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Für Menschen ungeeignet

Für Menschen ungeeignet

Titel: Für Menschen ungeeignet
Autoren: Robert Sheckley
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Lehre wurde nicht allgemein akzeptiert. Schließlich wußte man ja, daß die Götter weder Hunger noch Durst kannten. Warum sollte also ausgerechnet die Speisung allen Zeremonien vorangestellt werden?
    Doch Glat fühlte einen verborgenen Sinn in Alhonas Worten, der sich nicht dem Verstand sondern nur dem Glauben erschloß. Eines Tages, hoffte er, würde man den wahren Grund der Meidung offenbart bekommen und Alhona würde gerechtfertigt sein.
    Plötzlich gab es eine Unterbrechung. Glat trabte zurück, um zu sehen, was vorging.
    Irgendein Narr hatte einen gewöhnlichen Wasserkrug in der Nähe des Heiligen Hügels stehen lassen. Einer der Götter war auf den Krug zugekrochen. Seine Hände streckten sich schon aus, um danach zu greifen.
    Im letzten Augenblick schnappte Altsinger den Krug weg, und das ganze Dorf seufzte vor Erleichterung. Es war eine ungeheuerliche Blasphemie einen offenen, unbesungenen, unreinen Wasserkrug in die Nähe eines Gottes zu bringen. Hätte der Gott ihn berührt, wäre vielleicht das ganze Dorf seinem Zorn zum Opfer gefallen.
    Der Gott wurde wütend. Er schrie und wies auf den beleidigenden Krug. Dann deutete er auf den anderen Gott, der noch immer in himmlischer Ekstase auf dem Gesicht lag. Er wies auf seine Kehle, seinen trockenen, rissigen Mund, danach wieder auf den Wasserkrug. Er machte zwei schwankende Schritte und stürzte schwer zu Boden. Der Gott begann zu weinen.
    »Schnell!« rief Jungsinger. »Beginnt den Tanz des Gegenseitigen Handelsabkommens!«
    Nur seine schnelle Auffassungsgabe rettete den Tag. Die Tänzer griffen nach den heiligen Ästen und wedelten sie über den liegenden Göttern. Die Götter begannen zu keuchen und husteten ihre Zustimmung.
    »Rasch gehandelt«, lobte Altsinger mürrisch. »Was hat dich auf diesen Tanz gebracht?«
    »Er ist der mit dem mächtigsten Namen«, erklärte Glat zufrieden. »Die alten Bücher preisen ihn ganz besonders. Ich wußte, daß uns jetzt nur etwas sehr Starkes helfen konnte.«
    »Gut – gut gemacht«, sagte Altsinger und kehrte zum Tanz zurück.
    Glat lächelte und wickelte sich den Schwanz um die Hüfte. Dies war ein wichtiger Schritt für ihn gewesen. Man hatte seine Anweisung akzeptiert, selbst Altsinger.
    Jetzt ging es darum, wie er Alhonas Lehre zum Zuge bringen konnte.
    Die Götter lagen auf dem Boden und keuchten und stöhnten, wie Wesen im Todeskampf. Jungsinger entschied auf den richtigen Moment zu warten.
    Wieder wurde der Tanz des Gegenseitigen Handelsabkommens getanzt, von dem die Alte gesagt hatte, er brächte von allen den größten Nutzen. Die Götter spielten ihre Rolle genau wie im Buch der Letzten Erscheinung. Männer aus anderen Dörfern galoppierten heran und begannen die Anbetung. Die Götter röchelten ihre Zustimmung.
    Am Ende der dritten Wiederholung des Tanzes richtete sich einer der Götter langsam auf. Er kniete schwankend und imitierte einen Mann am Ende der Kräfte.
    »Eine Botschaft«, flüsterte Altsinger, und alle wurden still.
    Der Gott breitete beide Arme aus. Altsinger nickte.
    »Er segnet unsere Ernte«, erklärte Altsinger.
    Der Gott ballte die Fäuste und ließ sie kraftlos fallen, als ihn ein Husten schüttelte.
    »Er fühlt mit uns bei unseren Leiden und unserer Armut«, gab Altsinger die passende Interpretation.
    Der Gott wies wieder auf seinen Mund, diesmal mit einer so traurigen und verzweifelten Geste, daß mehrere Dorfbewohner zu weinen anfingen.
    »Er will, daß wir noch einmal mit allen Tänzen von vorne beginnen«, sagte Altsinger. »Kommt, bildet die erste Grundfigur.«
    »Er will nichts dergleichen«, rief Glat kühn, der entschieden hatte, daß jetzt der entscheidende Augenblick gekommen war.
    Jeder starrte ihn in stummem Entsetzen an.
    »Der Gott verlangt die Wasserzeremonie«, sagte Glat.
    Ein gedämpftes Keuchen ging durch die Reihen der Tänzer. Die Wasserzeremonie war Teil der Alhona-Häresien, die Altsinger so entschieden bekämpfte. Aber Altsinger war alt. Vielleicht konnte Glat, der Jungsinger -
    »Das erlaube ich nicht!« kreischte Altsinger. »Die Wasserzeremonie kommt nach der Speisung, die erst nach dem Ende aller Tänze beginnen darf. Nur so können wir Vergebung und Aufhebung der Meidung erlangen.«
    »Den Göttern muß Wasser gereicht werden!« schrie Jungsinger dagegen.
    Beide hielten gespannt nach einem Zeichen der Götter Ausschau, aber die Götter beobachteten sie schweigend mit müden, blutunterlaufenen Augen.
    Dann hustete einer der Götter.
    »Ein Zeichen!« rief
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