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Fyn - Erben des Lichts

Fyn - Erben des Lichts

Titel: Fyn - Erben des Lichts
Autoren: Nadine Kühnemann
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quiekte vergnügt.
    Delian zeigte auf mich. »Du bist Schiedsrichter. Es sind keine Tritte erlaubt.« Ich nickte, obwohl ich nicht wusste, was ich hätte tun sollen, würde jemand gegen die Regeln verstoßen. Außerdem meldete sich mit jeder Minute, die ich hier verbrachte, zunehmend mein schlechtes Gewissen. Ich sah über die Schulter hinweg, doch es war kein Erwachsener in der Nähe. Ob Vater mich bereits suchte? Für gewöhnlich tat ich nichts, das ihn erzürnte. Nicht aus Angst vor Strafen, aber weil ich mich davor fürchtete, in seinen Augen ein Versager zu sein. Ich schluckte meine Bedenken hinunter und beschloss, heimlich das Weite zu suchen, wenn Scott und Delian in ihren Ringkampf vertieft waren.
    Die beiden umfassten die Zaunlatten und betraten von gegenüberliegenden Seiten aus das schmale Brett. Als sie sich in der Mitte befanden, rief ich ihnen den Startbefehl zu.
    Erwartungsgemäß war der dicke Scott dem schmächtigen Delian haushoch überlegen, er drängte ihn immer weiter zurück. Remy klatschte neben mir vergnügt in die Hände und feuerte seine Freunde abwechselnd an. Ich kam mir vor wie ein Dummkopf.
    Gerade, als ich meinen Entschluss in die Tat umsetzen und mich abwenden wollte, fiel mein Blick auf einen weiteren Jungen, der sich durch die Lücke im Zaun gedrängt hatte und uns aus einiger Entfernung beobachtete. Ich hielt in meiner Bewegung inne und sah ihn an. Seine Augenfarbe schimmerte noch wässriger als meine, seine Haut glich einer weiß getünchten Wand. Er trug sein Haar wie ich schulterlang, aber es war schlohweiß, was an einem Jungen meines Alters äußerst absonderlich wirkte. Die pechschwarze saubere Kleidung, die er anhatte, unterstrich seine geisterhafte Erscheinung noch. Er kam langsam auf uns zu. Remy schien ihn nicht einmal zu bemerken, als er neben uns stand. Ich sagte nichts, sondern starrte den fremden Jungen einfach nur an. Sogar das Geschrei von Scott und Delian rückte in den Hintergrund. Als sich unsere Blicke trafen, lächelte er.
    »Was tust du hier?«, fragte er. Seine Stimme klang seltsam vertraut, obwohl ich mir sicher war, ihn nie zuvor in meinem Leben gesehen zu haben. »Dein Vater sucht nach dir.«
    Mich durchfuhr ein Schreck. Woher wusste er das? Ich brachte kein Wort hervor.
    »Du bist ein böser kleiner Junge«, fuhr er fort, grinste jedoch dabei.
    »Hey, Firissio, oder wie auch immer du heißt, pass gefälligst auf«, schrie Delian mich vom Brett aus an. »Scott hat mir die Latte ins Gesicht geschlagen, er spielt unfair!«
    Mein Kopf fuhr herum. Es war, als wäre ich aus einem Traum aufgewacht, mit einem Mal war ich wieder im Hier und Jetzt. Ich wollte Delian auffordern, das alberne Spiel abzubrechen, da durchfuhr mich ein Gefühl, als würde Eiswasser meine Eingeweide überfluten. Ich kann es bis heute nicht treffend beschreiben. Die feinen Haare in meinem Nacken stellten sich auf und Schweiß trat aus allen Poren. Die Szene vor meinen Augen spielte sich in unendlicher Langsamkeit ab: Scott, der Delian mit der Zaunlatte zu verprügeln drohte. Delian, der lauthals dagegen protestierte und Remy, der erschrocken die Hände vors Gesicht schlug. Ich drehte mich noch einmal um. Der fremde Junge war verschwunden. Dann klafft ein gewaltiges Loch in meiner Erinnerung.
    Das Nächste, an das ich mich entsinnen kann, ist ein Schrei. Ich stand auf dem Brett, eine Zaunlatte lag in meinen Händen. Blut klebte daran. Delian und Remy standen am Rand der Grube, ihre Gesichter zu starren Grimassen verzerrt.
    Ich wandte den Blick nach unten. Scott lag in einer verdrehten Haltung am Boden der Grube, ein Bein stand in unnatürlicher Haltung von seinem Körper ab. Auf seiner Stirn klaffte eine Wunde, die hervorragend zu dem blutigen Abdruck auf meiner Zaunlatte passte. Entsetzen packte mich. Was war geschehen? Weshalb konnte ich mich an nichts erinnern?
    Dann ging alles ganz schnell. Wie die Landschaft, die aus dem Inneren einer Kutsche heraus betrachtet an einem vorbeifliegt, zogen die folgenden Ereignisse an mir vorüber. Ich kann mich nur noch daran erinnern, wie die Hände meines Vaters mich von dem Brett hinunterzogen, freilich habe ich keine Ahnung, wie er dorthingekommen war.
    Er redete auf mich ein, ein Schwall endloser Worte und Vorwürfe, Schimpfwörter, Zurechtweisungen und schließlich fand auch eine heftige Ohrfeige ihren Weg in mein Gesicht. Ich verfolgte alles wie ein stiller Beobachter meiner selbst, ich war weder in der Lage, etwas zu sagen, noch zu begreifen, was
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