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Fynia - wo die Schafe sterben gehen (Fantasy-Roman) (German Edition)

Fynia - wo die Schafe sterben gehen (Fantasy-Roman) (German Edition)

Titel: Fynia - wo die Schafe sterben gehen (Fantasy-Roman) (German Edition)
Autoren: Anna Fricke
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oben. Entsetzt wanderte mein Blick über den sich windenden Körper am Boden und blieb an ihrem Unterleib hängen. Mittlerweile passte sie nicht mehr in ihre Kleidung, sie hing ihr schlaff vom Körper und war nicht mehr in der Lage, ihren Körper zu bedecken. 
    Luna bewegte sich und strampelte und dann hatte sie sich aus ihrer Hose und Unterhose befreit. Zum Vorschein kam ein kurzer, glatter Schwanz, der sich angsterfüllt an ihre linke Hüfte drängte. 
    Ich hielt die Luft an und starrte auf das nackte verzerrte Wesen auf dem Boden, das vorhin noch meine Schwester gewesen war. Sie bewegte sich nicht mehr und ich war unschlüssig, wie ich reagieren sollte. Verunsichert machte ich einen Schritt auf sie zu, doch da begann sie sich wieder zu strecken. Sie wirbelte mit ihrem länglichen Kopf in meine Richtung und ich sah gerade noch, wie ihre menschlichen Augen sich verdunkelten und zu tiefen schwarzen Löchern wurden.  
    Sie starrte mich an, wand sich wieder und starrte mich an. Ich starrte nur zurück und hoffte, dass meine Mama bald kommen würde.
    Luna stieß ein markerschütterndes Jaulen aus und versuchte sich aufzurappeln. Ihre neuen, nackten Beine, vier an der Zahl, waren noch ziemlich wackelig und sie schien sie nicht koordinieren zu können.
    „Luna…?“, hauchte ich in die nun entstandene Stille hinein. Das unheimliche Wesen fixierte mich mit seinem mitleiderregenden Blick und tat gleichsam einen Schritt auf mich zu. Doch erneut durchfuhr sie ein Zucken, dieses Mal nicht so stark, dass sie hinfiel, aber stark genug, um sie schwanken zu lassen. Binnen Sekunden veränderte sich ihr Aussehen schlagartig. Wie als ob man einen Teppich ausrollte, wurde auf ihrem rosa Körper ein Teppich aus flauschigem, braunschwarzem Fell entrollt. Sie zuckte und schüttelte sich, fuhr sich ungeschickt mit einer Vorderpfote über die Nase und fiel erneut zu Boden.
    Nichts rührte sich mehr und endlich erkannte ich, was sich vor mir hatte: einen Wolf!
    „Luna?“ Meine Stimme bekam wieder Kraft, doch der Schmerz in meinem Innern hielt mich zurück, sodass ich starr an der Tür stehen blieb. Immer noch hatte ich eine Hand auf der Türklinke.
    Der kleine Wolf vor meinen Augen bewegte sich unsicher. Luna versuchte aufzustehen, tastete mit ihrer Schnauze in der umgebenden Luft und ließ ihre Ohren wild umher schnellen.  
    Ich hatte nicht Mal den Bruchteil einer Sekunde, um festzustellen, dass Luna sehr hübsch aussah. Niedlich, wie ein Welpe, der gerade seinem Babyfell entwächst und irgendwie verschwommen bläulich schimmert, als mich das Ziehen in meinem Magen in die Knie zwang. 
    Aus den Augenwinkeln bekam ich mit, wie Luna mich alarmiert ansah und unsicher auf dem Boden zur Seite robbte.
    Ich zwang mich, mein Essen bei mir zu behalten, konzentrierte mich nur darauf. Die Welt geriet aus meinem Blickfeld. Ich taxierte nun Lunas Augen, die Wolfsaugen, die mir bekannt und unbekannt zugleich waren. Alles um mich herum verschwamm, meine Sinne vermischten sich und es schien mir, als würde ich das Braun unserer Zimmertür hören und riechen, wie eben jene geöffnet wurde. Dutzende Laute drangen auf mich ein, sodass ich wegen der Flut der Geräusche bald nicht mehr zwischen Stille und ohrenbetäubendem Lärm unterscheiden konnte. 
    Ich kniff die Augen zu, ich wollte keine Wolfsaugen mehr sehen, wollte, dass sie mich nicht mehr sahen, krümmte mich und spürte bereits die Veränderung.
    Ich wusste ganz genau: das, was mit Luna passiert war, passierte nun auch mit mir. So war das nun mal bei Zwillingen. 
    Ich zog mich komplett in mich zurück, blendete den Schmerz, der mit der Verwandlung einherging, vollkommen aus. Ich spürte undeutlich, wie sich mein Körper bog und streckte und wusste, wie es aussah, doch ich konnte nicht heulen, nicht weinen und nicht schreien. 
     
    Und dann war es vorbei.
     
    Ich lag schwer atmend auf dem Boden. Meine Augen wollten sich nicht öffnen, also lauschte ich in die Umgebung hinein. Seltsame Geräusche drangen an mein übersensibles Gehör. Ich konnte jedoch nicht herausfinden, woher sie kamen. Ich hörte das Schleudern der Waschmaschine im Keller, was eigentlich unmöglich war und spürte die Vibrationen im Boden, weil irgendwo irgendjemand im Haus herumspazierte. 
    Erst als ich diese Sinneseindrücke einigermaßen geordnet hatte, drang eine völlig neue Welt zu mir durch. Noch immer mit geschlossenen Augen nahm ich eine Fülle von Düften um mich herum wahr. Da war zum einen ein ziemlich
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