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Furien im Finstern

Furien im Finstern

Titel: Furien im Finstern
Autoren: A. A. Fair
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sagen, daß ich für einige Zeit fort sein werde. Ich suche ein Mädchen, das bei einem Autounfall verletzt wurde.«
    »Sie wollen die Sache also selber in die Hand nehmen?«
    Bertha Cool konnte nur mühsam ein Schnauben unterdrücken. »Warum sollte ich jemanden dafür bezahlen, eine so einfache Sache zu erledigen? Das Mädchen wurde letzten Freitag um 17.45 Uhr verletzt, als es an der Ecke von einem Auto angefahren wurde. Der Mann, der sie angefahren hat, nahm sie mit ins Krankenhaus. Da brauche ich doch nichts weiter zu tun, als zur Verkehrspolizei zu gehen, den Bericht über den Unfall zu lesen, mit einer Straßenbahn ins Krankenhaus zu fahren und das Mädchen fragen, wie es ihm geht. Und dann dem Blinden Bericht zu erstatten.«
    »Warum interessiert der sich eigentlich dafür?« erkundigte sich Elsie Brand.
    »Ja, warum wohl?« Berthas Stimme klang sarkastisch. »Er möchte gern wissen, wo das kleine Herzchen ist, damit er ihm Blumen schicken kann. Weil das Kind Süße und Licht in sein Leben gebracht hat. Er hört so gern die kleinen Füße über den Bürgersteig trippeln, und jetzt, wo sie verschwunden ist, vermißt er sie. Und mir gibt er hundert Dollar, damit ich das Schätzchen wiederfinde. So ein Quatsch.«
    »Sie glauben die Geschichte nicht?«
    »Nein. Ich glaube sie nicht. Ich bin doch nicht vom Lande. Sie mögen vielleicht glauben, daß alles aus Nächstenliebe geschieht. Bertha Cool glaubt nicht an Märchen. Bertha Cool glaubt an hundert Dollar. Und in anderthalb Stunden wird sie das Geld verdient haben. Falls jemand in der Zwischenzeit hier auftauchen sollte, erkundigen Sie sich, was er will, und machen Sie eine Verabredung nach dem Mittagessen — wenn es so aussieht, als wäre Geld dabei herauszuholen. Wenn es jemand ist, der irgendwelche Beiträge für irgend etwas fordert — und mir ist es verdammt egal, wofür —, bin ich nicht zu erreichen.«
    Bertha Cool walzte durch das Büro und schlug die Tür gehässig hinter sich zu. Mit Befriedigung nahm sie zur Kenntnis, daß Elsie Brands Schreibmaschine wie ein Maschinengewehr losging, noch bevor die Tür richtig zu war.
    Bei der Verkehrspolizei erlebte Bertha den ersten Rückschlag. Ein Bericht über einen Unfall an der fraglichen Straßenkreuzung zur fraglichen Zeit war dort nicht bekannt.
    »Was ist denn das für eine verdammte Buchführung?« beklagte sie sich bei dem diensttuenden Beamten. »Da saust ein Mann in ein Mädchen, und Sie wissen nichts davon.«
    »Autofahrer unterlassen es oft, eine Meldung zu machen«, erklärte der Beamte geduldig. »Das Gesetz verlangt es zwar. Aber wir können sie leider nicht dazu zwingen. Wenn ein Beamter in der Nähe ist, notiert er die Zulassungsnummer, und wir überprüfen, ob von dem Autofahrer eine Meldung gemacht wurde oder nicht.«
    »Wollen Sie damit sagen, daß an einer solchen Kreuzung kein Verkehrspolizist in Hörweite gewesen sein soll?«
    »Der Verkehrsbeamte an dieser Kreuzung hat dort um 17.45 Uhr Schluß und geht zwei Ecken weiter zur Hauptstraße, um dort bei der Verkehrsregelung auszuhelfen. Wir haben nun mal zu wenig Leute. Wir tun unser möglichstes.«
    »Jetzt hören Sie mal zu«, empörte sich Bertha. »Ich bin Steuerzahler. Mir steht diese Information zu. Ich muß sie haben.«
    »Wir .würden Ihnen gern behilflich sein.«
    »Und wie bekomme ich diese Information jetzt?«
    »Vielleicht rufen Sie einmal die Krankenhäuser an und fragen, ob am letzten Freitag zwischen sechs und sieben Uhr abends eine Patientin zur Untersuchung eingeliefert wurde. Ich nehme an, Sie können das Mädchen beschreiben?«
    »Im Groben.«
    »Kennen Sie ihren Namen nicht?«
    »Nein.«
    Der Verkehrsbeamte schüttelte den Kopf. »Sie können es ja wenigstens versuchen.«
    Bertha versuchte es. Schwitzend zwängte sie sich in eine Telefonzelle, fütterte widerwillig einen Münzautomaten mit Geldstücken. Nachdem sie 35 Cent aufgewendet hatte, war ihre Geduld dahingeschmolzen. Sie hatte erklärt und wieder erklärt, nur um zu hören »Einen Augenblick, bitte«, und dann mit einer anderen Abteilung verbunden zu werden, der sie alles nochmals von vorn erklären mußte.
    Am Ende war sie um 35 Cent ärmer, aber um kein bißchen Wissen reicher, was nicht gerade zur Besänftigung ihres ohnehin reizbaren Gemütes beitrug.

3

    Der Verkehr flutete über die belebte Kreuzung an der Ecke. Fußgänger, die vom Mittagessen zurückkamen, überfluteten die Fahrbahn wellenweise. Mit eintöniger Gleichmäßigkeit ertönten die Glocken
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