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Fyrgar - Volk Des Feuers

Fyrgar - Volk Des Feuers

Titel: Fyrgar - Volk Des Feuers
Autoren: Uschi Zietsch
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Früher oder später erfuhren sie alles. Und sie würden ebenso alles bewahren.
    Efrynn hatte ab und zu davon gesprochen, wenigstens einmal das ganze Gebirge zu durchwandern, um mit eigenen Augen zu sehen, was er nur vom Hörensagen wusste. Seine Eltern waren über dieses Ansinnen entsetzt gewesen. Fyrgar wanderten nicht, sie blieben und bewahrten, beobachteten und lauschten, ließen das Wissen zu sich kommen. Sie versuchten, den Göttern so nah zu sein wie möglich, vor allem Lúvenor, dem Schöpfergott und Beschützer der Alten Völker, zu denen auch die Fyrgar gehörten.
    Aldavinur hatte den Jungen streng ermahnt, doch wie konnte er einen solchen Forscherdrang ausmerzen? Das war unmöglich. Deshalb nahm er Efrynn jetzt mit, das heutige Abenteuer würde ihn wieder für einige Zeit zufrieden stellen, bevor er von neuer Ruhelosigkeit erfüllt würde. Und Efrynn, das stolze Kind, musste Erfahrungen sammeln, um zu erkennen, wie falsch sein Streben war.
    Es gab Fyrgar, die ebenso ruhelos waren wie der Junge. In früheren Zeiten war es immer wieder vorgekommen, dass der eine oder andere nach dem Gang durch das Feuer auf die Dritte Stufe die Berge verließ, um im Tiefland seine Dienste anzubieten. Dort unten nannte man diese sterblich gewordenen Fyrgar ehrfürchtig »die Flammenritter«, weil sie den Umgang mit dem Schwert in Vollendung beherrschten, doch bei ihrem eigenen Volk galten sie als Narren und vor allem als blutgierige Söldner. Man sprach nicht über sie. Die letzten Fyrgar waren wohl vor tausend Jahren gegangen, aber Aldavinur hatte keinen von ihnen gekannt. Sie hatten ziemlich weit entfernt in den westlichen Ausläufern des Gebirges gelebt. Er hatte sich nicht darum gekümmert; wenn jemand gehen wollte, dann war es dessen freie Entscheidung. Er urteilte auch nicht über diese so genannten »Abtrünnigen«, über die der Rat sich empörte.
    Andererseits konnte er die Besorgnis durchaus verstehen, dass solches Verhalten eines Tages zu Verwicklungen führen konnte, wenn dadurch etwa die Lebensweise der Fyrgar bekannt würde oder wenn sich mehrere Tiefländer auf den Weg zu ihnen herauf machen würden. Ab und zu kam das zwar vor, aber es waren immer nur Einzelne, die den Pfad der Erleuchtung betreten wollten oder nach Erlösung suchten, und keiner von ihnen kehrte wieder zurück.
    Aldavinurs erste Vermutung, nachdem er den Schrei gehört hatte, war deshalb, dass es sich um einen solchen ungeladenen Besucher handelte, dem etwas zugestoßen war. Vielleicht hing dies auch mit den Stürmen der letzten Zeit zusammen, die immer aus Westen kamen ...
    Er drehte den Kopf und wies neben sich auf einen schmalen Vorsprung, eine halbe Sprunglänge entfernt. »Hier.«
    Efrynn zögerte; einen solchen Sprung hatte er noch nie gewagt - kopfunter an einer Steilwand hängend, und aus dieser Lage über eine tiefe, stürmische Kluft hinweg. Er presste die Beine zusammen, Aldavinur sah die Anspannung der Muskeln, die sich durch das Schuppenkleid abzeichneten.
    Ich nehme meine Verantwortung also ernst, dachte er. Und was mache ich, wenn er jetzt abstürzt?
    Doch Efrynn war gut ausgebildet. Seine Augen funkelten, seine Miene drückte Stolz aus über die Herausforderung. Es spornte ihn an, dass sein Lehrmeister so viel Vertrauen in ihn setzte. Er stieß sich ab, flog gestreckt durch die Aufwinde hindurch und landete mit traumwandlerischer Sicherheit auf dem schmalen Sims. Doch bevor er strahlend seinen Triumph verkünden konnte, glitten seine Hinterbeine ab, und er verlor den Halt. Sofort schlug er die Krallen ins Gestein, schnappte mit den kräftigen Reißzähnen nach einem Zacken und hielt sich fest, während sein Körper frei in der Luft pendelte. Dann fanden seine rudernden und strampelnden Hinterbeine wieder Halt, er krallte sich fest und kletterte langsam hoch, bis er wieder einen sicheren Stand hatte.
    »Huuu«, machte er und blickte verwirrt drein. Verlegen sah er zu seinem Meister herüber, der ihn unverwandt beobachtete und missbilligend den Kopf schüttelte. Nicht zum ersten Mal, dass er so unaufmerksam war, doch vielleicht war es ihm jetzt, wo er beinahe in viele Klafter Tiefe gestürzt wäre, endlich eine Lehre.
    Bevor Efrynn etwas sagen konnte, setzte Aldavinur den Weg fort. Es gab scharfe Kanten und Hohlräume zu überwinden, bevor sie festeres Gestein und ebeneren Grund erreichten, und es war nicht gut, hier zu lange zu verweilen. Der Wind raste heulend durch die Felspfeifen, das Harfenspiel der dünnen Kanten und Zacken
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