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Furien im Finstern

Furien im Finstern

Titel: Furien im Finstern
Autoren: A. A. Fair
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herein.«
    Der Mann, den Elsie Brand in Bertha Cools Privatbüro geleitete, schien mit einem Minimum an Aufwand durch das Leben kommen zu wollen. Er hielt sich leicht gebeugt, als ob Nacken, Schultern, Hüften und Beine sämtlich Angst hätten, mehr als den ihnen zustehenden Teil tragen zu müssen. Selbst die Zigarette blieb lässig im Mundwinkel hängen, wenn er sprach.
    »Tag«, sagte er. »Ist das hier, wo man Informationen über den Autounfall sucht?«
    Bertha Cool strahlte ihn an. »Allerdings«, sagte sie. »Möchten Sie sich nicht setzen? Nehmen Sie den Stuhl, nein, nicht den, er ist nicht so bequem. Lieber den beim Fenster. Außerdem ist es dort kühler. Wie war doch Ihr Name?«
    Der Mann grinste sie an.
    Er war Mitte Dreißig, rund 175 Zentimeter groß, schlank, recht blaß. Seine Augen blitzten herausfordernd. »Glauben Sie ja nicht, daß mir jemand eine Vorladung aufhalsen kann. So im Stil >Jetzt sind Sie Zeuge, was dagegen?< Bevor es dazu kommt, gibt es noch vieles zu besprechen.«
    »Was zum Beispiel?« wollte Bertha wissen, wobei sie vorsichtig ihre lange geschnitzte Elfenbeinspitze mit einer Zigarette ausstattete.
    »Zunächst einmal, was für mich dabei herausspringt.«
    Bertha lächelte leutselig. »Nun ja, vielleicht kann ich es so deichseln, daß für Sie eine ganze Menge herausspringt — vorausgesetzt, Sie haben wirklich das gesehen, was ich wissen will.«
    »Machen Sie nur keinen Fehler, Verehrteste. Ich habe alles gesehen. Sie wissen ja, wie das ist. Manche Leute wollen einfach nicht Zeuge sein, und man kann ihnen nicht einmal böse sein. Jemand halst einem eine Vorladung auf. Sie rennen fünfmal zum Gericht, nur um zu erfahren, daß sich die Rechtsanwälte immer noch herumbalgen. Beim sechstenmal läuft gerade ein anderes Verfahren, und Sie können wieder zwei Tage warten, bevor Ihr Fall drankommt. Dann schmeißt Ihnen ein Haufen von Rechtsanwälten Fragen an den Kopf und hält Sie zum Narren. Und wenn der Fall abgeschlossen ist, streckt Ihnen der Anwalt die Flosse hin und meint, er wäre Ihnen sehr verbunden. Dann spuckt er einen Scheck über zehn oder fünfzehn Eier aus als Zeugengeld. Und dabei war es Ihre Aussage, die ihm zum Sieg verholfen hat. Fünfzehn Tausender für seine Partei, und die Hälfte davon knöpft er seinem Klienten als Honorar ab. Der Zeuge ist der Gefoppte. Aber meiner Mutter Kinder sind nicht so hirnverbrannt.«
    »Das kann ich selber sehen.« Bertha strahlte ihn an. »Sie sind genau die Art Mann, mit der ich gern verhandle.«
    »Dann ist ja alles in Butter. Decken Sie Ihre Karten auf.«
    Bertha sagte: »Ich bin besonders an der Identität des...«
    »Einen Moment mal«, unterbrach der Mann. »Fangen Sie nicht in der Mitte an. Lassen Sie uns hübsch beim Anfang bleiben.«
    »Ich fange doch vorn an.«
    »Denken Sie! Nur nichts überstürzen, Verehrteste. Das erste, was >Klein Brüderchen< wissen möchte, ist, wieviel für ihn drinsteckt?«
    »Ich bin ja gerade dabei, es dem >kleinen Brüderchen< zu erklären.« Bertha lächelte gezwungen.
    »Dann schlagen Sie einmal Ihr Scheckbuch auf, und dann haben wir die richtige Grundlage.«
    »Vielleicht haben Sie die Anzeige nicht richtig gelesen?«
    »Vielleicht haben Sie die Anzeige nicht richtig geschrieben.«
    Bertha sagte, einer plötzlichen Eingebung folgend: »Nun verstehen Sie doch, ich vertrete keine der beiden Unfallparteien.«
    Ihr Besucher schien enttäuscht: »Nein?«
    »Nein.«
    »Und warum interessieren Sie sich dann dafür?«
    »Ich möchte nur herausfinden, wo das verletzte Mädchen ist.«
    Er grinste sie an; ein zynisches Grinsen.
    »Aber nicht doch«, sagte Bertha schnell. »Nicht, was Sie denken. Mich interessiert überhaupt nicht, was mit ihr geschieht, wenn ich sie gefunden habe. Ich will sie keinem Rechtsanwalt in die Arme treiben. Ist mir auch völlig egal, ob sie auf Entschädigung klagt, ob sie sich von dem Unfall wieder erholt oder nicht. Das einzige, was mich interessiert, ist ihr Aufenthaltsort.«
    »Warum?«
    »Wegen einer völlig anderen Sache«, sagte Bertha.
    »So, wirklich?«
    »Es ist die Wahrheit.«
    »Mir scheint, Sie sind doch nicht der richtige Partner für ein solches Gespräch.«
    »Haben Sie die Zulassungsnummer von dem Wagen, der sie angefahren hat?« beharrte Bertha.
    »Ich sagte Ihnen doch schon, daß ich alles habe. Hören Sie, Gnädigste, wenn mir schon einmal das Glück in den Schoß fällt, dann findet es mich mit Notizblock und Bleistift bereit. Verstanden? Ich habe alles notiert.
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