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Gabe der Jungfrau

Gabe der Jungfrau

Titel: Gabe der Jungfrau
Autoren: D Zinßmeister
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erleichtert dem Burschen in den Weg. Freudig blickte Hauser auf und erstarrte im selben Moment, als er in die augen eines Landsknechts schaute.

    Peter sah hinauf zum Mond und wusste, dass es Zeit war, Matthias’ Leichnam aus der Erde zu holen. Regentropfen vermischten sich mit seinen Tränen.
    Mit bloßen Händen schaufelte Peter die Erde fort und spürte keinen Schmerz, obwohl er sich die Haut von den Fingerkuppen rieb und die Fingernägel tief einrissen. Keuchend zog er
seinen Bruder an den Beinen aus dem feuchten Loch und lehnte sich erschöpft mit der Leiche im arm an einen Baumstamm.
    Immer wieder wischte Peter den Moder von Matthias’ Stirn, dann drückte er dem Toten einen Kuss auf die fahle Haut. Peter verfluchte seinen Vater, er verfluchte Müntzer, und er verfluchte diesen gottverdammten aufstand.
    Warum musste Matthias für das Unrecht, das im Reich herrschte, sein Leben lassen? Warum musste er sterben? »Bist du nun zufrieden, Vater?«, hätte er am liebsten in die Nacht hinausgeschrien. Weinend presste er seine Wange gegen Matthias’ Stirn.
    Als er ein Pferd schnauben hörte, blickte er angestrengt in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war. In diesem augenblick trat seine Schwester anna Maria zwischen den Bäumen hervor, und Peter glaubte den Verstand zu verlieren. Erst als sie zu ihm sprach und er ihre Stimme hörte, wusste Peter, dass sie leibhaftig vor ihm stand. Weinend fielen die Geschwister sich in die arme.
    »Matthias!«, flüsterte Peter heiser und zeigte auf den Toten.
    »Ich weiß!«, sagte anna Maria und strich ihrem älteren Bruder liebvoll über die tränennasse Wange. Traurig blickte sie auf ihren toten Bruder hinunter und setzte sich zu ihm auf den Waldboden.
    Sie berührte behutsam Matthias’ steife kalte Finger und streichelte zart darüber. Ihr Weinen war stumm, nur ihr Körper zuckte merklich bei jedem Schluchzen.
    Mittlerweile waren auch Hauser, Friedrich und Veit hinzugetreten. argwöhnisch blickte Peter Veit an, als Hauser flüsterte: »Er ist ein Freund deiner Schwester.«
    Peter setzte sich zu anna Maria auf den Boden, und wie früher legte sie ihren Kopf an seine Schulter. Leise erzählte er ihr von dem Kampf und Matthias’ Tod. Erst als Hauser zur Eile mahnte, erhoben sich die Geschwister.

    »Anna Maria«, sagte Peter, »Matthias und ich haben uns geschworen …«
    »Ich weiß!«, unterbrach sie ihn. »Deine Freunde haben es mir erzählt.«
    Ängstlich blickte Peter seine Schwester an.
    »Auch mich hat Matthias gebeten, dass wir ihn nach Hause bringen, als er im Traum von mir abschied nahm.«
    Erleichtert wandte sich Peter Friedrich zu. »Hast du alles auftreiben können?« Dabei starrte er jedoch Veit an. an seine Schwester gewandt fragte er dann: »Wer ist er?«
    Nur kurz huschte ein feines Lächeln über ihr Gesicht. »Ohne ihn hätte ich euch niemals gefunden!«
    Peter nickte Veit stumm zu und wandte sich erneut an Friedrich: »Wo hast du das Fuhrwerk versteckt?«
    »Es steht hinter der nächsten Baumreihe.«
    Peter ging hinter Friedrich her, und als er Wagen und Pferd sah, war er zufrieden. Wie besprochen hatte sein Freund eine große Wanne mitgebracht, die bis zum Rand mit Salz gefüllt war. Darin eingebettet wollten sie den Toten nach Mehlbach bringen.
     
    Als Peter, Hauser und Friedrich den steifen Körper in die Regenbogenfahne einwickeln wollten, gab Veit zu bedenken: »Der Leib muss nackt auf dem Salz gelagert werden. Nur so …« Er verstummte, als er anna Marias entsetzten Blicks gewahr wurde. Sie presste die Hände vors Gesicht und unterdrückte nur mit Mühe einen Schrei. Hilflos trat Veit zu ihr und umarmte sie.
    Peter schloss die augen, denn er wusste ebenso wie Friedrich und Hauser, dass Veit Recht hatte.
    Anna Maria küsste ihren toten Bruder ein letztes Mal auf die Stirn, dann verschwand sie zwischen den Bäumen.
     
    Die Männer betteten den nackten Leichnam in der Wanne, in der man üblicherweise geschlachtete Schweine abbrühte, auf
Salz. Nachdem Matthias’ Körper vollständig mit den weißen Körnern bedeckt war, legten sie Äste darüber, sodass niemand eine Leiche darunter vermuten würde.

    Veit war ihnen unterwegs von großer Hilfe. allein auf dem Weg von Frankenhausen nach Mühlhausen wurden sie zweimal von einer Horde Landsknechte aufgehalten, die ihnen argwöhnisch Fragen stellten. Mutig trat Veit ihnen entgegen, und es gelang ihm, sie mit den Namen der Feldherrn, denen er gedient hatte, einzuschüchtern.
     
    Peter lenkte das
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