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Für immer untot

Für immer untot

Titel: Für immer untot
Autoren: Karen Chance
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deshalb leuchtete ich mit der Lampe herum, um ihm ein wenig Zeit zu geben. Nach einigen Sekunden wurde mir klar, was genau ich sah. Offenbar war es Pritkin gelungen, sich wieder in seinen Schild zu hüllen, denn ein blaues Glühen umgab ihn und kräuselte sich im Schein der Taschenlampe wie eine Wasseroberfläche. Über ihm gab es keine Höhlendecke mehr. Oder um genauer zu sein: Sie existierte noch, war allerdings mit nichts mehr verbunden.
    Große Granitblöcke mit alten Meißelspuren lagen auf dem jetzt sehr dünn aussehenden Schild. Jede noch so geringfügige Bewegung von ihm verursachte kleine Schuttlawinen oben auf den Blöcken, und dann rieselten Sand und kleine Steine über die Ränder. Die größeren Brocken konnten nicht irgendwo zur Seite rutschen, aber sie bewegten sich gerade genug, um klarzumachen, dass sie an nichts verankert waren. Selbst die kleineren, kieselsteingroßen Stücke würden wehtun, wenn sie auf uns herabfielen, und ich wollte mir nicht vorstellen, was die großen anrichten konnten. Kaum einen Meter entfernt boten zwei Magier einen ziemlich blutigen Hinweis darauf.
    Sie lagen zwischen Schild und Einsturz, und mit ausgestreckter Hand hätte ich sie berühren können. Ihre Leichen wirkten seltsam verdreht, wie Fossilien in Gestein und Schutt gefangen, und ihre offenen Augen reflektierten das Licht.
    Bei normalen Fossilien fehlten meistens klare Hinweise darauf, wie sie zu Fossilien geworden waren, doch in diesem Fall herrschte kein Mangel an farbenprächtigen Einzelheiten.
    Von roten Streifen und Flecken überzogene weiße Knochen fielen vor dem Hintergrund ihrer älteren gelben Kollegen auf. Eine Hand ruhte auf dem Blau des Schilds, erstarrt in einer abwehrenden Geste, als könnte menschliche Kraft etwas gegen das Gewicht eines Berges ausrichten.
    Die Luft in meinen Lungen fühlte sich plötzlich viel schwerer an. Trotz der großen Zahl unmöglicher Dinge, die ich in letzter Zeit erlebt hatte, war mein Gehirn noch immer an alte Denkweisen gewöhnt. Es bestand laut darauf, dass große Felsblöcke, die jeweils etwa eine Tonne wogen, unmöglich in der Luft schweben konnten, was bedeutete, dass wir jeden Augenblick sterben würden.
    Ich gab ein leises, halb ersticktes Geräusch von mir, schaffte es aber, die Hysterie herunterzuschlucken, bevor sie ganz von mir Besitz ergreifen konnte.
    Pritkins Schild war im allerletzten Moment aktiv geworden. Eine Sekunde später, und hier lägen nicht nur zwei Leichen, sondern vier. Aber das war zum Glück nicht der Fall. Wir lebten und waren sicher. In gewisser Weise.
    Pritkin hatte sich auf den Rücken gerollt und richtete einen durchdringenden Blick auf mich. »Genau aus diesem Grund habe ich Ihnen gesagt, dass Sie gehen sollten.«
    »Ich könnte eine ziemlich scharfe Antwort darauf geben«, erwiderte ich würdevoll, »aber es scheint mir nicht der geeignete Moment zu sein.«
    »Möchten Sie aufgeben?«, fragte er, und ich blinzelte überrascht. Ich konnte an null Fingern abzählen, wie oft sich Pritkin nach meiner Meinung erkundigt hatte. »Bestimmt gibt es da draußen noch mehr von ihnen.«
    Es waren zwölf Magier, erinnerte ich mich. Mit anderen Worten: Hinter den herabgestürzten Gesteinsmassen trieben sich noch zehn weitere herum, es sei denn, es hatte sie ebenfalls erwischt, an einer Stelle, die ich von hier aus nicht sehen konnte. Oder waren sie vielleicht in der Annahme gegangen, dass der Einsturz uns getötet hatte? Nein, so viel Glück durfte ich nicht erwarten.
    »Sie wissen, was auf dem Spiel steht«, erinnerte ich Pritkin.
    »Ich dachte mir, dass Sie das sagen würden.« Mit einem Ächzen kam er auf die Knie. Der Schutt bewegte sich zusammen mit ihm, so sehr, dass ein weiterer Felsblock herab donnerte. Seine gezackte Kante landete weniger als einen halben Meter von meinem Gesicht entfernt.
    Die übliche Ungeduld erklang in Pritkins Stimme, als er sagte: »Verschwinden wir von hier.«
    »Wie denn?« Ich war der Panik nahe, und meine eigene Stimme klang mehr wie ein Quieken. »Ich kann uns mit einem Sprung nach Hause bringen, aber nicht auf die andere Seite des Einsturzes. Weil ich nicht weiß, wie es dort aussieht. .«
    »Bleiben Sie dicht bei mir.« Pritkin hatte das letzte Wort kaum ausgesprochen, als sich das wie flüssig wirkende Wogen seines Schilds in harten Kristall verwandelte und mit Hunderten von Facetten den Einsturz reflektierte. Einige zusätzliche Felsen lösten sich, wodurch noch mehr Schutt herabregnete – mit dumpfem Pochen
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