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Gaelen Foley - Knight 01

Gaelen Foley - Knight 01

Titel: Gaelen Foley - Knight 01
Autoren: Die schöne Kurtisane
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Retter war immer noch nichts zu sehen. Nachdem sie ihre Orangen verkauft hatte, wurde es Zeit fin- den täglichen Besuch bei Papa im Fleet-Gefängnis, der dort

wegen seiner gut dreitausend Pfund Schulden seit Weihnach- ten einsaß. Bis zu dem großen Ziegelbau an der Faringdon Street war es ein langer, kalter Weg, und mit jedem Schritt machten Bel die Löcher in ihren dünnen Halbschuhen mehr zu schaffen. Unterwegs träumte sie von dem gemütlichen, rosen- überwucherten Cottage, in dem sie in Kelmscot gewohnt hat- te, einem hübschen Dörfchen, ein paar Meilen außerhalb Ox- fords an der Themse gelegen.
    Ihr Vater war ein Gentleman und Gelehrter und ein ziemli- cher Exzentriker. Am liebsten verbrachte Alfred Hamilton sei- ne Tage damit, seine geliebten alten Manuskripte zu studieren oder die Bodleian-Bibliothek an der Universität von Oxford zu besuchen. Papa und sie hatten ein ruhiges, beschauliches Le- ben geführt, und dann war Dolph über sie hereingebrochen und hatte Papas Gläubiger dazu gebracht, ihren Vater wegen seiner Schulden zu belangen. In solchen Dingen war ihr Papa immer ein wenig vergesslich. Bel hatte sich um die Finanzen gekümmert, doch hatte ihr Vater wie ein schuldbewusstes Kind vor ihr verborgen, wie sehr er die Mittel der Familie mit seiner Leidenschaft für alte Manuskripte strapaziert hatte. Er hatte einfach keinem illuminierten Werk widerstehen können, das seinen Pfad kreuzte, und so war er im Schuldgefängnis gelan- det.
    Hastig war Bel nach London gereist, um in seiner Nähe sein zu können, und hatte eine Stelle in Mrs. Halls vornehmem Pen- sionat angenommen in der Hoffnung, ihre Schwierigkeiten da- durch in den Griff zu bekommen, doch dann hatte Dolph dafür gesorgt, dass sie entlassen worden war. Völlig hilflos sollte sie dastehen, bis ihr nichts anderes übrig blieb, als sich an ihn zu wenden. Sie schüttelte den Kopf. Dazu würde es nie kommen. Als vor ihr die hohen Mauern des Schuldgefängnisses auf- tauchten, wurde sie nervös. In Gedanken ging sie noch einmal durch, was sie zum Aufseher sagen wollte, damit er ihr einen vierzehntägigen Zahlungsaufschub gewährte, denn vorher konnte sie die Gebühren für die Einzelzelle ihres Vaters nicht aufbringen.
    Realistisch gesehen, waren ihre Chancen gering, dass sich der schwerfällige Mann von ihren Bitten erweichen ließ. Dem Aufseher des Fleet-Gefängnisses waren menschliche Regun- gen wohl eher fremd – wie sie gehört hatte, war er viele Jahre Gefängnisaufseher in der Strafkolonie von New South Wales

gewesen und entsprechend abgehärtet. Sogar Frauengefäng- nissen hatte er schon vorgestanden, so dass sie von ihm auch keinerlei Ritterlichkeit erwarten konnte, wie sie ihr als Dame eigentlich gebührt hätte.
    Die Schließer und Wachen kannten sie von ihren täglichen Besuchen. Einer von ihnen führte sie durch den langen Flur. Als sie zum Büro des Aufsehers kamen, hörte sie, wie er einen seiner Untergebenen routiniert herunterputzte. Sie zitterte bei dem Gedanken, einen solchen Mann um Gnade anflehen zu müssen.
    Als der Wärter sie am Büro vorbeieskortierte, fiel der Blick des Aufsehers auf sie. Seine Augen waren farblos und ohne je- des Gefühl. Er stand hinter seinem Schreibtisch, ein muskulö- ser Mann mit lederbraun gegerbter Haut. Von der Stirn bis zu seinem Kinn verlief eine weißlich rosa Narbe. An seinem Gür- tel hingen Pistole und Knüppel sowie ein klirrender Schlüssel- ring. Der Mann nickte ihr zu, als sie vorüberging, und dann spürte sie, wie er ihr nachschaute.
    Sie schauderte, als der Wärter sie zur Zelle ihres Vaters brachte, obwohl sie den Weg doch inzwischen längst kannte. Als sie an der massiven Holztür ankamen, gab sie dem Wärter müde den erforderlichen Obolus. Der steckte die Münze mit ei- nem schmierigen Grinsen ein und schloss die Zelle für sie auf. Als sie eintrat, saß ihr Vater Alfred Hamilton – Träumer, Gei- genspieler, Gelehrter – ganz in Gedanken versunken über ei- nem der kostbaren Manuskripte, die ihn ins Schuldgefängnis gebracht hatten. Auf der Nasenspitze thronte seine runde Bril- le. Wirr quoll ihm das schneeweiße Haar unter dem gehebten Samtfez hervor.
    „Hallo?“ rief sie amüsiert.
    Überrascht sah er auf, als er so plötzlich in die Gegenwart zurückgerufen wurde. Dann breitete sich ein Lächeln auf sei- nem faltigen, rosigen Gesicht aus.
    „Welches Licht bricht durchs ferne Fenster? Oh, es ist Linda- Bel!“
    „Ach, Papa.“ Sie trat ein und umarmte ihn. Er nannte
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