie vom Hause eines Freundes, bei dem Bolitho ein paar Tage zu Besuch gewesen war, nach Portsmouth aufgebrochen waren, hatte Allday fröhlich gesagt: »Macht nichts, Sir. Bald werden
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