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Fünf wünschen Ihren Tod

Fünf wünschen Ihren Tod

Titel: Fünf wünschen Ihren Tod
Autoren: Carter Brown
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acht
Jahre alt war, kam Militär in mein Dorf und suchte nach Revolutionären. Es war
ein sehr heißer Tag, und so suchten sie nicht allzu lange. Sie nahmen die
ersten sechs Männer, die sie auf dem Feld arbeiten sahen und hängten sie alle
miteinander an einem Pfefferbaum auf. Mein Vater, der niemals verstanden hätte,
was eine Revolution ist, auch wenn es ihm José Pérez selbst erklärt hätte, war
der vierte Mann, den sie an jenem Morgen fanden. Ich verstehe sehr viel von
Haß, Señor, und auch von dem, was damit Hand in Hand geht: Schuld.«
    Ich bot ihm eine Zigarette an
und gab ihm Feuer. Er nickte kurz.
    »Fühlen Sie sich schuldig,
Señor?« fragte er lässig, einen gleichmäßigen dünnen Rauchstrom über aas Bett hinweg blasend.
    »Ich glaube, ja.«
    »Und sosehr Sie das versuchen,
können sie sie nicht — wie sagen Sie noch — weitergeben?«
    »Übertragen«, sagte ich. »Und
Sie haben recht. Ich haßte Ramón Pérez dessentwegen, was er mir vor zwei Jahren
angetan hat. In dieser vergangenen Nacht sah ich eine Chance, mich zu rächen —
nicht in einer rohen Form, Colonel — verstehen Sie? — , denn bei einem Mann wie
dem General hätte es eine ausgeklügelte Rache sein müssen, eine Rache,
konzentrierter und raffinierter Grausamkeit, die seinem speziellen Charakter angepaßt war.«
    »Ich verstehe nicht alle Ihre
Worte, aber die Bedeutung...« Er zuckte beredt die Schultern.
    »Ich legte es darauf an, ihn
fertigzumachen, ihn Stück um Stück zu zerfetzen«, sagte ich schnell, aus Angst,
ich könnte aufhören, falls ich merkte, daß er das nicht verstand, was ich ihm
so dringend klarzumachen versuchte.
    »Seine Verachtung mußte durch
Zweifel ersetzt werden, seine Arroganz durch Furcht. Ich wollte ihm, wenn er
dafür reif war, in stetig steigender Dosis Entsetzen injizieren, bis
schließlich nichts mehr von dem einstmals so hochmütigen Mann übrigblieb. Und
dann sollte mein Augenblick äußersten Triumphs kommen, wenn ich ihm zeigte, was
ich getan hatte und wie es mit Hilfe seiner eigenen Waffen, nämlich Lügen und
Tricks, bewerkstelligt worden war. Aber als dieser Augenblick eintrat, kam nur
die Katastrophe. Verstehen Sie mich, Valero ?« fragte
ich leidenschaftlich, indem ich ihn bei den Jackenaufschlägen packte und heftig
schüttelte. »Sie können einem etwas, was einmal ein Mann war, nicht erklären,
was diesem Mann zugestoßen ist! Das ist meine Schuld — meine Rache war zu
vollständig. Können Sie das begreifen?«
    Er wischte mit beiläufiger
Gleichgültigkeit meine Hände von seinem Jackenaufschlag und lächelte mich dann
kaum merklich an. »Erzählen Sie, Señor, was haben Sie mit dem General gemacht?«
    Eine Sekunde lang verspürte ich
den heftigen Wunsch, ihm ins Gesicht zu schlagen, aber dann war der Zorn
verschwunden, und ich fühlte nur noch Leere.
    »Sie sind ein sehr praktischer
Mann, Colonel Valero .« Ich grinste ihn bedächtig an.
»Ich beschuldigte ihn eines Mordes, den er, wie ich wußte, nicht begangen
hatte. Ich überzeugte eine ganze Gruppe von Leuten von seiner eindeutigen
Schuld, obwohl ich wußte, daß er unschuldig war. Ich stellte ihm die Aussicht
auf einen Prozeß, bei dem er mit seiner Verurteilung zur Gaskammer zu rechnen
hatte, mit solch absoluter und unausweichlicher Gewißheit dar, daß es ihm
unausweichlich schien und...« Ich sah den spöttischen Schimmer in den kalten
grauen Augen, die mich mit höflicher Aufmerksamkeit musterten. »Und zum Teufel
damit!«
    » Wieviel Leute haben Sie in Ihrem Leben umgebracht, Señor?« fragte Valero leichthin.
    »Ramón Pérez war der zweite.«
    »Das ist die Schwierigkeit, amigo . Für Sie ist es noch eine neue
Erfahrung.«
    »Wie viele haben Sie denn
umgebracht, Colonel?« knurrte ich.
    Sein Gesicht verdunkelte sich,
während er mit einer abrupten Bewegung vom Bett aufstand. »Machen Sie sich
keine Sorgen um die Männer, Señor«, sagte er leise. »Fragen Sie mich nach den
Frauen — aber nicht jetzt.«
    Wir verließen schweigend das
Zimmer und gingen den Korridor entlang. Als wir unten auf der letzten
Treppenstufe angekommen waren, fragte ich: »Was wollen Sie nun tun?«
    »Eine gute Frage, Señor.« Er
lächelte finster. »Eins ist gewiß, ich werde nicht in mein eigenes Land
zurückkehren. Meine Mission war, den General zu beschützen. Verstehen Sie?«
    »Das habe ich mir schon
gedacht«, sagte ich. »Warum bleiben Sie nicht hier in diesem Land? Ich bin fast
sicher, daß sich das arrangieren läßt.«
    »Das wäre
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