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Fynia - wo die Schafe sterben gehen (Fantasy-Roman) (German Edition)

Fynia - wo die Schafe sterben gehen (Fantasy-Roman) (German Edition)

Titel: Fynia - wo die Schafe sterben gehen (Fantasy-Roman) (German Edition)
Autoren: Anna Fricke
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ihrem Rücken geschlossen. Sie räusperte sich, hob das Blatt zwischen uns, sah mich über den Rand ihrer hauchdünnen Brille hinweg an.
    „Hallo Fynia.“ Mama las direkt und ohne Umschweife von dem Blatt ab.
    „Ich habe wirklich lange auf deine Vision gewartet und ich weiß, dass du auch ganz unruhig deswegen bist. Aber letzte Nacht war es endlich so weit.“ Sie sah mich bedeutungsschwanger an.
    „Deine Vision war so anders als die für deine Schwester. Bei ihr habe ich mehr so…“ Sie machte eine künstlerische Pause, „Highlights gesehen, Szenen aus ihrem Lebensweg. Bei dir sah ich nur ein einziges Bild. Ich versuche es zu beschreiben:
    Ich sah einen jungen Mann, er müsste ungefähr in deinem Alter sein. Ich sah ihn sehr scharf, während seine Umgebung dunkel und verwaschen war. Er war wirklich hübsch und ihr scheint füreinander bestimmt zu sein. Doch er blickte so ernst drein, als arbeitete er an etwas. Sein Gesicht war angespannt, seine roten, lockigen Haare fielen ihm nass auf die Stirn und sein Blick war fixiert. Worauf konnte ich leider nicht erkennen. Aber die Sterne - das Universum -  hatte schon immer seinen eigenen Plan. Ich kenne diesen jungen Mann nicht, aber ich spüre, dass er sehr wichtig in deinem Leben sein wird. Solch eine Wichtigkeit habe ich weder bei Marc, noch bei Luna empfunden. Ich hatte die Vermutung, die Ahnung wohl eher, dass er dein zukünftiger Ehemann sein wird. Ich weiß, das klingt hart, wo du doch mit Jasper zusammen bist, aber ich dachte, es ist wichtig, dir alles unverschleiert mitzuteilen.“
    Meine Mutter endete und sah mich prüfend an.
    Ich wusste nicht, was ich fühlen sollte, deswegen fragte ich: „Bist du dir sicher?“
    „Fynia, Schatz. Hundertprozentig kann man sich nie sicher sein, aber…“,  zögerte sie, „es hat sich so angefühlt. Ich kann es nicht wirklich beschreiben. Wenn du einmal Kinder hast, dann wirst du es verstehen.“ 
    Entgegen meinem Willen füllten sich meine Augen mit Tränen. Verdammt! Ich wollte jetzt nicht weinen, ich wollte sauer sein!
    „Fynia…“, setzte meine Mutter an und wollte mich berühren, aber ich schlug ihre Hand beiseite, stand abrupt auf und verließ mein altes Kinderzimmer.
    Verdammte Scheißvision! Erst ließ sie Ewigkeiten auf sich warten und dann war sie der reinste Müll!
    Im Wohnzimmer angekommen, verkündigte ich allen, inzwischen saß mein Vater auch auf dem Sofa, dass dieses ganze Clanzeug für den Arsch sei. Ich brüllte so laut, dass meine Lunge wehtat.
    „Fynia…“, flüsterte Luna mitfühlend, „Was ist denn?“
    „Verdammte Scheiße… Mama hat einen anderen Mann gesehen, nicht Jasper und er soll mein Zukünftiger sein!“
    Vorsichtig traute ich mich einen Blick auf meinen Freund zu werfen. Er saß dort relativ gelassen, nahm das alles ja eh nicht für voll. Dennoch hatte er den Stimmungsumschwung wohl bemerkt und schien sich nun etwas unbehaglich zu fühlen.  
    Ja, Jasper… das muss ich auch erklären. In unserer Gemeinschaft gab es natürlich, wie überall, Aussteiger. Wir waren keine dieser manipulierenden Sekten oder so, aber wir waren trotzdem ein geschlossener Kreis und wer ihn einmal verlassen hatte, verlor alles Wissen und vor allem seine Gabe. Jasper kam aus einer solchen Familie. Sie lebten zwar noch hier im Twellbachtal, wieso auch nicht, sie waren gemocht und akzeptiert, aber sie waren nicht Teil unseres spirituellen Lebens. Seine Mutter hatte nie eine Vision empfangen und er hatte nie mit dieser Offenbarung leben müssen. Er kannte das kultische Leben des Clans vom Zusehen und aus Erzählungen. Mehr nicht.
     
    Für den Bruchteil einer Sekunde kam er mir wie ein Fremdkörper in unserem Wohnzimmer vor, was völlig absurd war. Er hatte sich so nahtlos es eben unter diesen Umständen ging bei uns eingefügt, dass mir allein der Gedanke ein Gefühl der Schuld eintrieb.
    „Vielleicht… irrt Mama sich…?“ Ich hörte in Lunas Stimme, dass sie es selbst nicht richtig glauben konnte.
    „Das kann nicht sein.", hauchte ich und eine einzelne Träne bahnte sich ihren Weg an die Oberfläche. Ich konnte ein Schluchzen in meiner Brust aufsteigen spüren, doch ich rang es mit aller Gewalt nieder.
    Mama trat leise hinter mich und ich hörte das Papier in ihrer Hand rascheln.
    „Das ist das, was ich gesehen habe, Liebes. Hier nimm deinen ganzen Text, vielleicht findest du etwas, was die Sache aufklärt." Mama reichte mir das Blatt. Ein kurzer Blick genügte und mir war klar, Mama hatte alles
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