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Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe

Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe

Titel: Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe
Autoren: Helen Bryan
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kam eine Reise für Bruno sowieso nicht in Frage.
    Ihr erschreckter Ausruf hatte ihn geweckt. Ohne groß darüber nachzudenken, berichtete sie ihm, was Elsie geschrieben hatte, und beteuerte dann sogleich mit zitternder Stimme, dass sie gar nicht daran denken würde, irgendwohin zu fahren. Nicht, solang er im Krankenhaus lag. Bruno war blass, wurde von Kissen gestützt und hing am Tropf. Eigentlich sollte er sich ausruhen, stattdessen war er von Büchern, Papieren und allen möglichen Dokumenten umgeben, die mit der Universität zu tun hatten. Sie waren an den Krankenschwestern vorbei in sein Zimmer geschmuggelt worden, obwohl sie ihm verboten hatten zu arbeiten. Nun sah er seine Frau über den Rand seiner Brille hinweg mit einem seiner durchdringenden Blicke an.
    Tanni ärgerte sich immer über diesen Blick, weil er ihr das Gefühl gab, dass er etwas wusste, was sie nicht wusste. Diesmal verebbte der Anflug von Gereiztheit jedoch sofort, als Bruno ihre Hand tätschelte und sie dann festhielt, während er überlegte, was sie am besten tun sollten.
    Die Ärzte hatten Bruno versichert, dass viele Frauen unter schweren Wochenbettdepressionen litten. In den Vierzigerjahren wusste man allerdings noch nicht allzu viel darüber. Und dass Tanni sich nicht mehr an die Zeit nach der Geburt und an den Tod ihres Babys damals in England erinnerte, war wie eine schützende Hülle, mit der die Natur sie umgab. Abgesehen von einer kurzen Zeitspanne war ihr Leben als Ehefrau und Mutter und nun als Großmutter ausgefüllt und glücklich, sie hatten ein wunderschönes Haus in der Nähe der Universität, voller Licht und Bücher und moderner israelischer Kunstwerke, und ihre ehrenamtliche Arbeit im Krankenhaus, ihre Freunde und ihr Garten hielten sie auf Trab.
    Er war überzeugt, dass es ihr nicht schaden würde, wenn sie Elsies Einladung nun annahm, und so sagte er: »Ich weiß, es ist hart, aber denk doch an die Verpflichtungen unseren Freunden gegenüber, egal wie lang es her ist. Und nach dem, was Elsie überFrances schreibt, weißt du, dass du hinfahren musst. Aber du solltest nicht allein fahren – warum lässt du dir nicht mein Ticket auszahlen und nimmst die beiden Jüngsten mit? Du brauchst ein bisschen Abstand von der Sorge um mich und Chaim geht in ein paar Monaten zur Armee. Und überhaupt: Bei so vielen Geschwistern ist nie genug Geld da, als dass er und Shifra verreisen könnten. Stell dir vor, wie sehr sie eine Reise nach England genießen würden. Fahr hin! Nimm die Kinder, besuche deine alten Freunde. Fahrt danach für eine Woche nach London, geh mit den Kindern in die Museen und ins Theater. Lass sie zu diesen Straßenmärkten gehen, wo die Kids
abhängen
, wie man das heutzutage nennt. Das hat Shifra mir jedenfalls gesagt. Du könntest sogar mit ihnen nach Oxford fahren und ihnen mein altes College zeigen. Dort können sie mit dem Stechkahn auf dem Fluss umherfahren, so wie ich es früher gemacht habe. Geh ein bisschen shoppen, mach dir ein paar schöne Tage.« Brunos Blick schweifte zum Bildschirm seines Laptops zurück. Er steckte mitten in der Arbeit an einem akademischen Artikel. »Außerdem kannst du in London bei Foyles ein paar Bücher für mich besorgen. Ich habe eine lange Liste mit Titeln, die ich hier nicht kriegen kann und …«
    »Aber Bruno, ich will nicht fahren! Ich kann dich doch nicht allein lassen! Das kommt gar nicht in Frage!«
    »Hier sind also nicht genug Leute, die sich um mich kümmern? Einer geht aus dem Zimmer und zwei kommen rein! Gott sei Dank ist die Operation gut verlaufen, es gibt keine Probleme und in ein paar Wochen bin ich wieder zu Hause, wenn das Krankenhaus mich nicht vorher umbringt. Ärzte, Studenten, Krankenschwestern, wer weiß, wer all diese Leute sind. Und sie kommen zu jeder Tages- und Nachtzeit, einen Augenblick bringen sie schreckliches Essen, das ich gar nicht haben will, und im nächsten, wenn ich endlich eingeschlafen bin, wecken sie mich auf und wollen meinen Blutdruck messen. Der Physiotherapeut taucht auf, wenn ich lesen möchte – und so geht das die ganze Zeit … Nun sieh mich nicht so an – ich mache doch nur Spaß. Es ist in Ordnung, meine Liebe. Fahr ruhig! Ich werde Elsie selbst anrufen und ihr sagen, dass dukommst.« Er strich ihr über die Wange, dann rückte er seine Brille zurecht und wandte sich wieder seinem Artikel zu.
    Und so stimmte Tanni widerstrebend zu und lud ihre Enkelkinder ein, sie zu begleiten, damit sie es sich nicht im letzten
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