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Für jede Lösung ein Problem

Für jede Lösung ein Problem

Titel: Für jede Lösung ein Problem
Autoren: Kerstin Gier
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unter der Ladentheke verkaufen?«, sagte ich. »Auf der anderen Seite: Sie ist jetzt dreißig, und sieh dir ihre Haare an: Einen Zahnarzt wird sie damit jetzt nicht mehr an Land ziehen können.«
    »Ist Zahnarzt gut?«, fragte Adrian.
    »Ja, Zahnarzt wird nur noch getoppt von adeligem Großgrundbesitzer«, sagte ich. »Hast du eigentlich wirklich einen Doktor in Kunstgeschichte, oder hast du den vorhin nur erfunden?«
    »Den habe ich wirklich«, sagte Adrian. »Nur genutzt hat er mir bis jetzt noch nicht viel. Ich war heilfroh, als ich den Job bei Lauros bekam. Und jetzt, als Cheflektor bei Aurora, verdiene ich wirklich nicht schlecht.«
    »Na ja, aber mit Kunstgeschichte hat das doch nicht besonders viel zu tun.«
    »Jetzt hack du nicht auch noch darauf herum«, sagte Adrian.
    »Ich wäre die Letzte, die das tun würde«, sagte ich und erschrak ein bisschen darüber, wie zärtlich meine Stimme klang. »Ich bin heilfroh, dass du diesen Job bei Aurora hast. Sonst wären wir uns niemals begegnet.«
    »Ja, das stimmt. Das war überhaupt bis jetzt das Beste an diesem Job.« Adrian machte einen halben Schritt auf mich zu. »Mit einem Stöhnen riss er sie an sich und küsste sie wild und verzweifelt.«
    »Wie bitte?« Ich wurde mit einem Schlag ganz kurzatmig, weil er so nah vor mir stand.
    »So lange hatte er gebraucht, um zu erkennen, dass nur sie es war, die seine Seele zu öffnen und seinem Körper wahre Ekstase zu verschaffen verstand«, sagte er.
    »Wirklich?« Jetzt wurden auch meine Knie butterweich. Ich musste mich an der Balustrade abstützen.
    »Sie war das Licht in seiner Dunkelheit«, fuhr Adrian fort.
    »Oh Scheiße, ist das von mir? Das ist ja – furchtbar kitschig!«
    »Aber jetzt wird es gut«, sagte Adrian. »Er trägt sie auf seinen starken Armen in sein Bett, lässt sie dort auf das Bärenfell fallen und …«
    »Oh mein Gott, ich erinnere mich«, sagte ich. Meine Brustwarzen waren hart wie zwei kleine Kieselsteine geworden.
    »Seit ich das gelesen habe, träume ich davon, genau das mit dir zu tun«, sagte Adrian leise, und jetzt endlich berührte er mich, wenn auch nicht da, wo ich wollte, dass er mich berührte. Er streichelte mir ganz vorsichtig eine Haarsträhne vom Haaransatz nach hinten.
    »Das hier ist ein Hotel«, sagte ich, und es klang, als hätte ich gerade einen 100-Meter-Lauf hinter mir. »Hier kann man Zimmer mieten!«
    »Mit Bärenfell?«, fragte Adrian, und sein Mund war jetzt so nahe an meinem Gesicht, dass ich seinen Atem riechen konnte. Er roch nach Erdbeeren.
    »Das Bärenfell müssen wir uns eben denken«, sagte ich.
    »Bist du sicher, dass – oh, wer ist denn das?«
    Neben uns waren unvermittelt Habakuk und Arsenius aufgetaucht, die offenbar nach mir ausgeschickt worden waren. »Gerri! Oma sagt, du sollst wieder reinkommen, weil wir jetzt singen. Sollen wir ihr sagen, dass du lieber rumknutschen willst?«
    »Ja«, sagte ich. »Ich meine, nein! Sagt ihr, ich komme gleich.«
    Habakuk und Arsenius verschwanden.
    »Los, lass uns verschwinden«, sagte ich, nahm Adrians Hand und zog ihn zur Treppe.
    »Aber du hast doch gesagt …«
    »Ich habe gesagt, ich komme gleich«, sagte ich. »Und das tu ich auch.«
    Da blieb Adrian wie angewurzelt stehen, zog mich an sich und küsste mich – ach, von mir aus: wild und verzweifelt. Ich presste mich so eng an ihn, dass nicht mal mehr eine Heftromanseite zwischen uns gepasst hätte.
    Dieser Kuss dauerte klassischerweise eine Ewigkeit, und anschließend nahmen wir uns an den Händen und rannten zur Rezeption hinunter.
    »Ein Doppelzimmer, bitte«, sagte Adrian. »Mit Badewanne, wenn es möglich ist.«
    Meine Beine knickten weg, als ich das hörte. Ich konnte mich gerade noch am Tresen festklammern. »Doch nicht die Badewannenszene !«, flüsterte ich.
    »Ich dachte, wir schauen mal, wie weit wir kommen«, sagte Adrian. Ich war unendlich dankbar, dass es nicht Mia war, die uns den Zimmerschlüssel aushändigte und uns neugierig hinterhersah, als wir eng umschlungen zu den Aufzügen gingen.
    ***
    »Tilugerri! Jetzt hast du den Bogen aber wirklich überspannt! Wo um alles in der Welt warst du?«, rief meine Mutter. »Onkel August musste für dich singen, und Diana hat den Walzer mit ihm getanzt, und irgendwas Fürchterliches ist mit seinem Urinbeutel passiert …, und dann ist dieser junge Mann aufgetaucht und hat behauptet, er wäre dein Zahnarzt und müsse dringend mit dir sprechen!«
    »Oh nein!«, sagte ich. Ole! Den hatte ich völlig vergessen.
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