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Für Menschen ungeeignet

Für Menschen ungeeignet

Titel: Für Menschen ungeeignet
Autoren: Robert Sheckley
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Abends konnte beginnen.

 
Lebenshaltungskosten
     

Carrin sagte sich, daß seine schlechte Laune etwas mit Millers Selbstmord letzter Woche zu tun haben mußte. Aber dieses Wissen half ihm nicht, die vage, gestaltlose Mißstimmung loszuwerden, die sich irgendwo in seinen Gedanken eingenistet hatte. Es war albern. Millers Selbstmord konnte ihm völlig egal sein.
    Aber warum hatte der fette, joviale Mann sich umgebracht? Miller hatte doch alles gehabt, wofür es sich zu leben lohnte – Frau, Kinder, einen guten Job und all den herrlichen Luxus seiner Zeit. Warum mochte er so etwas nur getan haben?
    »Guten Morgen, Schatz«, begrüßte Carrins Frau ihn, als er sich an den Frühstückstisch setzte.
    »Morgen, Liebling. Morgen, Billy.«
    Sein Sohn brummte etwas Unverständliches.
    Man steckt eben nicht in den Leuten drin, entschied Carrin, und tastete sein Frühstück ein. Das Essen wurde von dem neuen Avignon-Autoelektro-Herd gediegen zubereitet und formvollendet serviert.
    Die düstere Stimmung wollte sich nicht legen, ein unangenehmes Gefühl, denn Carrin wollte an diesem Morgen in Topform sein. Er hatte seinen freien Tag, und der Avignon-Kreditberater kam heute vorbei. Dies war ein wichtiger Tag.
    Er bracht seinen Sohn zur Tür.
    »Mach’s gut, Billy.«
    Sein Sohn nickte, klemmte sich die Bücher unter den Arm und machte sich wortlos auf den Schulweg. Carrin fragte sich, ob auch Billy Sorgen hatte. Er hoffte nicht. Einer mit Sorgen war schon genug in der Familie.
    »Bis nachher, Liebling.« Er küßte seine Frau, die jetzt einkaufen ging.
    Jedenfalls, dachte er, während er sie so die Zufahrt hinuntergehen sah, ist sie glücklich. Wieviel sie wohl heute im Avignon-Shop ausgeben würde?
    Ein Blick auf die Uhr sagte ihm, daß noch eine halbe Stunde Zeit blieb, bevor der Avignon-Berater kommen würde. Das beste Mittel gegen eine trübsinnige Stimmung war, sie zu ertränken, also nahm er eine ausgiebige Dusche.
     
    *
     
    Die Dusche war ein glitzerndes Plastikwunder, und der schiere Luxus ihrer Ausstattung hatte einen beruhigenden Einfluß auf Carrins Gemüt. Er warf seine Kleider in den Avignon-Autoschnellbügler, dann stellte er den Duschstrahl knapp über »herzhaft« ein. Das Fünf-Grad-über-Körpertemperatur-Wasser spritzte mit erfrischendem Druck gegen seinen dünnen weißen Körper. Herrlich! Und danach eine entspannende Massage vom Avignon-Autohandtuch.
    Wunderbar, dachte er, während das Handtuch die verkrampften Muskeln streckte und knetete. Und es mußte auch wunderbar sein, erinnerte er sich selbst. Das Avignon-Autohandtuch mit Autorasierer hatte sechshundertundsechzehn Dollar gekostet, zuzüglich Mehrwertsteuer.
    Aber es ist wirklich jeden Pfennig davon wert, entschied er, als der A-Rasierer aus einer Ecke vorgefahren wurde und die spärlichen Bartstoppeln sanft entfernte. Wozu wäre das Leben sonst gut gewesen, wenn man nicht all diesen Luxus damit genießen konnte?
    Seine Haut brannte leicht, nachdem er das Autohandtuch abgeschaltet hatte. Er hätte sich jetzt wunderbar fühlen sollen, aber das tat er nicht. Millers Selbstmord bohrte weiter in seinen Gedanken und raubte ihm den Frieden seines freien Tages.
    Oder gab es da noch etwas anderes, das ihm Sorgen bereitete? Mit dem Haus war sicher alles in Ordnung. Seine Papiere für den Kreditberater waren auch in Ordnung.
    »Habe ich etwas vergessen?« fragt er mit lauter Stimme.
    »Der Avignon-Electric-Kreditberater kommt in fünfzehn Minuten«, flüsterte ihm sein Avignon-Badezimmer-Autoerinnerer zu.
    »Das weiß ich. Gibt es sonst noch irgend etwas?«
    Der Autoerinnerer haspelte eine lange Liste memorisierter Daten herunter: Memos, wie den Rasen zu sprengen, die nächste Jet-Inspektion, die Urlaubsbuchung und den Einkauf von Lammkoteletts für Montag. Alle Sachen, die unbedingt zu erledigen waren, und für die Carrin noch keine Zeit gehabt hatte.
    »Danke, das reicht.« Er erlaubte dem Avignon-Autodresser ihn anzuziehen, der ihm den Körper geschickt mit den derzeit in Mode befindlichen Textilien drapierte. Dazu ein erfrischender Hauch des neuen herben Parfüms für den erfolgreichen Mann, und er ging ins Wohnzimmer.
    Im Flur warf er einen schnellen Blick auf die Kontrollarmaturen an den Wänden. Das Haus war perfekt in Ordnung. Das Frühstücksgeschirr war hygienisiert und fortgeräumt, in allen Zimmern der Boden gereinigt und gepflegt, die Kleider seiner Frauen waren gebürstet und in den Schrank gehängt, die Modell-Raumschiffe von Billy in die
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